SPELL BLAST - Ray Of Time (MCD)
Mehr über Spell Blast
- Genre:
- Melodic Metal
- Lost In The Forest
- Sign Of The Unicorns
- On My Skin
- Glory To The Gem
- Ray Of Time (Instrumental)
Die Klischees schlagen mal wieder voll zu und bieten den damit einhergehenden Vorurteilen mächtig Nährstoff. Die Band heißt SPELL BLAST, kommt aus dem italienischen Bergamo und versieht ihre Debüt-EP mit einem Cover, das einen Zauberer und eine eingefrorene Schönheit vor einer winterlichen Gebirgslandschaft zeigt. Dazu bieten uns die Texte Ruhm, Einhörner und verwunschene Wälder ... Welche Art von Musik die Band spielt, muss kaum noch erwähnt werden, oder?
Wer nun aber meint, wir hätten es mit einer weiteren Band zu tun, die uns austauschbaren und identitätslosen Melodic Speed Metal von der Stange serviert, der sieht sich dann doch getäuscht, denn die fünf jungen Italiener haben auf ihrer ersten Eigenpressung durchaus mehr zu bieten, als der von der Veröffentlichungsflut in diesem Genre geplagte Rezensent oder Hörer zunächst befürchten mag. Sicher spielen auch SPELL BLAST den stark von HELLOWEEN samt Epigonen geprägten Stil, der auf schnelle, melodische Gitarren setzt. Dazu bauen sie ausgedehnt Keyboardsounds und die eine oder andere neoklassisch angehauchte Melodie ein, aber dennoch finde ich, dass die Band etwas hat, das sie ein wenig von der grauen Masse abhebt.
Der sechsminütige Opener 'Lost In The Forest' steigt relativ hart ein, wird aber mit Einsetzen der Keyboards ein wenig verspielter, wobei die Riffs durch die griffige Produktion stets metallisch bleiben und nicht so zahnlos wie auf manch überproduziertem Werk aus diesem Metier rüberkommen. Die Hookline in der Bridge hat ein bisschen was von den frühen IRON MAIDEN, während der schön eigenständig gesungene Refrain kompositorisch ein wenig von BLIND GUARDIAN inspiriert sein könnte. 'Sign Of The Unicorns' ist anfangs ruhiger und verträumter, wird aber später ebenfalls härter. Die Phrasierung des Gesangs und die Melodieführung wirken teils leicht folkloristisch, wobei das Lied für meinen Geschmack für die Anzahl der kompositorischen Einfälle etwas zu lang ist. Das balladeske, stark vom Piano dominierte 'On My Skin' passt gut zum Timbre von Kastes Stimme und hat auch ein schönes Gitarrensolo zu bieten, wird aber gegen Ende ebenfalls ein wenig spannungsarm. Richtig stark ist dagegen der sehr mystische und eindrucksvoll gesungene Anfang von 'Glory To The Gem', das mit siebeneinhalb Minuten nicht nur das längste, sondern auch das beste Stück des Albums darstellt. Hier erweist sich erneut der ungewöhnliche Gitarrensound als echtes Plus, weil er im Zusammenspiel mit dem Synth eine sehr eigene Atmosphäre erzeugt. Auch wenn das Stück im späteren Verlauf für meinen Geschmack ein wenig zu sehr ins Fahrwasser des italienischen Szeneflaggschiffes gerät, gefällt es mir dennoch richtig gut.
Wir mögen es hier zwar nicht mit einer neuen Sensation für dieses Genre zu tun haben, und sicher würde der eine oder andere Song strukturell noch etwas mehr Feinschliff vertragen. Wenn man aber bedenkt, dass "Ray Of Time" der erste nennenswerte musikalische Gehversuch dieser Band ist, lässt er doch ordentliches Potenzial erahnen und auf eine positive Entwicklung hoffen. Durch den trockenen Sound und Kastes irgendwie mystisch wirkenden, nie penetrant hoch trällernden Gesang haben die Jungs bei mir einen Stein im Brett. Da auch die kompositorischen Ansätze sehr vielversprechend sind, gehen die fünf Songs dieser MCD eigentlich ganz gut ins Ohr und stellen ein durchaus kurzweiliges Hörvergnügen für Genrefans dar. Vielleicht können sie sogar den einen oder anderen Skeptiker überzeugen. Nähere Infos gibt's hier.
Anspieltipps: Glory To The Gem, Lost In The Forest
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle