SOLSTAFIR - Berdreyminn
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2017
Mehr über Solstafir
- Genre:
- Post-Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Season of Mist
- Release:
- 26.05.2017
- Silfur-refur
- Isafold
- Hula
- Naros
- Hvit saeng
- Dyrafjördur
- Ambatt
- Blafjall
SÓLSTAFIR weiter in der Abwärtsspirale
Mit SÓLSTAFIR ist das so eine Sache. Als ich mit dem Release von "Köld" erstmals mit den Jungs in Berührung kam, war ich fasziniert von der stilistischen Ausrichtung der Isländer. Diese Art und Weise, den gotischen Helden der 70er und 80er Jahre zu frönen, war gänzlich neu und hatte nix mit dem Gothic Metal zu tun, der nach "Draconian Times" kaum was brauchbares hervorgebracht hat. Dass ich nach einer metallischeren Version von THE FIELDS OF THE NEPHILIM, BAUHAUS, JOY DIVISION oder SISTERS OF MERCY dürstete, war mir bis zu dem Zeitpunkt eigentlich gar nicht bewusst. Umso mehr schloss ich die Isländer ins Herz. Mit "Svartir Sandar" gelang SÓLSTAFIR ein weiterer Geniestreich - nicht ganz so ohrgasmisch wie der Vorgänger, aber - und das zeigt sich heute, also sechs Jahre nach Release - das vierte Werk der Jungs haut auch heute noch rein wie anno dazumal.
Doch dann kam "Òtta". Erstmals fiel mir richtig auf, dass sich die vier Jungs zwar bemühten, aus ihrem sehr engen Korsett auszubrechen, die Elemente, denen sie sich dabei aber bedient haben, hinterließen bei mir eher ein Gähnen. Lieblos und unpassend wirkende Orchestrierungen, ein gelangweilt vor sich hin zupfendes Banjo. Sehr platt, das Ganze. Der Trumpf im Ärmel der Isländer war damals noch, dass sie es vermocht haben, ihre Defizite mit einem unglaublich feinen Gespür für eine breite, atmende und dynamische Produktion größtenteils zu kaschieren.
Und nun liegt mit "Berdreyminn" also Album Nummer sechs vor. Hat sich SÓLSTAFIR wieder ein wenig zurück zu den Wurzeln bewegt, zurück zum Ungezügelten, Wilden, zurück zum Jam-Charakter, die die ersten vier Alben zu etwas so Besonderem gemacht haben? Nein, das wäre auch zu viel verlangt. Die Isländer sind gewissermaßen erwachsen geworden. Doch wie das so beim Erwachsenwerden so ist, kehrt auch eine gewisse Routine ein. Kalkül vielleicht auch, denn schließlich muss man ja auch seine Miete irgendwo bezahlen können. Ob der Versuch mit einer konventionelleren Ausrichtung von Erfolg gekrönt wird, wird sich zeigen.
Fakt ist, dass SÓLSTAFIR mit "Berdreyminn" beileibe kein schlechter Silberling gelungen ist. Der Opener 'Silfur-Refur' erinnert anfangs noch ein wenig an alte Western-Kamellen von Ennio Morricone, baut sich stetig auf und glänzt einmal mehr durch den geilen fuzzy Gitarrensound, seit "Köld" ein Trademark der Isländer. Ein weiteres Album-Highlight ist zweifellos 'Naros'. Die fast siebeneinhalb Minuten nutzen die Vier großzügig aus, um den Song spannend aufzubauen. Nach einem ausufernden Intro nimmt die Nummer ordentlich Fahrt auf und rockt vor allem in der Strophe fast schon so geil wie 'Love Is The Devil (And I Am In Love)'.
Doch dem ganzen steht leider eine zu glatt polierte Ausrichtung gegenüber. Wo Sänger Adi in der Vergangenheit sein mangelndes Talent als richtiger Sänger dadurch verbarg, einfach vor sich hin zu schreien und die angepeilten Töne selten traf, versucht er sich nun im "richtigen" Singen. Das kann er immer noch nicht und es klingt einfach nicht gut. Am besten funktioniert der Gesang, wenn Adi die Sau rauslässt wie in besagtem 'Naros' oder 'Isafold'. Insgesamt ist auch der spontane Charakter der Vergangenheit einem zu steif wirkenden Songwriting gewichen. Der bereits erwähnte Jam-Charakter passt einfach besser zu dem Stil der Isländer.
Alles in allem ist "Berdreyminn" sicherlich kein Rohrkrepierer, steht aber dem bereits schwächeren "Ótta" sogar noch etwas nach. Die Band befindet sich qualitativ in einer Abwärtsspirale - das wird der breiten Masse aber relativ schnuppe sein.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Haris Durakovic