STILLERS TOD - Vorboten Abraxas'
Mehr über Stillers Tod
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Eigenpressung / Eigenvertrieb
- Release:
- 25.05.2013
- Die Unsterblichen
- Stimme im Kopf
- Schädelthron
Ein grandioser Vorgeschmack auf kommende konzeptionelle Großtaten.
Manche von euch erinnern sich vielleicht an die Split-EP "Die leeren Kinder", die ich vor knapp zwei Jahren hier mit durchaus gemischten Gefühlen besprochen habe. Doch bereits damals hinterließ eine der Bands bei mir einen bleibenden Eindruck, und das waren meine schwäbischen Landsleute von STILLERS TOD. Deshalb war meine Spannung groß, als mich die Band fragte, ob ich nicht bereit wäre, ihre neue EP zu rezensieren.
Keine Frage, natürlich freue ich mich auf die Aufgabe, und diese Vorfreude steigert sich nochmals, als mir die CD ins Haus flattert. Eine schönere Aufmachung bekommt man, gerade im Bereich der Eigenproduktionen, nur selten zu sehen. In einem Schuber aus durchscheinendem Pergament, welches das Artwork als Kohlezeichnung ziert, steckt ein Digipack im DVD-Hüllen-Hochformat, und darin findet sich ein wunderschön aufgemachtes Booklet mit handgezeichneten Bandportraits, Kalligraphien und den Texten, alles sehr schön umgesetzt von Bandkopf Kárgeist.
So viel Liebe zum Detail beweist, dass es der Band ernst ist, mit ihrem Projekt, und das soll ein drei Alben umfassender Zyklus um Abraxas werden, auf welchen die vorliegende EP - programmatisch als "Vorboten Abraxas'" betitelt - uns einen Vorgeschmack liefern soll. Dieser Vorgeschmack hat es dann auch in sich, denn ganz und gar untypisch für schwarzmetallische Eigenproduktionen, wartet STILLERS TOD mit einer transparenten, warmen und lebendigen Produktion auf, die sich gewaschen hat. Auch die Orchestrierungen haben Leben und wirken zu keiner Sekunde steril oder leblos.
Das musikalische Oeuvre hat seine Wurzeln im Black Metal, doch gibt sich die Band durchaus progressiv und avantgardistisch, liebt das Spiel mit opulenten aber nicht überladenen Orchestrierungen, den Klang von Spinett und Orgel, das Experimentieren mit wechselnden Stimmen, männlich oder weiblich, keifend oder klar, manisch oder depressiv, grimmig oder psychotisch, theatralisch oder direkt. Gerade zu einem Stück wie 'Stimme im Kopf' passt diese schizophrene Gesangsdarbietung ganz hervorragend, und wenn jemand von euch an dieser Stelle eine Referenz haben will, dann soll er sich mal mit KING DIAMONDs "The Graveyard" befassen. Nein, Kárgaist ist kein neuer Meister des Falsetts, doch diese gespaltene Persönlichkeit, welche in der Gesangsdarbietung Niederschlag findet, kennt man in dieser Form nur vom Karo-König höchstselbst.
'Die Unsterblichen' vertont auf sehr eigenständige und ästhetisch ansprechende Weise ein Gedicht von Hermann Hesse. Die Gitarren flirren und rasen, doch auf die melodische Art, anmutig-rezitative Passagen mit gesprochenem Duett werden von klirrender Raserei mit keifendem Gesang und sonor gesprochener Hintergrundstimme abgelöst, die Leadgitarren sind bemerkenswert und auch das Schlagzeug bedient von hackender Aggression bis zum zurückgelehnten, entspannten Viervierteltakt allerlei Varianz. Da auch der abschließende Zwölfminüter "Schädelthron" die Musiker in keinerlei Verlegenheit bringt und beweist, dass es ihnen mühelos gelingt, auch einen ausgesprochenen Longtrack bis zum Ende mit Spannung zu füllen, indem sie gekonnt die Stimmungen, Tonfolgen, Tempi und Leitmotive variiert, bleiben an dieser Stelle keinerlei Wünsche offen. Gerade die immer wieder aufflammenden Gitarrenleads sind wirklich fein und fesslend, und sie zitieren auch hier und da keltisch-folkloristische Melodielinien, ohne in die Bereiche des Pagan-Folk zu geraten.
Eine Punktewertung will ich an dieser Stelle nicht vergeben, da die Scheibe als Vorgeschmack auf die vollständige Trilogie gedacht ist, und sich diese letztlich an der steilen Vorlage wird messen lassen müssen. Sollte es STILLERS TOD gelingen, die hier gebotene musikalische Klasse auf Albumlänge zu halten und das kommende Konzept auch in der selben ästhetischen Weise aufbereiten wie die "Vorboten", dann wird mir kaum eine andere Wahl bleiben, als die Geburt eines neuen Sterns am pechschwarzen Himmel des deutschen Black Metals zu feiern. In jedem Falle freue ich mich riesig auf das, was da noch kommen mag, denn der Vorgeschmack ist sehr beeindruckend.
Die wirklich hervorragend aufgemachte EP könnt ihr als streng limitierte Auflage direkt bei der Band für kleines Geld erwerben. Zögert nicht, es lohnt sich auf jeden Fall!
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle