SPASTIC INK - Ink Compatible
Mehr über Spastic Ink
- Genre:
- Prog
- Label:
- Eigenveröffentlichung
- Release:
- 02.04.2004
- Aquanet
- Just A Little Bit
- Words For Nerds
- Melissa's Friend
- Read Me
- Multi-Masking
- In Memory Of ...
- A Chaotic Realization Of Nothing Yet Misunderstood
- The Cereal Mouse
Wie lange ist es her, dass Guitarwiz Ron Jarzombek mit dem Erstling seiner Band SPASTIC INK erfreute? Sieben lange Jahre sind seit "Ink Complete" ins Land gestrichen! Gut, es gab in der Zwischenzeit einige Reunion-Auftritte mit seiner (ex-)(Haupt-)Band WATCH TOWER, bei denen sie unter anderem anno 2000 auch in Balingen für ungläubige Gesichter sorgten. Den immer wieder kehrenden Gerüchten über das Entstehen eines dritten Albums des Quartetts tat mein Verlangen nach weiteren SPASTIC INK-Werken aber keinen Abbruch. Und während der gute Ron immer wieder Solo-Alben in kompletter Eigenregie unters Volk brachte, entstand in jahrelanger Kleinarbeit auch dieses vorliegende Werk.
Im Vorfeld waren viele Namen als Gastmusiker im Gespräch, von denen nun auch diverse auf "Ink Compatible" zu hören sind. Warum ausgerechnet Steve Digiordio nicht dabei ist, werde ich versuchen in einem Interview zu klären. Die Liste der Gäste liest sich wie das "Who Is Who" der Pog-Rock-Szene: Doug Keyser, Jens Johansson, Marty Friedman, Michael Manring, Daniel Gildenlöw oder Sean Malone gehören halt zur Crème der Frickelfraktion. Den Grundstock bildet das bekannte Line-up der beiden Jarzombeks, sowie Pete Perez, der wie immer für extravaganteste Basslinien sorgt. Und über das offensichtlich blinde Verständnis von Ron und Bobby, der ja zuletzt bei HALFORD für den ultimativen Kick sorgen durfte, müssen hier wohl keine Worte mehr verloren werden.
Die große Überraschung des Albums dürfte wohl die Besetzung hinterm Mikro sein. Und zwar nicht allein die Tatsache, dass es überhaupt einen festen Sänger gibt – der Erstling kam ohne Sänger aus – nein, auch die Tatsache, dass wir mit Jason McMaster den ehemaligen WATCH TOWER-Fronter genießen dürfen, dürfte nicht nur mich in freudige Ekstase versetzt haben. Die weiteren Gäste waren mir bis dato namentlich nicht bekannt, sollen aber im weiteren Verlauf des Reviews noch erwähnt werden – ihr merkt, es wird länger (hier kommt die Pause zum Kaffee holen - der Verf.)
Wie aber geht man solch ein Mammutwerk an? Verfasst man eine Song-By-Song-Besprechung, läuft man Gefahr den Leser zu langweilen. Verrät man zu Beginn schon zu viele Details, wird der Leser vorzeitig aufgeben. Wie ich es mache, es wird dieser Scheibe nicht gerecht werden. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass ich die akrobatischen Übungen, die hier alle Musizierenden abliefern, nur sehr subjektiv als Konsument beurteilen kann. Ich denke, Musiker werden "Ink Compatible" mit ganz anderen Ohren betrachten ... und eventuell ihr Instrument danach wegstellen. Ich wage es also:
Gleich die ersten Sekunden werden ungeübte Hörer abschrecken, denn nach dem Einwahlsound eines Modems schreddert Ron-Boy gleich mächtig in die Saiten. Dass dieser Song ursprünglich für WATCH TOWER gedacht war, hört man ihm an allen Ecken und Enden an. Offbeats, Rhythmuswechsel, bis die Finger brechen, und ein gnadenlos überragender Jason McMaster, der mich mit seiner Gesangsleistung erstmal sprachlos bleiben lässt. Zwischendurch quakt Mr. Johansson ein völlig unerwartetes "out-of-this-world"-Solo dazwischen, als wäre es das Normalste der Welt. Abgefahren. Der geübte Hörer wird erkennen, dass 'Aquanet' auf Blues-Skalen komponiert wurde. Ich hätte es nicht gemerkt.
'Just A Little Bit' erschreckt mit extrem aggressivem Rhythmus im Vers-Part, bis Jason den Chorus ungewohnt melodisch darbietet. Ich hoffe, dass der Beipackzettel mit den Erklärungen von Ron bei den CDs beiliegt, denn hier kommt man aus dem Lachen kaum mehr heraus, wenn man liest, wie dieser Song entstanden ist. Aber das würde den Rahmen sprengen.
Es folgt das erste Instrumental, welches durch einige Sprachsamples aufgelockert wird. Jarzombek setzt hier neben Manring mit Ray Riendeau (ex-HALFORD, bs.), David Penna (STATIC, AMPHIBIANS FROM OUTER SPACE, dr.), sowie David Bagsby (XEN, key.) auf relativ unbekannte Akteure, die allerdings völlig überzeugen können. Diese Nummer ist ziemlich eingängig, aber gerade unterm Kopfhörer faszinieren hier endlose Feinheiten. Und der Schmunzelfaktor sollte auch nicht unbeachtet bleiben.
Völlig abgefahren donnert hernach 'Melissa's Friend' über uns hinweg. Die einfühlsamen Vocals von Daniel Gildenlöw passen fantastisch zu der ebenso einschmeichelnden Musik. Aber Achtung beim Chorus! Hier wird es schrill und heftig. Immer wieder gibt es kurze Solospots aller Beteiligten, was den ganz klaren Bandcharakter von SPASTIC INK unterstreicht. Wer die instrumentalen Soloausflüge von Ron kennt, wird diesen Song lieben! Das nächste Instrumental erlebt Doug Keyser am Bass und gibt es als Videoclip auf der HP zu begutachten. Insofern halte ich mich ausnahmsweise mal zurück.
Nachdem Mr. Gildenlöw bereits mit überragender Vokalpräsenz überzeugen konnte, ballert uns in 'Multi-Masking' Mr. McMaster eine ebensolche vor den Schlips, dass ich mich ernstlich frage, ob er das wirklich selbst ist. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe seine Stimme, aber so einfühlsam und melodisch habe ich ihn noch nie gehört. Hammer! Aber es soll noch besser kommen: Allein schon der Anfang von 'In Memory Of ...' häutet Gänse. Wo ist der heisere, hohe Kreischgesang geblieben? Jason singt sich die Seele aus dem Leib! Im Hintergrund zirpen Ron und Sean Malone anmutige Melodien, während Bobby hektisch Rundumschläge nach Primzahl-Taktvorgaben berechnet. Hammer-Hammer!!
Der Titel des zwölfminütigen 'A Chaotic Realization Of Nothing Yet Misunderstood' sagt eigentlich schon alles. Weder die Lyriks noch die Musik dieser Nummer sind irgendwie zu beschreiben. Selbst anhören!
Der kurze Rausschmeißer 'The Cereal Mouse' ist halt einfach lustig. Ein passendes Video gibt es übrigens unter obigem Link zu begutachten. Very funny indeed.
So, nun ist es also doch geschehen! Ein ellenlanges Review, welches dem Lektor sicherlich keinen Spaß bereitet hat. {Ich möchte Gebrauch von meinem heutigen Dazusageichjetztnix-Joker machen. Anm. d. Lektors} Das soll uns aber egal sein, denn hier handelt es sich um die bislang abgefahrenste Veröffentlichung in diesem Jahr. Das Teil gibt es bei den einschlägigen Mailorder-Vertrieben oder über die Homepage, die man sich auf alle Fälle zu Gemüte führen sollte.
Anspieltipps: Just A Little Bit, Melissa's Friend, In Memory Of ...
- Redakteur:
- Holger Andrae