SULAMITH - Passion (Demo EP)
Mehr über Sulamith
- Genre:
- Modern Thrash/Death
- Label:
- Eigen
- Release:
- 26.04.2013
- Earthlings
- Love The Lord
- Lost Resistance Army
- Carnage Certainty
Roher Brutalo-Thrash-Happen mit einer Ahnung von Tiefgang
SULAMITH, das neu formierte Abrisskommando einiger Veteranen der Paderborner Metalszene, legt mit "Passion" einen kompakten 4-Tracker vor, um sich in der weiten, übersättigten Welt des Modern Death/Thrash Metal Gehör zu verschaffen. Kein leichtes Unterfangen, sich von dieser endlosen Masse an mitunter bockstarken Metal-Bataillonen abzuheben und auch nur entfernt so etwas wie dauerhaft wiedererkennbare Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Aber keine vorschnellen Urteile, widmen wir uns vielmehr den Geschützen, welche die Westdeutschen in Stellung bringen.
'Earthlings' eröffnet wild stampfend und thrashend das Gefecht; dabei hört man der Band eine gewisse Affinität zu MACHINE HEAD oder LAMB OF GOD an, allerdings nuanciert genug, um nicht als Kopie abgestempelt werden zu müssen. Der brutale, deathlastige Gesang schlägt ohnehin in eine andere Kerbe als die Vorbilder aus Übersee, und beim Vers klingt zudem eine deutlich abgedrehtere Tonlage an: Zerhacktes Drumming und dissonante Gitarren erinnern an DILLINGER ESCAPE PLAN'schen Wahnsinn, bevor das wilde Gemetzel wiederum in einen gesetzten, recht eingängig-thrashigen Chorus mündet. Damit wäre die Grundrezeptur hinreichend beschrieben. Tiefes Riffing und rollende Bass-Blasts leiten über zur nächsten Attacke – Modern Death/Thrash, gefällig, kompositorisch ausgetrampelte Pfade bemüht (und zumeist gekonnt) umgehend. Neu ist das alles dennoch mitnichten. Daneben strapazieren der hier und da etwas unangepasste Schlagzeugsound sowie die gelegentlich übertrieben böse röchelnden Vocals das Nervenkostüm – diese Unausgewogenheit sei aber mal dem Demo-Charakter der Platte in Rechnung gestellt. Mit 'Love The Lord' praktiziert die Band als nächstes aggressives, für meinen Geschmack etwas plattes Religions-Bashing, musikalisch im Stile von WHITECHAPEL, in Form einer routinierten Death-Hymne: Mag auch das melodische Chorus-Lead für Déjàvu-Effekte sorgen, ist die Rezeptur doch rundum stimmig – das Teil dürfte live den Pit zum Kochen bringen und selbst Mutti hinterm Biertresen zum Headbangen animieren.
'Lost Resistance Army' beginnt anschließend zunächst wie ein schmerzhafter, etwas uninspirierter Fausthieb in Form einer genreüblichen Deathcore-Attacke und zerdeppert völlig humorlos die gesamte Inneneinrichtung, entfaltet jedoch, zunächst nur angedeutet, am Ende schließlich in voller Pracht, einen tragischen, melodiös-atmosphärischen Überbau. Das abschließende 'Carnage Certainty' bestätigt ebenfalls einmal mehr die These, dass weniger gerade bei Death Metal-Kapellen oftmals mehr sein kann: Etwas weniger Tempo, etwas weniger Lärm, schon ist Platz für Spannung, Nervenkitzel, Tiefgang. Ein ebenso schlichtes wie eingängiges Riff zieht sich durch diese zunächst eher getragene Nummer, und im Wechsel mit den abermals ungestüm tobenden Versen bildet sich eine faszinierend fesselnde Einheit heraus. An dieser Stelle gerät der zunächst skeptische Hörer ins Grübeln, was diese engagierte Truppe auf einem vollwertigen Longplayer noch so alles auffahren würde.
Lange Rede, kurzer Sinn: SULAMITH schaffen es, trotz kleinerer handwerklicher Schwächen und einer immensen Konkurrenz an artverwandten Bands einen interessanten Appetitanreger abzuliefern, und machen neugierig auf ein mögliches Debütalbum. Ob der eindeutige Bezug auf Paul Celans "Todesfuge" angemessen genutzt und lyrisch und musikalisch umgesetzt werden kann, lässt sich bislang (noch) nicht beurteilen. Die Gratwanderung hierbei ist jedenfalls schmal; zahllose musikalische Interpreten haben bei dem Versuch einer Annäherung an das brisante Werk Schiffbruch erlitten. Warten wir’s ab, ob SULAMITH den richtigen Zugang finden.
- Redakteur:
- Timon Krause