SPIRAL ARCHITECT - A Sceptic's Universe
Mehr über Spiral Architect
- Genre:
- Progressive
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Sensory / Laser's Edge
- Release:
- 25.02.2010
- Spinning
- Excessit
- Moving Spirit
- Occam's Razor
- Insect
- Cloud Constructor
- Conjuring Collapse
- Adaptability
- Fountainhead
John Arch singt mit PSYCHOTIC WALTZ Coverversionen von WATCH TOWER ein.
Als dieses Album erscheint, gibt es die norwegische Band SPIRAL ARCHITECT bereits seit sieben Jahren. Ein lumpiges, zwei Songs umfassendes Demo aus dem Jahr 1995 ist das einzige Hörbeispiel, welches bis zum Veröffentlichungstermin von "A Sceptic's Universe" an die Öffentlichkeit gelangt. Aber die Euphorie ist beinahe erschlagend. So erschlagend, dass das vorliegende Debüt auf dem tollen Sensory Label veröffentlicht wird. Einem Label, welches sorgfältig ausgewählten, progressiven Nachwuchstalenten eine Plattform bietet.
Dass zu den Architekten Mitglieder solch renommierter Bands wie MAYHEM, ARCTURUS, SATYRICON oder BORKNAGAR gehören, soll dabei nicht von der Tatsache ablenken, dass hier mal eben neun Songs komponiert worden sind, die bis zum heutigen Tag nichts von ihrem Glanz verloren haben. Um dies erkennen zu können, muss man sich allerdings erst einmal ein wenig Zeit nehmen. Zeit, die es bedarf, sich mit dem vermeintlich arg kopflastigen Material und dem beinahe steril wirkenden Sound anzufreunden. Aber es lohnt sich, das kann ich schon im Vorfeld verraten.
Ich weiß es noch wie heute, als ich zum ersten Mal völlig gierig und mit Herzklopfen bis zur Nasenspitze den Rundling in meiner Anlage versenkt habe und nach einer knappen Dreiviertelstunde mit verdrehten Augen und verknoteten Gehirnwindungen im völlig ruhigen Wohnzimmer saß. Was hatte mich denn da gerade akustisch überfahren? Allein das Klangbild dieses Albums stellt mich auf eine harte Probe, knarzt und frickelt Bassist Lars Koppang Norberg doch so omnipräsent durch die verschachtelt wirkenden Nummern, dass man die grandiosen Gitarrenideen seiner beiden Mitstreiter erst später in ihrer Pracht wahrnimmt. Was jetzt schlimm klingt, ist aber in Wirklichkeit ein Segen, denn umso länger entdeckt man auf diesem Album neue Details.
Neben der gigantischen Tieftonakrobatik, die zum Beispiel schon in der Eröffnungsnummer zwischen den beiden Gitarren einen fetten Solospot bekommt, hackepetert Asgeir Mickelson völlig verquere Takte in sein Drumkit. Kaum eine Passage, die geradeaus gespielt wird. Permanent gibt es die 5.1-Klöppel-Keule, die vor allem unterm Kopfhörer wirklich Erstaunliches zu Tage bringt. Völlig lässig wird da luftig aus der Hüfte ein Primzahlen-Takt mit einer Selbstverständlichkeit hingelegt, die man selten zu hören bekommt. Und das Tolle an der Sache ist, dass diese Verquertheit nicht verkrampft oder aufgesetzt wirkt. Zumindest nicht, wenn man die oben erwähnte Zeit in das Album investiert.
Nachdem ich jetzt die Rhythmussektion beleuchtet habe, wende ich mein Augenmerk zu der Position, die mich meist schnell durch derart frickelige Musik leitet: Dem Gesang. Øyvind Hægeland erinnert mit seinem Gesang gelegentlich an den seligen John Arch, aber auch an Buddy Lackey, hat aber dazwischen ausreichend viel eigene Stimmfarben auf seiner Lungenpalette. Zumeist in den höheren Tonlagen agierend, hangelt er sich mit einer sehr innovativen, eigenen Melodieführung durch die eh schon facettenreich gestrickten Songs. Auch hier zeigt die Zeit, wie toll das wirklich ist.
Bleiben die beiden Gitarristen, die wahrscheinlich bei jeder anderen Band aus dem harten Rocksegment zu allererst genannt worden wären. Dass das bei den Norwegern nicht der Fall ist, liegt ganz einfach daran, dass die anderen Musikanten so viel mehr aus der Reihe tanzen als es deren Kollegen in ihren jeweiligen Bands machen. Was die Herren Steinar Gundersen und Kaj Gornitzka (heute bei TWISTED INTO FORM) abliefern, ist absolut toll. Permanent laufen verschiedene Melodien im Stereoeffekt auf beiden Kanälen, so dass man anfänglich etwas verwirrt dasitzt. Ein Zustand, der sich schnell ändert, zu faszinierend sind die ideenreichen Tonfolgen, die hier zu wahnwitzigen Musiktiteln zusammengefügt wurden.
Soll ich jetzt auch noch auf einzelne Songs eingehen? Eigentlich unnötig, da die oben beschriebene Stilistik ausreichen sollte, um jeden qualitätsbewussten Freund von härterer Rockmusik beim Lesen mit feuchten Gefühlen zu erfreuen. Aber für alle, die sich noch immer nicht sicher sind, sei folgendes in Stein gemeißelt: 'Insect', die imaginäre Hitsingle des Albums, ist der tolle WATCH TOWER-Song, den die Texaner nie geschrieben haben. Hektisch, mit beschwörenden Gesangslinien, stampfend im Zwischenpart und mit einem extrem prominenten Bassspiel. Von den Flamenco-Gitarren will ich gar nicht erst schreiben. Klingt wie ein Longtrack? Ist es aber nicht, außer knappe sechs Minuten Spielzeit hält man für einen solchen. Wer grundsätzlich Angst vor zu viel Hektik hat, sollte allerdings eventuell mit dem getragenen 'Cloud Constructor' (passender Titel!) starten. Einen gelungeneren Kniefall vor dem Schaffen von PSYCHOTIC WALTZ habe ich noch nicht gehört. Und dabei gelingt es den Architekten immer wieder, auch ausreichend eigene Ideen in den Songs zu platzieren. Allein die piepsenden Solopassagen mit dem anschließenden Sphärenpart lassen mich jedes Mal dem Wahnsinn verfallen. Die geschickt eingesetzten Keyboards, die immer wieder als orchestrierender Frickelteppich dienen, sind hierbei so gekonnt eingesetzt, dass man sie zuerst gar nicht wirklich wahrnimmt. Toll, toll.
Mehr Geschwärme ist hoffentlich nicht nötig, um euch davon zu überzeugen, diesen grandiosen Tonträger jetzt endlich käuflich zu erwerben.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Holger Andrae