SOL - Let There Be A Massacre
Mehr über Sol
- Genre:
- Doom
- Label:
- Van
- Centuries Of Human Filth
- Apathetic Pride
- Boginki
- Where Angels Rot
- Era Of Decadence
- The Insanity Of Man
- Apocalypse
"Let There Be A Massacre" ist bei SOL Programm, und das Programm heißt extremer Doom. Das Album ist zwar nicht unbedingt das beste, wohl aber das krankeste, was mir dieses Jahr untergekommen ist. Emil Brahes Stimme klingt wie ein Schleifstein, ein blutverkrusteter Schleifstein, um genau zu sein. Da SOL ein Ein-Mann-Projekt ist, hat er den Gesang zuletzt aufgenommen, und tatsächlich steht er im Vordergrund, wie die letzte Schicht in einem apokalytischen Ölgemälde. Schleppender Bass und urlangsame Gitarrenläufe, die, obwohl sie hochmelodisch sind, gewaltig an die Nieren gehen, prägen die ersten beiden Stücke, während der schabend-steinerne Gesang dazu grabestief erklingt und eisiges, klingengleiches Schlagzeug sich klirrend ins Ohr bohrt. Dann folgt mit 'Boginki' das erste Experiment der Scheibe, ein rhythmischer Brecher, der zugleich an einen frühneuzeitlichen Infanteriemarsch und TOM WAITS auf wirklich schlimmen Drogen erinnert. Langsam und behäbig baut sich das Stück auf, giftige Todeswolken aus Bassgedröhne walzen sich hindurch, und dann schließlich setzt eine Art Akkordeon ein, welches wie zum Hohn eine sehnsüchtige Melodie spielt, wo doch Sehnsucht als der Hoffnung verwandte Empfindung eigentlich schon längst keinen Raum mehr finden dürfte.
Und so wird es im weiteren Verlaufe dieses Endzeitepos auch durch eine dieser schneidenden E-Gitarren ersetzt, deren quälerisches Jaulen hier nicht zum letzten Mal zu hören ist. Dass Brahe, bevor er sich dem Doom zuwandte, mit einer Old-School-Death-Metal-Band unterwegs war, dürfte niemanden wundern, der seine knurrenden Vokaltorturen einmal mitdurchlitten hat. Außer ehedem bei HUMAN GARBAGE DISPOSAL hat Brahe auch schon in anderen Revieren gewildert, so etwa mit seinem Projekt ACID BIRD, deren Musik er einmal mit "misanthropic polka madness" umschrieben hat. 'Where Angels Rot' klingt ein wenig konventioneller, schleppend, drückend, fast schon düster majestätisch - wären da nicht die morbide Grundstimmung und vor allem der hasserfüllte, langsam vor sich hinschwelende Gesang, der tatsächlich dem Projektnamen SOL alle Ehre macht; klingt er doch so todbringend sengend und allesverzehrend wie das Feuer der Sonne. Die Titelzeile "Let There Be A Massacre" zieht sich als kehlig gegurgeltes Leitmotiv durchs gesamte Album.
Zwischen dem depressiven und todesverherrlichenden Doom-Metal-Getöne klassischer Art haben sich jedoch auch exotischere Instrumente wie Banjo und Klarinette eingeschlichen, doch im Wühlen und Malmen der Riffs kommen sie kaum an die Oberfläche, bestimmen zu keinem Zeitpunkt den Charakter der Stücke, sondern schwingen bisweilen allenfalls unterschwellig mit, um dem Ganzen den morbiden Hauch eines klassischen Totentanzes zu verleihen. Dennoch bleibt "Let There Be A Massacre" ein durch und durch rohes Album, was sich nicht zuletzt im Siebenminüter 'Era Of Decadence' zeigt. Dies ist übrigens die typische Länge eines SOL-Stückes, sieht man einmal vom erzgenialen 'Boginki', welches es fast auf die doppelte Länge bringt, und dem zehnminütigen 'The Inanity Of Man' ab. Dort heißt es unter anderem: "If only I had a bullet for each human being, I would promise this world a miracle"; und damit ist schon einiges gesagt über die zähneknirschend brütende Schwere sowohl des Stückes als auch des Albums an sich.
Von diesen Zeilen ausgehend entfaltete Emil Brahe sein unglaublich düsteres, im Alleingang eingespieltes, zutiefst abgründiges Machwerk, welches natürlich stilecht mit 'Apocalypse' endet. Dort kommen nun endlich das bereits erwähnte Banjo sowie auch noch einmal das Akkordeon zum Einsatz, bei dem ich das ungute Gefühl nicht loswerde, dass beim Spielen blutiges Pech daraus hervorquoll. SOL hat mit "Let There Be A Massacre" wirklich ein unheimlich unheimliches Album abgeliefert, das in Sachen Atmosphäre so einiges in den Schatten stellt. Das mittelalterlich anmutende Covermotiv stammt übrigens von der Freundin des Künstlers. Irgendwie ist es beruhigend zu wissen, dass er mit seinen dunklen Gedanken nicht ganz allein gelassen ist ...
Anspieltipps: Boginki, Era Of Decadence, The Inanity Of Man, Apocalypse.
- Redakteur:
- Eike Schmitz