SOLSTAFIR - Svartir Sandar
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2011
Mehr über Solstafir
- Genre:
- Psychedelic Rock / Doom
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Season Of Mist / Soulfood
- Release:
- 14.10.2011
- Ljós í Stormi
- Fjara
- Þín Orð
- Sjúki Skugginn
- Æra
- Kukl
- Melrakkablús
- Draumfari
- Stinningskaldi
- Stormfari
- Svartir Sandar
- Djákninn
Eine Band, die dich wegträgt, wohin auch immer.
Von den frühesten Schritten im Felde des Viking- und Black Metals an bis heute hatten wir es bei SÓLSTAFIR nie mit einer einfachen Band zu tun. Was die vier Isländer auf die interessierte Menschheit losließen, war immer eigenwillig, immer intensiv, immer irgendwie anders und nicht selten verstörend. Seit geraumer Zeit schon liegt der Black Metal zweifellos, und vermutlich auch der Metal ganz allgemein, weit hinter den Jungs von der Insel der Vulkane. Stilistisch ist die Band kaum zu fassen, und doch hat sie ihren Stil gefunden und sauber ausdefiniert. Metal, Psychedelic, Prog und Post Rock sind die Eckpunkte und dazwischen finden sich Svavar Austman, Guðmundur Óli Pálmason, Sæþór Maríus Sæþórsson und Aðalbjörn Tryggvason, welche das Quadrat so unnachahmlich ausfüllen.
Doch genug des Geschwurbels, auf in medias res: "Svartir Sandar" ist ein schmuckes und dickes Doppelalbum, auf welchem sich die Isländer 72 Minuten lang zwölf Songs widmen, die genau dort anknüpfen, wo vor ein paar Jahren "Köld" schon einen wegweisenden Effekt hatte. Wie kaum eine zweite Band der heutigen Zeit verstehen es die Isländer, den Hörer in eine Trance zu versetzen und ihn mit ihren Klängen schweben zu lassen, ihn wegzutragen, wohin auch immer. Ausgedehnte, wabernde und fließende Soundwände und eine beschwörende, intensive Stimme lassen dich knapp zwölf Zeigerumdrehungen lang eintauchen in einen unwirklichen Soundozean namens 'Ljós í Stormi'. Warme Röhrensounds, nur leicht angezerrte Akkorde, Kesselrühren und zaghafter Hi-Hat am Schlagwerk und völlig verpeilter Gesang machen 'Fjara' zu reinrassiger Tripmusik, die mächtigen Eindruck schindet.
Das Entrückte bricht beim folgenden 'Þín Orð' ebenso durch, wobei wir es hier mit einer langsamen Steigerung, einer immer intensiveren Dynamik zu tun haben, bis Aðalbjörn schließlich zur Generalpause der Instrumentalisten seine Stimme erhebt. Dem stark instrumental geprägten, gesangsarmen Stück folgt mit 'Sjúki Skugginn' ein sehr erzählerisches Lied mit einer Stimme zwischen Flüstern und Knurren, die sich bei 'Æra' zu einer beschwörenden und anklagenden Kraft auswächst und von wuchtigen, erdrückenden Riffs und polterndem Bass flankiert wird. Mit dem Ambient-lastigen 'Kukl', das weitgehend instrumental gehalten ist, aber ab etwa der Mitte mit sehr starken, emotionalen und zurückhaltenden Vocals glänzt, klingt die erste CD aus und zeigt dabei nochmals auf, dass SÓLSTAFIR in Rockgefilden zu den größten Meistern der Dynamik (Laut/Leise) gehören.
Damit sind wir dann auch schon auf der zweiten Scheibe angelangt, welche mit 'Melrakkablús' zunächst recht entspannt und alternativ angehaucht loslegt, aber schon bald in wildes Jammen verfällt, nur um in ein sehr zurück gelehntes, feines Arrangement zu münden, in welchem dann genau zur rechten Zeit der Gesang einsetzt. Über das relativ kurze Instrumental 'Draumfari' und den Wetterbericht des isländischen Radios gelangen wir zum ebenfalls kurz gehaltenen 'Stormfari', das eine gewisse FLOYD-Neigung nicht verhehlen kann und mit großartiger Rhythmik begeistern kann. Damit schreiten wir zum großen Finale, das zunächst das achtminütige Titelstück parat hält. Hier übertrifft sich Aðalbjörn an gesanglicher Emotionalität, während seine Mitstreiter einen gewagten Balanceakt zwischen metallischem Inferno, dräuendem Ambient und schwebender Psychedelik hervorragend meistern.
Die Scheibe endet schwermütig, anmutig und sehnsuchtsvoll mit 'Djákninn', einer elegischen Halbballade, wenn man es denn so nennen möchte. An sich ist Halbballade ja der völlig falsche Begriff, doch die Stimmungswechsel lenken das Stück vom Diakon in diese Richtung. Ist es der berüchtigte Diakon von Myrká? Ohne Texte kann ich das schwer sagen, doch eines ist gewiss: SÓLSTAFIR gelingt einmal mehr genau das, was schon mit 'Masterpiece Of Bitterness' und mehr noch mit 'Köld' so gelang: Dem Hörer die Füße wegzuziehen, ihn mitzunehmen und aus der Realität zu reißen: Kann man besser schweben? Kann man besser weggetragen werden?
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle