SON - Son
Mehr über Son
- Genre:
- Alternative Rock
- Label:
- Finest Noise Releases / CodeXPress
- Release:
- 04.07.2005
- Fail
- Sunday 4am
- This Is It
- Walk On
- Daddy
- Still Running
Achtung, hier wird es gefühlvoll. Was da am amerikanischen Unabhängigkeitstag das Licht der Welt erblicken wird, ist wahrlich eine Offenbarung. Die Rede ist von der selbstbetitelten EP der Band SON. Und ohne lange drumherum zu reden, kann man nur sagen, dass dieses Album eine sanfte Bombe ist!
Was sich bei den ersten Sekunden von 'Fail' noch wie typischer Emo anhört, wird bald zu einem wunderschönen Gesamtkunstwerk. Man sollte meinen, dass die Band mit einer Stimme wie der von Sänger Carsten Nutsch schon gewonnen hat, aber was wäre die geilste Stimme ohne Musik, die sie noch zu übertreffen versucht? Was Nutsch, der sich im Booklet nur "Stone" nennt, auf dieser kleinen Goldscheibe abliefert, gesellt sich in eine Riege mit Corey Taylor (wir reden von STONE SOUR), Brad Arnold und Maynard James Keenan. Er eröffnet den Opener 'Fail' mit einem Schreigesang, mit dem Bands wie THE USED sich dumm und dämlich verdienen. Statt aber in gepunchte Melodien zu verfallen, entwickeln SON einen guten Draht zum Grunge, in dem ihre Musik voll aufgeht. So durchläuft allein 'Fail' schon mehr Phasen als bei anderen Bands das ganze Album: von verträumt über wütend, von bombastisch bis zurückhaltend.
Mag sein, dass man in dem Genre Alternative fast nichts Neues mehr bringen kann, ohne komplett abzudrehen, aber was SON hier abliefern, ist die Creme de la Creme dieser Sparte. Hier geht es nicht um schneller, härter oder krasser, sondern darum, besser zu sein. Und so unterlegt Drummer Christian Fröhlich beispielsweise 'Sunday 4am' mit einem simplen lockeren Rhythmus, zu dem sowohl das unverzerrte Gitarrenspiel als auch die Vocals tanzen.
Weniger ist manchmal mehr, und so prügelt diese Band ihre Komponenten nicht zu einem Brei zusammen, sondern dosiert gekonnt und lässt immer wieder einzelne Instrumente losgelöst voneinander wirken. Jeder Riff wirkt so passend, als hätte man Jahre über der Konstruktion der Lieder gebrütet. Wenn denn die Gitarre mal verzerrt wird, dann auch nur in dezentem Maße und nie plump schreddernd.
Es scheint, als sei für diese Band das Erschaffen von Melodien schon gar keine Kunst mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr beziehen sie ihre Genialität aus immer wieder gigantischen Sprüngen zwischen schwelgend ruhigem Fluss und kontrollierten Stürmen. Doch jedes Mal, wenn die Lieder am schmalen Grat zwischen Genialität und Radioliedniveau stehen, streut man entweder eine Hand voll Härte oder Bombast aus. So wie in dem opulenten letztem Stück 'Still Running', bei dem es, wenn nicht schon viel früher, endgültig um den Hörer geschehen ist. Hier breitet Nutsch seine Stimme auf einem angenehmen Teppich aus Bass und ruhigem Schlagzeugrhythmus aus. Unzählige Male lässt man das Lied ausbrechen und in sich zurückfallen, taucht es in hypnotisches Akustikgitarrenspiel, schreit es frei oder verliert es in annähernde Stille.
Dieses Album sprüht nur so vor Hooklines, die einen unumgänglich in einen Bann ziehen. Sei es der Refrain von 'This Is It' oder das Gitarrenspiel in 'Still Running'. SON liefern einen Soundtrack für traurige Stunden in Einsamkeit oder verträumte Stunden in Zweisamkeit und sorgen live sicher für die leuchtenden und auch ein wenig ehrlich verweinten Augen. Doch wirkt keines der Lieder so verbraucht wie die Fahrstuhlmusik, die 3 DOORS DOWN mittlerweile machen, noch so pseudoverheult wie bei den Jammerlappen von RADIOHEAD.
Diese EP wird jeden begeistern, der sie hört, so oder so(n).
Anspieltipps: This Is It, Still Running
- Redakteur:
- Michael Langlotz