SONATA ARCTICA - Unia
Mehr über Sonata Arctica
- Genre:
- Melodic Power Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 25.05.2007
- In Black And White
- Paid In Full
- For The Sake Of Revenge
- It Won't Fade
- Under Your Tree
- Caleb
- The Vice
- My Dream's But A Drop Of Fuel For A Nightmare
- The Harvest
- The Worlds Forgotten, The Words Forbidden
- Fly With The Black Swan
- Good Enough Is Good Enough
Es war irgendwo abzusehen. Seit "Reckoning Night" beim Branchen-Riesen Nuclear Blast unter Vertrag, werden SONATA ARCTICA zunehmend erfolgreicher, was wiederum die vom Label zur Verfügung gestellte Summe für die Studiokosten des nachfolgenden Albums ordentlich in die Höhe getrieben haben dürfte. Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie der erklärte QUEEN-Fan sowie Sänger/Hauptsongwriter Tony Kakko sich angesichts der langen Zahlenreihe auf dem Kostenvoranschlag lachend die Hände reibt und beschließt, jetzt aber mal so richtig auf die Kacke zu hauen. Tony in Wonderland.
Dabei herausgekommen ist ein Album, das vor Opulenz nur so strotzt. Und ich rede hier nicht von den bereits auf dem Vorgänger erkennbaren Ausflügen in die Welt der mächtigen Hintergrund-Chöre und verspielten Harmonien, die immer noch gepaart waren mit dem bandtypischen Happy-Metal-Sound. Auf "Unia", dem finnischen Wort für "Träume", gibt es kaum ein Stück, das sich leicht erschließt, und selbst nach mehreren Durchläufen bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich vor dem mutigen Schritt der Suomis, sich ihre Träume zu erfüllen und eben genau dieses Album aufzunehmen, das ihnen endgültig einen eigenen Status weitab von jeglichen STRATOVARIUS-Vergleichen bescheren dürfte, nun den Hut ziehen oder ihn als zum jetzigen Zeitpunkt viel zu groß, zu gewagt betrachten soll. Es fehlen schlichtweg eine oder zwei Veröffentlichungen zwischen "Reckoning Night" und "Unia", um Letzteres für den gemeinen SONATA ARCTICA-Fan nachvollziehbar zu machen.
Mitsingkompatiblen Melodic Power Metal mit einem eingängigen Strophe-Refrain-Schema findet man auf "Unia" kaum. Der schnelle Opener 'In Black And White' klingt noch recht vertraut - mitreißend und mit tollen Gesangslinien ausgestattet, aber lässt in seinem epischen-düsteren Zwischenteil bereits erahnen, dass den Hörer in den nächsten knapp 59 Minuten keine leichte Kost erwartet. Vor allem Jani und Henrik toben sich auf ihren Gui- und "Keytars" nach Herzenslust aus, testen neue Riffings, Soli und Effektknöpfchen bis hin zu klassischen Einsprengseln. Die fast nahtlos folgende Midtempo-Nummer 'Paid In Full' ist nicht zuletzt wegen Henriks hübscher Tastenmelodie, die sich durch den Song zieht, gefällig, wobei es gerne ein paar Hintergrund-Chöre weniger hätten sein dürfen. Wie soll das live funktionieren? Das melancholische 'For The Sake Of Revenge' (wem der Titel bekannt vorkommt, irrt nicht - die DVD trug den gleichen Namen) hat im großartigen Refrain eine hymnische Note. "Have faith in me" wiederholt Tony immer und immer wieder, und fast könnte man dies als Aufforderung verstehen, auch den nachfolgenden Stücken eine Chance zu geben.
Sprach ich eingangs von Opulenz? Voilà, da ist sie, und sie wird auch so schnell nicht wieder nachlassen, wie der Titel von 'It Won't Fade' verheißt. Positiv hervorzuheben ist die Gesangsleistung Kakkos, der sich bisher in eher tieferen Gefilden bewegte, hier aber sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Register zieht - obwohl ich mich ehrlich gesagt frage, ob einige davon nicht doch auf den einen oder anderen Studio-Trick zurückzuführen sind. Dazu kommen ein wenig NIGHTWISH-Dramatik, QUEEN-Pathos und Filmmusik-Zitate - alles in allem also zu viel des Guten, denn der berühmte rote Faden geht mir zwischendurch abhanden. Das orchestral-verträumte 'Under Your Tree' gewährt eine angenehme Verschnaufpause, auch wenn mir selbst hier die Backing-Vocals des bekanntermaßen diesbezüglich nicht übermäßig talentierten "Fußballstadion Chores FC SONATA ARCTICA" arg übertrieben vorkommen. 'Caleb' beginnt mit einer weiblichen Sprecherin, wobei sich mir mangels Textheft nicht erschließt, ob es im Text um die biblische Figur gleichen Namen geht. Auch hier huldigt Kakko wieder seinen großen Vorbildern, liegt der Schwerpunkt inmitten vertrackter, fast anstrengender Melodieführung auf mehrstimmigem Gesang, den man so von der Band nicht kennt und zumindest was mich betrifft auch nicht hören mag. Von hier an steigern sich die Finnen in einen wahren Rausch, mit dem ich - sorry, Jungs - überhaupt nichts anfangen kann, bei dem mich die Live-Umsetzung aber mächtig interessieren würde: Das an 'Bohemian Rhapsody' erinnernde 'The Vice', das musicalartige 'My Dream's But A Drop Of Fuel For A Nightmare' und das rasante, nicht minder komplexe (um nicht zu sagen progressive) 'The Harvest'.
Angenehmer wird es wieder bei dem von Tribal-Drumming eingeleiteten und mit verzerrten, fast geflüsterten Gesangselementen versehenen 'The World's Forgotten, The Words Forbidden', das insgesamt eine interessante Mischung aus südländischem Flair und psychedelischer Entrücktheit bietet. Auch 'Fly With The Black Swan' mischt - nämlich den vertrauten SONATA ARCTICA-Sound mit den erneut nervigen Bombast-Elementen. Danke, es reicht! Ein wenig versöhnlich stimmt mich die von Streicher-Klängen begleitete Piano-Ballade 'Good Enough Is Good Enough', in der sich Tony Kakkos Gesang natürlich, fast zerbrechlich und unverfälscht präsentiert. Welch Wohltat!
Ein Fazit ist mir selten so schwer gefallen wie bei diesem Album, das definitiv das vielseitigste und überraschendste dieser von mir sehr geschätzten Band darstellt. Ich muss ein wenig an BLIND GUARDIAN denken, deren Fans der ersten Stunde mit zunehmendem musikalischem Anspruch der Krefelder zum Teil auf der Strecke blieben, was ich als BLIND GUARDIAN-Spätzünder nie so ganz verstanden habe. Übertragen auf SONATA ARCTICA bekomme ich jedoch eine Idee - wenn die Finnen so weitermachen, steige ich aus. Leider.
P.S.: Wenigstens in einer Hinsicht sind sich die Jungs treu geblieben - auch "Unia" enthält einen sinnleeren hidden track. Wer zuletzt lacht ...
Anspieltipps: In Black And White, Paid In Full, For The Sake Of Revenge, The World's Forgotten, The Words Forbidden, Good Enough Is Good Enough
- Redakteur:
- Elke Huber