08.03.2017 | 19:58
Experiment unter Strom.
Es gibt Live-Erlebnisse, die kann man gar nicht auf CD bannen. Und ich muss gestehen, dass ich die NEON-Tour, mit der SUBWAY TO SALLY 2016 durch die Lande zog, eigentlich auch mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit unter dieser Kategorie verbucht hatte: Die Mittelalter-Band schuf im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem maskierten Cop Dickie eine außergewöhnliche Interpretation von Stücken der Bandgeschichte. Der junge Produzent unterlegte die Akustik-Show von Eric Fish und Co mit satten Dubstep-Beats, es entstand ein Sound, der zugleich bodenständiger und futuristischer als je zuvor klang. Genau dieses Erlebnis hat SUBWAY TO SALLY während der ganzen Tour aufgenommen und als "Neon"-CD veröffentlicht.
Doch obwohl die Songs allesamt von den Studioalben der Mittelalter-Rocker bekannt sind, ist die Scheibe ein wenig wie ein vollkommen neues Album. Durch die, im ersten Moment fremdartige, neue Fassung der Stücke bekommen diese zum Teil eine ganz neue Stimmung. Denn das die Band bei den Arrangements mitgedacht hat, spüre ich als Hörerin von Anfang an: Hier wurden nicht einfach elektronische Elemente unter die Melodien gelegt, sondern ganz genau überlegt. Und so balanciert SUBWAY TO SALLY von Lied zu Lied und verschiebt permanent den Regler zwischen Akustik und Dubstep. So hält Cop Dickie sich bei 'Krähenfraß', der Variation des alten Spielmanns-Liedes 'Rabenballade', taktvoll zurück und lässt die bodenständigen Mittelalter-Instrumente zu Wort kommen, während 'Schwarze Seide' durch die elektronischen Up-Tempo-Einschübe einen noch düsteren, sinisteren Eindruck hinterlässt.
Experimentierfreudig zeigen sich SUBWAY TO SALLY und Cop Dickie dabei an vielerlei Stellen: Denn während ich 'Das Kleid aus Rosen' fast schon als eher gediegenere Akustiknummer erwartet habe, funktioniert das Stück auch als E-Variante mit den stampfenden Beats hervorragend. Und der 'Falsche Heiland' klingt mit der dominanten Konzertgitarre und der großartigen Frau Schmitt an der Geige fast noch hymnischer als das metal-affine Original.
Zwar passen sich nicht alle Stücke von SUBWAY TO SALLY dem neuen Konzept derart stimmig an und beispielsweise 'Sieben' verliert seinen Drive durch die fehlenden E-Gitarren genauso sehr wie 'Ohne Liebe'. Doch den Mut rechne ich den Potsdamern dennoch hoch an: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und dass sich das Experiment "Neon" durchaus gelohnt hat, zeigen sie eindrucksvoll an vielen Stellen. Ich freue mich auf den
Nachschlag der "Neon"-Tour in diesem Jahr!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Leoni Dowidat