STEP INTO LIQUID - Traffic In My Head
Mehr über Step Into Liquid
- Genre:
- Prog
- Racing Team
- Inner Peace
- Smart Intensions
- The Sun Always Shines On TV
- Traffic
- I Wanna Know
- Angelized
- Hurts Too Bad
- Outside
- Myself Actually
- Sinking Ships
- - surprise track -
- Inner Peace Video
Lange mussten wir auf den ersten kompletten Rundling der Hamburger Band STEP INTO LIQUID warten. Erinnern wir uns: Ende der Achtziger erfreute uns eine Truppe namens MEGACE zuerst mit ein paar sehr guten Demotapes, bevor es 1991 Zeit für ein erstes Album namens "Human Errors" war. Mit erfrischendem Techno-Thrash - so der damals konstruierte Begriff für heftige, aber gleichermaßen schräge Rockmusik - setzte sich MEGACE sofort angenehm von den teutonischen Rumpel-T(h)rash-Genossen aus dem Ruhrpott ab und zogen ihr komplett eigenes Ding durch. Das begann beim Einsatz einer kraftvollen, tiefen und zugleich markanten Frauenstimme, ging über unerwartete Rhythmen und endete in eingängigen, wie auch abgedrehten Melodien. Es kam, wie es kommen musste: Die Presse fand es toll, das Publikum war meist überfordert. Nischenmusik halt. Aber warum den Kopf in den Sand stecken, wenn man an sich glaubt? Eben. Dafür gibt es keinen Grund und genau deshalb erschien einige Jahre später ein weiteres, noch besseres Album, auf welchem die Band ihre Trademarks beibehielt, sich aber deutlich gereifter zeigte. Spätestens die sehr gelungene Coverversion von THE POLICEs 'Synchronicity' belegte den Fortschritt und den musikalischen Weitblick des Quintetts. Leider wiederholte sich das Ergebnis, und nach einiger Zeit stieg Bandleader und Gitarrist Jörg Schrörg aus, um heute mit seiner Truppe FIRE unter anderem im Vorprogramm von VOL.BEAT völlig abzuräumen. Hier endet die Geschichte von MEGACE ...
... und mit dem Einstieg von Saitenhexer Oliver Raddatz beginnt die von STEP INTO LIQUID, die man quasi als (auch musikalische) Fortsetzung von MEGACE sehen kann und darf, deren gelungene EP "First Steps" ich vor drei Jahren auf diesen Seiten vorstellen durfte. Drei Jahre. Wie doch die Zeit vergeht. Immer noch jonglieren die fünf Musiker unbeirrt durch den aktuellen Musikdschungel und verbiegen sich und ihre Stilistik nicht mit den gängigen Trends.
Die Musik von STEP INTO LIQUID kann man nicht kategorisieren: Sie klingt mit ihrer Produktion modern, ohne aufgesetzt oder gar kalt zu wirken; sie ist rhythmisch verschachtelt, verfügt aber trotzdem über Groove; sie erscheint manchmal sehr hart, überrascht dann aber mit herrlichen Melodien. Liest sich verwirrend? Ist es aber gar nicht, wie ihr schnell erkennen werdet, wenn ihr euch auf diese abenteuerliche Reise einlasst, auf die euch die fünf HamburgerInnen mitnehmen wollen.
Der aufgeschlossene Sucher auf seiner Jagd nach spannender Musik dürfte schon jetzt überzeugt worden sein, STEP INTO LIQUID zumindest einmal anzutesten. Für die skeptischen Bombenleger mit dem schmalen Geldbeutel, gebe ich im Folgenden noch ein paar genauere Entscheidungshilfen ab:
Eingeläutet wird die Entdeckungsreise mit dem abgestoppt-rockigen 'Racing Team', bei welchem der Titel Programm ist. Sofort bemerken wir die prominent in Szene gesetzten Tieftonfrequenzen, die so herrlich im Bauch kribbeln. Gut, wenn der Basser mit am Knöpfchenpult sitzt, überrascht das wenig. In dieser Nummer röhrt Mela schön kehlig und rau herum, während sie beim anschließenden 'Inner Peace' belegt, wie sanft und einfühlsam sie singen kann. Eine ganz großartige Komposition übrigens. Wer jetzt Panik bekommt, ich würde nun eine Track-By-Track-Besprechung abliefern, darf entspannt durchatmen, denn ich werde lediglich ein paar Highlights herauspicken.
Da hätten wir die exzellente Koffer-Fassung von 'The Sun Always Shines On TV' - jawoll! Das Dingens von A-HA - welches unwillkürlich in meine Koffer-Top-20 einsteigen kann. Sehr gelungen umgesetzt, rockt diese Nummer vor allem auch live das Haus. Der Quasi-Titelsong 'Traffic' sorgt mit seinen Tribal-Beats für wippende Glieder. Obendrein belegt diese Nummer ganz erstklassig das hervorragende Zusammenspiel der beiden Gitarristen. Über angenehm tiefen Akkorden werden sanften Melodien gezupft, die diesem schweren Song eine gewisse Leichtfüßigkeit geben.
Genau dies scheint das passende Wort für die STEP-INTO-LIQUID-Werke zu sein: Leichtfüßigkeit. Gerade durch die akustischen, unverzerrten Momente, die variable, teils fast zerbrechlich wirkende Stimme, die sich unbeirrt durch alle Lagen hangelt und dabei überall gleichermaßen grandios klingt, bekommt man als Hörer das angenehme Gefühl vermittelt, es mit eingängiger, leicht zugänglicher Musik zu tun zu haben. Und genau darin besteht ja die Kunst: verschachtelte Musik, leicht klingen zu lassen. Gelingt nicht vielen. Hier funktioniert es.
Mit 'Outside' und 'Sinking Ships' bekommt der alteingesessene Fan dann zwei Remixe vom Debüt serviert, die natürlich noch immer ganz toll sind, wie im übrigen auch der versteckte Bonus, über den sich alte Techno-Thrasher sicherlich besonders freuen werden. Ich verrate nicht mehr. Selbst herausfinden, lautet die Devise.
Anspieltipps: Inner Peace; Traffic; The Sun Always Shines On TV; Sinking Ships; Myself Actually; Racing Team
- Redakteur:
- Holger Andrae