SOULTRACE - Born Again
Mehr über Soultrace
- Genre:
- Heavy Metal / Hard Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- SM Noise Records
- Release:
- 15.04.2024
- Heroes Intro
- Heroes Of Our World
- Blood Red Rain
- In A World Where The Angels Died
- Memories Of Love
- Innocence Of Life
- Return To Life
- Warriors Of The New Time
- New Dimention
- Born Again
Sänger Stefan Fronk hat mit Andy Susemihl und Markus Ambrosi die richtigen Leute für ein bärenstarkes Debüt gefunden.
Der eine oder andere von euch erinnert sich vielleicht an den März des Jahres 1990, insbesondere wenn er aus dem Schwabenland stammt: Damals erschien mit "Hand Of Doom" das erste Demo von BRAINSTORM und am Mikro war deren erster Sänger Stefan Fronk zu hören. Die Wege von Band und Sänger trennten sich wenig später, doch der Musik blieb Stefan stets verbunden. Als 2019 einige ehemalige Mitglieder von STORMWITCH die neue Band SKULL & CROSSBONES aus der Taufe hoben, war Stefan wieder mit von der Partie und lieferte speziell live eine tadellose Leistung ab. Auch hier sollte es nicht sein, und das Album erschien wenig später mit seinem Nachfolger Tobi Hübner am Mikro. Doch wer nun glaubt, dass sich der Sänger hiervon hätte nachhaltig entmutigen lassen, hat die Rechnung ohne Stefan Fronk gemacht, denn der tat das Naheliegende: Er hat ein knappes Dutzend eigene Songs geschrieben und nach den richtigen Leuten gesucht, um diese in ein eigenes Debütalbum zu verwandeln, und genau dieses Unterfangen ist ihm überraschend schnell gelungen.
Kein Geringerer als Andy Susemihl, den ihr sicherlich von U.D.O., SINNER, APE, DAVID REECE und vielen anderen Bands und Projekten kennt, hat die Klasse in Stefans Kompositionen erkannt und war vom Fleck weg an Gitarre und Bass dabei, und offenbar auch heiß darauf, die Scheibe in seinen Supermihl Studios zu produzieren. Fürs Schlagzeugspiel konnte Markus Ambrosi (ehemals bei DEFENDING THE FAITH) gewonnen werden, und so war die neue Band SOULTRACE geboren, die sich anschickte, ihr Debütalbum "Born Again" aufzunehmen, das nun über SM Noise Records in die Läden kommt, geziert von einem ziemlich bunten, aber von Andy Kneissle wirklich wunderbar umgesetzten Evil-Clown-Artwork, dessen Protagonist durchaus das Zeug zum Bandmaskottchen hat. Und die Scheibe hält, das nehme ich vorweg, vom ersten bis zum letzten Ton, was die Besetzung und das Artwork versprechen.
Es fällt unmittelbar die wirklich tolle Produktion auf, die Andy Susemihl für "Born Again" zurecht gezimmert hat. Der Sound ist transparent, differenziert und kommt komplett ohne den heute leider zum Standard gewordenen Loudness War aus. Hier hört man jede Note auf der Gitarre kristallklar heraus, hier kann man jeden Schlag am Drumkit den entsprechenden Bauteilen zuordnen, und Stefans Stimme ist perfekt im Mix integriert, voll präsent, kristallklar und doch nicht zu sehr exponiert. Es scheint hier produktionstechnisch vieles im Stile der Neunziger arrangiert zu sein, was ich ganz und gar als großes Lob meine, denn wo man seit der Jahrtausendwende in Sachen Power Metal gerne mal nach der falsch interpretierten quasi-olympischen Divise des "härter, lauter, fetter" arbeitete, da konnten die traditionellen Hard'n'Heavy-Produktionen in der vorangegangenen Dekade noch atmen und die Phantasie und das Schwelgen anregen. Diese Vibes greift Andy Susemihl hier perfekt auf, und ich sage an dieser Stelle ohne Übertreibung, dass "Born Again" für mich im traditionellen Metalsektor heuer bisher die beste Produktion auffährt, die mir untergekommen ist.
Damit kommen wir zur musikalischen Umsetzung und zum Songwriting, und auch hier fällt es mir sehr schwer, nicht direkt ins Schwärmen zu verfallen, weshalb ich es auch gar nicht erst versuche. Für ein Debüt hat dieses Album eine große Vielseitigkeit und einen bestechenden Abwechslungsreichtum. Im Intro tickt direkt die Uhr und ein dräuendes Keyboard erzeugt eine mystische Atmosphäre, bevor die Bombe zündet und das Album mit 'Heroes Of Our World' dynamisch hardrockig aus der Hüfte geschossen kommt. Über einen feinen Vers steigert sich das Stück in eine tolle Bridge und einen herrlich markanten Refrain mit coolem Mitsingpart. Danach wird der Sound heavier, einen Tick moderner, aber definitiv ohne aus dem klassischen Gefüge auszubrechen. Das sitzt! Hier wird an die großen Zeiten des teutonischen Hard Rocks und Heavy Metals angeknüpft, ohne dessen Klischees überzustrapazieren oder sich zu sehr an die bekannten alten Helden des Genres anzuschmiegen. Es klingt alles spontan, frisch, eigenwillig und... ja, zwingend!
Wer jetzt glaubt, SOULTRACE ginge den Weg vieler Newcomer, den einzigen Knaller an den Anfang des Albums zu setzen und dann schon mit dem Auslaufen zu beginnen, der könnte falscher nicht liegen, denn mit dem fetzigen Headbanger 'Blood Red Rain', der harte Riffs mit einem sehr melodischen, leicht AOR-lastigen Refrain und mystischen Instrumentalparts verbindet, wird das Niveau problemlos gehalten, bevor mit 'In A World Where The Angels Die' sogar noch eins drauf gesetzt wird: Ein schleppendes, dunkles Riff setzt die ersten Akzente, eine gezupfte Akustikgitarre verdichtet die Atmosphäre, ein orientalisch anmutendes Leadmotiv prägt die Stimmung, und Stefans toller Gesang gibt dem Stück ein bardenhaftes Feeling, während Andy mit seinen tollen Soloparts genau das richtige Maß findet, um den Song hierdurch stark aufzuwerten aber nicht zu überladen.
Doch damit nicht genug: 'Memories Of Love' ist ein herrlich old-schooliger Hardrocker der besten Teutonenschule, dessen Hauptriff durchaus ein wenig nach ACCEPT klingt, der aber durch Stefans Gesang und die viel melodischeren, im höheren Register platzierten Hooklines im Refrain auch ein bisschen den Spirit von 1990er-HELLOWEEN atmet. Starke Nummer, doch vielleicht noch stärker ist das 'Innocence Of Life' mit einem dunklen, berührenden Part aus Akustikgitarre und wirklich ergreifendem Gesang eingeleitet wird, wozu schließlich eine reduzierte Perkussion tritt, die den Auftakt perfekt abrundet, bevor die Ballade durch wohl dosierte E-Gitarre noch zusätzliche Dramatik erhält und ein tolles Solo aufbietet. Wem hier als Referenz Balladenmeisterwerke aus dem Hause BLIND GUARDIAN durch den Kopf schießen, der liegt goldrichtig.
Die besondere Klasse von Andy Susemihl tritt sodann im kurzen, von Bass und Leadgitarre geprägten instrumentalen Intro zu 'Return To Life' zu Tage, das auch von Stefans Seite wirklich bemerkenswerte, dunkle, einschmeichelnde Gesangshooklines aufzubieten hat, die in einem wunderbaren Refrain kulminieren, der einerseits auch bei RAGE gut aufgehoben wäre, andererseits aber auch einen feinen modernen Touch mitbringt. Während 'Warriors Of The New Time' das Tempo ordentlich anzieht, teils das Gaspedal in Form von Markus Ambrosis Double-Bass bis zum Bodenblech durchdrückt, und einen perfekten Melodic-Speedster teutonischer Machart abgibt, darf der Schlagwerker im Anschluss 'New Dimension' direkt painkilleresk und ähnlich schnell einleiten, wobei die melodische Ausrichtung dann doch eher in Richtung GAMMA RAY tendiert. Doch auch hier wird uns ein herrlicher Twist serviert, als zum Refrain plötzlich die Gitarrenbegleitung ins Akustische wechselt, und am Ende auch noch eine coole, speedrockige Coda mit tollen Basslicks und einem flammenden Solo bereithält. Toll und überraschend!
Damit neigt sich das Album dem Ende zu, und es wartet das Titelstück, das erneut balladesk, in bestem Singer-Songwriter-Stil eingeleitet wird, und sich zu einem bärenstarken Groove-Rocker mit gewissen Southern-Rock-Vibes und auch einem Hauch von THE BEATLES auswächst, bevor 'Wonderland' ein wirklich rundum gelungenes, ja, begeisterndes Debütalbum beschließt. Am Ende bleibt mir nur übrig, ganz tief den Hut vor der Leistung von Stefan, Andy und Markus zu ziehen. Ein solch spannendes, berührendes, vielseitiges und toll klingendes Album hätte ich wirklich nicht erwartet. Es hat zwar verdammt lange gedauert, bis uns Stefan Fronk erstmals auf Albumlänge mit seiner Stimme und seiner Musik erfreut, doch wichtig ist hier und jetzt nur, dass es richtig gut geworden ist.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle