STONE SOUR - Come What(ever) May
Mehr über Stone Sour
- Genre:
- Hardrock/Alternative-Rock/NuMetal
- Label:
- Roadrunner Records
- Release:
- 28.07.2006
- 30/30-150
- Come What(ever) May
- Hell & Consequences
- Sillyworld
- Made Of Scars
- Reborn
- Your God
- Through Glass
- Socio
- 1st Person
- Cardiff
- ZZYXZ Road
Corey Taylor ist schon seit vielen Jahren mein musikalisches Vorbild, sei es mit STONE SOUR selbst oder mit seinen Latexmasken von SLIPKNOT (ja, ich stehe dazu!). Alle Alben von dem Großmeister und seinen Genossen verweilen bei mir in der Musiksammlung. Da darf natürlich auch das heiß erwartete "Come What(ever) May" nicht fehlen. Meine Erwartungen hieran waren also sehr hoch, als selbstbetitelter Fan erwartet man natürlich viel von der neuen Langrille seines Meisters. Und schon in der Einleitung dieser Rezension darf ich euch verraten, dass zumindest ich nicht enttäuscht wurde. Ganz im Gegenteil, meine Erwartungen wurden noch um ein vielfaches übertroffen. Aber alles schön der Reihe nach...
Nachdem Taylor sich in den Neunzigern mit SLIPKNOT in den schwermetallischen Geschichtsbüchern eintragen durfte, musste STONE SOUR ein wenig zurückgestellt werden. Nach ihrer Gründung im Jahre 1992 brachten diese ganze zehn Jahre später ihre selbstbetitelte Debütplatte über Roadrunner Records auf den Markt. Und gaben mehr als nur eine Duftmarke ab. Jetzt musste aber wieder Schluss mit dem Hardrock sein, denn die Masken waren wieder an der Reihe. 2004 lieferten diese ihr sagenhaftes Album "Vol. 3: Subliminal Verses" ab, das sich in Deutschland auf dem zweiten Platz der MediaControl-Charts platzierte. Ausverkaufte Tourneen in aller Welt, unsägliche TV-Auftritte im Speziellen in den USA, da blieb nicht viel Zeit für sein anderes Projekt. Dennoch fanden sich STONE SOUR Anfang diesen Jahres, vier Jahre nach ihrem Erstling, zur Arbeit an ihrem neuen Longplayer "Come What(ever) May" zusammen. Allerdings konnte diese Zeit nicht ohne Verluste überstanden werden. Der alte Schlagzeuger Joel Ekman warf das Handtuch aus persönlichen Gründen und wurde durch Roy Mayorga ersetzt, welcher sein Können schon bei SOULFLY, CRISIS und SEPULTURA unter Beweis stellte. Des Weiteren fügen sich James Root (ebenfalls bei SLIPKNOT) und Josh Rand an der Gitarre, sowie Shawn Economaki am Bass ins Line-Up ein. Die Aufnahmen entstanden im Studio von Dave Grohl (FOO FIGHTERS). Der ausführende Produzent war Nick Rasculinecz, der schon für die genannten FOO FIGHTERS und VELVET REVOLVER zuständig war, verantwortlich für den finalen Mix war übrigens Randy Staub (METALLICA, HATEBREED).
Nun aber endlich zum Wesentlichen: Der Musik. Das Meisterwerk beginnt mit dem Opener '30/30-150', welcher in die moderne Metal-Ecke einzuordnen ist. Corey wechselt zwischen melodischem Gesang und aggressiven Shouts. Untermalt werden die Vocals mit den druckvollen Riffs der Gitarre, dem groovigen Bass und den hämmernden Drums. Für letztere wurde zudem ein Gastmusiker eingeladen. Shannon Larkin von den Metal-Kollegen GODSMACK brachte sein Talent ein. Ein geiler Einstieg, aber Vorsicht vor Nackenschmerzen... . Der Titeltrack 'Come What(ever) May' ist hingegen hervorragender alternativer Rock. Die treibende, instrumentelle Abteilung unterstützt den melodischen Gesang inklusive toller Hookline. Grandios. 'Hell & Consequences' ist laut Klampfer Josh Rand das richtige – entschuldigt die Ausdrucksweise - nach einem echt beschissenen Tag. Und wie Recht er da hat. Das Lied umgibt eine gewisse Düsterheit. Der Gesang wechselt zwischen dunklen, tiefen Vocals zu einem in die Gehirnwindungen einfressenden Refrain mit zwischenzeitlichen Shouts. Technisch natürlich wieder erste Sahne. 'Sillyworld' beginnt recht chillig mit einer Akustikgitarre und ruhigen Drums bis nach einem kurzen Break pünktlich zum Refrain ordentlich in die Seiten und Trommeln gehauen wird. Das Stück lässt sich im Midtempo-Bereich ansiedeln und ist – wie jeder Song der Platte – ein echter Ohrwurm. Zum Ende hin bekommt man sogar ein geiles Gitarrensolo serviert, was heutzutage ja auch nicht mehr üblich ist. Die Nummer fünf des Silberlings 'Made Of Scars' dreht dann aber wieder voll auf und schlägt auch hauptsächlich in die NuMetal-Kerbe. Zur Mitte beginnt Mr. Taylor kurz damit, was ihn populär und erfolgreich gemacht hat: Aggressive Shouts. Das hält aber (leider?) nicht lange und so wechselt er in die alte Melodie zurück. 'Reborn' tritt uns dann mal richtig in das Hinterteil. Wenn Corey mit Leib und Seele ins Mirko brüllt 'I am everything, I am anything, I am automatic, I am yesterday, I am everyday, I am gonna be...Reborn!' möchte man ihm es gleich tun und seinen ganzen Frust, Wut und Hass aus dem Herzen brüllen. Einer der schnellsten und SLIPKNOT-ähnlichsten Titel von "Come What(ever) May". Richtig guter Song zum Abreagieren, hier verwandelt sich das Zimmer zum Moshpit. Wildes Kopfschütteln, heftiges Mitbrüllen und unnatürliches Rumgespringe bleibt da nicht aus. 'Your God' schaltet aber wieder einen Gang hinunter. Verträumte Riffs, groovende Drums und hauptsächlich beruhigter Gesang zeichnen diesen Song aus. Lediglich zum Refrain wird es ein wenig rockiger. Zusätzlich gibt es ein wieder mal geiles Gitarrensolo auf die Lauscher. 'Through Glass' ist mit Abstand einer der gefühlvollste und herzergreifendste Ballade überhaupt, mehr gibt es hier zu nicht zu sagen. Abgrooven heißt es im Chorus von 'Socio'. Eine Mischung aus Metal, Hardrock, Punkrock und Funk. Da kann keiner still sitzen bleiben. Eine ordentliche Portion Schädelschütteln gibt es wieder bei '1st Person' und ist vergleichbar mit '30/30-150' auf eine eigene Weise. Dramatik und Tragik versprüht hingegen 'Cardiff' ohne an Härte zu verlieren, aber gleichzeitlich herzlich zu sein. Der Titel geht zwar nicht so ein Tempo wie '30-30-150' oder 'Reborn' ist aber auch nicht so traurig wie 'Through Glass' oder 'ZZYXZ Road'. Ha, was für eine Überleitung. Letzterer verabschiedet uns vom Album, die Vocals rücken hier in den Mittelpunkt und werden nur von Gastmusiker Rami Jaffee von THE WALLFLOWERS am Klavier und sanftem Schlagzeug begleitet. Ganz zum Ende wird für ein Gitarrensolo zur Lead-Gitarre gegriffen.
Einen textlichen Fokus gibt es bei STONE SOUR nicht. Die Texte der Band werden auch immer verworrener und immer konfuser, wie es Fans von SLIPKNOT wohl schon gewöhnt sind. Das muss laut dem Mastermind auch sein. Corey Taylor meinte dazu nämlich, dass es ihm einiges an Schlaf kosten würde, dass die Arbeit und die Art wie er sie vollendet, nicht so bei manchen Leuten ankommt, wie er es gerne hätte. Der in seiner Jugend ohne seinen Vater auskommende Corey tut alles dafür den Status Quo gleichzeitig zu unterhalten, zu lehren und wütend zu machen. Ab und zu hilft es ihm, dass er dem Mainstream Kopfschmerzen bereitet. Beispielsweise handelt der Song 'Through Glass' von falschen Freunden, Fakes und gespielten Gefühlen bei den Stars und Sternchen in Hollywood. Man schreibt über Misstrauen, gebrochenen Herzen, scheiß Tagen, einfach über das, was jeden in irgendeiner Form beschäftigt. Die Lyrics davon zu entschlüsseln ist recht schwer, was beweist das sich die Truppe in ihren Schreibfähigkeiten sehr weit entwickelt hat. Unglaublich tiefsinnig, nie tiefsinnig. Top!
Es ist einfach unfassbar wie ein Corey Taylor seine Aggressionen, seine Wut und seinen Zorn genauso genial einsetzen kann wie herzergreifenden Gesang. Für mich einer der besten Sänger aller Zeiten, auch wenn so manch einer an seinem vokalischen Können zweifelt. Blödsinn! STONE SOUR überzeugt mit sehr reifen, erwachsenen Riffs, knallharten Drums, schönen Melodien und ins Gehirn fressenden Hooklines. Jeder Song auf der CD hört sich anders an, überall klebt der hauseigene Stempel drauf, alles klingt rund und stimmig, ohne dabei in den Mainstream zu fallen. Die sympathischen Ecken und Kanten sind vorhanden und machen "Come What(ever) May" noch mal einen Zacken besser, was eigentlich schon gar nicht mehr möglich ist. Die Scheibe wird noch einige Male in meiner Anlage laufen und laufen und zum Rocken, zum Abreagieren, zum Lieben, zum Depressivsein, zum Glücklichsein und machen, zum Brüllen, zum Headbangen...ach...zum Kaufen da sein! Dringend! Bevor ich hier noch einen Heiratsantrag mache, beende ich diese Rezension mit einer ganz, ganz warmen Kaufempfehlung. Hab ich das nicht schon gesagt?
Anspieltipps: Alles...alles und immer wieder!
- Redakteur:
- Daniel Schmidt