SUBRAUM KATZEN - Träume in dunklen Farben
Mehr über Subraum Katzen
- Genre:
- Elektro Pop
- Label:
- Timezone
- Release:
- 20.10.2008
- Cut Myself
- Too Long
- Lichtbringer
- Torpedorohr
- Skinny
- I Wonder
- Kannst Du Noch
- Meine Welt
- Was Würdest Du
Ambitionierter Elektro Pop, der viel zu ambitioniert ist, um verstanden zu werden.
Es herrscht schon seit Tagen finstere Herbststimmung. Sie schneidet dir die Luft ab – wohin du auch gehst. Dann legst du diese CD in den Player. Plötzlich türmen sie sich vor dir auf: Kleine, mosaikartige Soundcollagen, Elektrobeats, die sinnliche Stimme von Helena, sexy und verträumt. Dann wütende Männerstimmen, sägende Gitarren, die Elektronik knarzt lustvoll unter den Händen von D. Zwanzig. Schweißtreibend und doch so eindringlich und imposant.
Wer diese Zeilen gelesen hat, bekommt schon in etwa eine vage Vorstellung von dem, was auf "Träume in dunklen Farben" zu hören ist. Wer diese Zeilen gelesen hat, wo ich sie gelesen habe, wird sich vielleicht wie ich fragen, ob die Promofirmen einem jetzt die Arbeit mit den Reviews schon komplett abnehmen wollen, indem sie selbst welche fabrizieren und als Anpreisung mitschicken. Selbst die Anspieltipps sind dabei!
Der Stolz des Schreibers sorgt dafür, dass die Versuchung, diese Invitro-Rezi einfach weiter abzutippen, keine Sekunde anhält. Wo kämen wir denn da hin? Schlimm genug dass die elenden Promozettel, die jede Scheibe wie Mahnbriefe begleiten, einem sowieso vorgeben sollen, was man letztendlich da raus hört. Würde man in unserer Redaktion tatsächlich näher auf diese Zettel eingehen, hätte Powermetal.de heute wohl nicht den Ruf den es hat.
Um zurück zur so verwirrend angepriesenen Platte zu kommen, von einer Band die den prägnanten Namen SUBRAUM KATZEN trägt, lässt sich der Promotext, der so herausfordernd geschrieben ist, ähnlich sezierend auseinander klamüsern, wie man es sonst gerne mal mit Werken der heissgeliebten Konkurrenz macht.
Aber fangen wir von vorne an:
"kleine, mosaikartige Soundkollagen" – finde ich gar nicht so klein. Die Elemente, die auf der Platte diese Collagen ergeben sollen, sind präsent genug, um durchaus einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Wobei einem sehr viel davon sehr bekannt vorkommt. Aus dem Samplerprogramm für 5,99 aus dem Wühltüsch im MediaMarkt zum Beispiel.
"Elektrobeats" – ja, die sind definitiv da. Wenn auch nicht so kraftvoll wie man beim Lesen des Textes vermuten mag.
"die sinnliche Stimme von Helena, sexy und verträumt" – auf "verträumt" kann man sich einigen. Ich wüsste nicht wie man diese Texte vortragen könnte ohne dabei verträumt-entrückt zu wirken. "Sinnlich" und "sexy" ist was anderes, aber das ist ein Missgriff aus dem Wörterbuch, dem viele unterliegen. Deutsch ist eine Sprache, der man nur mit sehr viel Mühe Erotik verleihen kann. Und die hat man sich, hier deutlich zu hören, nicht gemacht.
"Wütende Männerstimmen" – es ist eine, um genau zu sein.
"die Elektronik knarzt lustvoll" – an dieser Stelle beginne ich zu denken, dass der Autor dieses Texts definitiv ein anderes Verständnis von erregter oder erregender Musik hat. Oder einfach nur Metaphern benutzt, wie ich sie nicht verwenden würde.
"Schweißtreibend und doch so eindringlich" – nein. Definitiv nicht. Spätestens an dieser Stelle bekommt man das Gefühl, dass der Mensch, der diesen Text verfasst hat, eine andere Platte gehört hat. Die Stärken der Platte liegen definitiv im subtileren Bereich, nicht in dem, der direkt in die Muskeln geht.
"Imposant" – ja, das auf jeden Fall.
"Wechselbad der Gefühle" – für Menschen, die generell eher wechselhaft sind, sicherlich. Ich würde die Platte eher als straight im unteren, düsteren Level der Gefühle ansiedeln. Und aus dem Morast kommt sie nichtmehr heraus. Will sie wohl auch gar nicht, der Titel des Albums ist schließlich Programm.
"Elementen des Industrials, greift zurück bis tief in die 80iger Jahre und schnürft ein Paket, das moderne Popmusik gekonnt zitiert" – wenn man bedenkt, dass moderne Popmusik beinahe aus nichts anderem besteht als aus Rezitationen vergangener Musikepochen, ist diese Aussage sehr gewagt. Industrial ist nicht schwer heraus zu hören, die Anleihen aus den 80ern stellen für mich den Hauptgrund dar diese Platte überhaupt zu empfehlen. Und die Popmusik, naja... bleiben wir bei den 80ern mit ihrem minimalistischen SynthiePop à la D.A.F., das ist schon eine Referenz, die sich sehen lassen kann.
"Liebe zur Vergangenheit als Bereicherung für die Zukunft" – eine Aussage die unfreiwillig ironisch klingt, zehrt die Musik dieser Tage doch von den Errungenschaften vergangener Jahrzehnte, um sich immer wieder neu zu erfinden und gleichzeitig klassisch zu bleiben.
"Ohne Kompromisse, ohne Anbiederungen an Szenen und Strömungen" – sehr richtig. Wobei die Kompromisslosigkeit hier nicht wirklich rausklingt, denn Massentauglich ist die Platte bei aller verquerer Zitation der 80er immernoch.
Bleibt zu sagen, dass das Album durchaus seine Vorzüge hat und einem Freund elektronischer Popmusik, die ruhig mal verquer und merkmalsarm sein darf, sehr wohl angeraten sein kann. Auch wenn die Stimme der Sängerin nicht unbedingt als "sexy und sinnlich" zu bezeichnen ist, weltentrückt genug klingt sie, um zu beweisen, dass Reflektionen auf die Kultur der durchorganisierten und vor allem durchanalysierten Moderne mit einer Art möglich sind, die befremdend und charismatisch zugleich sein kann.
Anspieltipps: Was Würdest Du, I Wonder
- Redakteur:
- Michael Kulueke