STEARICA - Fertile
Mehr über Stearica
- Genre:
- Experimental / Instrumental Rock
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Monotreme (Cargo Records)
- Release:
- 10.04.2015
- Delta
- Halite
- Bes
- Geber
- Nur
- Tigris
- Siqlum
- Amreeka
- Shäh Mät
Uferloser Experimental-Instrumental-Trip.
Abgesehen von der oberflächlichen Kategorisierung in "Instrumentalband" lässt sich über das italienische Trio STEARICA in Worten nur wenig Greifbares vorbringen. Ohne das Debütalbum "Oltre" gehört zu haben, fällt mein Erstkontakt mit dem Nachfolgewerk "Fertile" ebenso faszinierend wie zwiespältig aus: Was geschieht da eigentlich genau, während dieser neun verspielt-nervösen Tracks? Noisiges Schlagzeug-Gelärme, quietschende Gitarren, scheinbar beiläufig eingespielte Geräusche unterschiedlicher Herkunft... Progressive, uferlose Strukturen, eine Prise Krautrock, postmetallische Färbungen, nicht bedrohlich, aber auch keineswegs heiter und unbefangen – STEARICA liefert eine ganz eigene Instrumental-Rock-Mischung ab, die sich im Prinzip den gängigen Vergleichen entzieht.
Gastmusiker wie Scott McCloud (GIRLS AGAINST BOYS) oder Ryan Patterson (COLISEUM) lassen erahnen, wie vielseitig die Herrschaften aus Turin unterwegs sind (ja, einzelne Vokalfragmente sind entsprechend auf "Fertile" vorhanden). Der Grundton des Albums wird geprägt von aufgeregten Rhythmusvariationen und der quer über alle Stränge respektive Skalen schlagenden Gitarrenarbeit. Mal klingt das Resultat ziemlich Indie-mäßig ('Bes'), mal grungig-schräg ('Geber'), dann wieder rätselhaft proggig ('Siqlum'), vor allem aber die meiste Zeit ziemlich rast- und ruhelos. Jeder Track dauert seine fünf bis sieben Minuten, in denen die Band scheinbar willkürlich von einem Part zum nächsten springt. Irrwitzige Breaks, regelmäßige Tempowechsel, vor allem aber keine echten Verschnaufpausen. "Fertile" lebt von den scheinbar endlosen kreativen Ausbrüchen der Norditaliener. Wie ein heranwachsendes Kind auf Entdeckungsreise durch die Welt wird hier alles musikalisch Greifbare angefasst, hochgehoben, durchgeschüttelt, dann wieder achtlos liegen gelassen.
"Fertile" kann durchaus Spaß machen, zumindest all jenen, die Freude am Unkonventionellen haben und die keinen Wert auf klare Anknüpfpunkte für Selbstidentifikation legen. Wer gefühlsmäßig angesprochen sein will, tiefere Emotionen sucht, Erschütterung, Begeisterung, Melancholie, Aggression, Schwärmerei, wird bei STEARICA nicht fündig. Mein Problem mit der Band ist, dass sie – ähnlich den Prog-Rockern THE TEA CLUB – wie die Beobachter eines surrealen Traumes zwar ausufernde Klangwelten erschaffen, in denen es überall wuselt und zwitschert, dabei jedoch Emotionalität bestenfalls in einem Mindestmaß erfahrbar wird. "Fertile" ist ein ziemlich verrückter experimenteller Instrumental-Trip, anspruchsvoll und auf gewisse Weise einzigartig und faszinierend, aber kaum fesselnd oder tiefer berührend. Nur das finale 'Shä Mät' vermag mit seiner tragisch-fatalistischen Untergangsstimmung beim Hörer vielleicht für Aufregung zu sorgen. Ich möchte allerdings nicht ausschließen, dass ich für diese spezielle Sorte von Rockmusik bei aller Aufgeschlossenheit und Neugier vielleicht auch schlicht der falsche Adressat bin.
Anspieltipps: Bes, Geber, Shäh Mät
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timon Krause