SONOROUS DIN - Lusus Naturae
Mehr über Sonorous Din
- Genre:
- Medieval Metal / Folk Metal
- Lusus Naturae
- Schatten
- Jahrmarkt der Gefühle
- Zauberlehrling
- Rituale
- Liebeslied
- Gedanken
- Assasini
- Leben und Tod
- Sonorous Din
Die Besprechung zu dieser schön aufgemachten Eigenpressung kommt mit ein wenig Verspätung, weil es mich etliche Anläufe gekostet hat, bis ich wirklich Zugang zur Musik von SONOROUS DIN finden konnte. Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Band besonders sperrig wäre, sondern eher daran, dass mir der Stil der sechs Musikanten normalerweise weniger nahe steht. Die drei Damen und drei Herren spielen nämlich verspielten deutschsprachigen Metal mit vielen Anklängen an Folklore, Mittelaltermusik und auch ein wenig Gothic. Dabei sind sie nicht einfach eine weitere austauschbare Band, die versucht im Kielwasser der bekannten Szene-Flaggschiffe mitzupaddeln. Nein, SONOROUS DINs Musik klingt irgendwie eigenständig.
Dazu trägt in erster Linie der Gesang bei. Sänger Thomas Haferberger geht sehr abwechslungsreich zu Werke und deckt dabei von gemäßigt aggressiven Shouts über eigenwilligen Sprechgesang bis hin zu sehr klarem, poetisch wirkendem Gesang eine ziemlich große Bandbreite ab, während auch Sängerin Jamina La Rocca nicht nur im engelsgleichen Bereich punkten kann, sondern sich auch hin und wieder an Gesang der Marke "Rockröhre" heranwagt. Das ist manches Mal beeindruckend, an anderen Stellen aber doch so weit von meinen persönlichen Hörgewohnheiten entfernt, dass ich einfach nicht voll reinfinde. Gut, das ist ja nicht weiter schlimm, weil es sicher auch viele unter euch geben wird, die das anders wahrnehmen werden. In jedem Fall ist der Gesang originell und vielseitig, und gerade in den Momenten, die viel Wert auf eine würdevolle Rezitation der weitgehend durchaus anspruchsvollen Lyrik legen, auch richtig gut gelungen. Bei der Instrumentierung setzt die Truppe nicht auf Dudelsäcke und Schalmeien, sondern auf das klassische Metal-Set-up zuzüglich Geige und auch das Riffing ist nicht so wuchtig und dominant, sondern eher verspielt, so dass sich die Deutschen auch hier vom Gros der Mittelalter-Szene unterscheiden.
Was das Songmaterial angeht, möchte ich zuerst das eröffnende Titelstück erwähnen, das eine echte Perle geworden ist. Hier stimmt einfach alles. Die männliche und die weibliche Stimme harmonieren perfekt, die Texte und die Intonation der Verse sind sehr eindrucksvoll und der zweistimmig gesungene, lateinische Refrain ist ein Volltreffer mit tollen Hooks. 'Schatten' geht ebenfalls voll in Ordnung. Melancholisch, rhythmisch, mit etlichen leidenschaftlichen Geigenpassagen und schönen, temperamentvollen Soli. Mit 'Jahrmarkt der Geister' hab ich dafür echte Schwierigkeiten, was an dem irgendwie krassen Refrain liegen dürfte, bei dem mir Jamina ein wenig zu bemüht rau klingt und der für meinen Geschmack auch etwas zu beschwingt ist. Beim harten, in Sachen Riffs fast thrashigen 'Zauberlehrling' geht der Daumen dafür wieder nach oben. Vor allem der schöne Refrain ist von Jamina klasse intoniert und die etwas schrägen Instrumentalparts werten den Song zusätzlich auf. Nachdem mich 'Rituale' nicht ganz so berühren kann, ist das folgende ruhige und weitgehend akustische 'Liebeslied' sehr schön geworden. Bei 'Gedanken' wird es wieder härter und auch ein bisschen anstrengend. Das könnte man auch von 'Assassini' behaupten, doch hier schaffen es der Refrain und die leicht orientalischen Einflüsse zu fesseln. Mit dem sehr folkloristischen und von der Geige dominierten 'Zwischen Leben und Tod' und der eingängig-kraftvollen Bandhymne 'Sonorous Din' (hat für mich ein bisschen was von SKYCLAD) bereitet die Band der Scheibe schließlich ein würdiges Finale, so dass im Endeffekt ein Auf und Ab in Sachen Begeisterung von den Highlights des Albums eingerahmt wird.
SONOROUS DIN kann ich problemlos attestieren, dass sie im Bereich des romantischen Metals in der Schnittmenge zwischen Folk und Medieval durchaus zu den originelleren Gruppen gehören, sogar diverse neue Akzente setzen und so sicher noch einiges an Beachtung in der Szene erfahren dürften. Für eine Eigenpressung und vor allem für ein Debüt ist "Lusus Naturae" in jedem Fall sehr stark geraten. Ein echter Genrefan hätte "Lusus Naturae" vielleicht noch ein wenig euphorischer bewertet, aber unter Umständen ist es sogar eine größere Leistung, einen Mittelalter-Skeptiker ein gutes Stück weit zu überzeugen. Das ist den Jungs und Mädels hier gelungen. Respekt.
Anspieltipps: Lusus Naturae, Liebeslied, Zwischen Leben und Tod, Sonorous Din
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle