SYCRONOMICA - Sycroscope
Mehr über Sycronomica
- Genre:
- Symphonic Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Silverwolf Productions/SPV
- Release:
- 23.10.2009
- Preludium III
- Kaleidoscope
- Realm Of Dust And Ashes
- The Call
- An der Schwelle
- Nebelgestalt
- Embers
- Ground On Fire
- Geleit ins Moor
Ein infernalischer Sturm erhebt sich: Moderner Symphonic Black Metal at its best.
"Und plötzlich ist es da!" screamt Oliver Walther ins Mikro und meint damit zwar die besungene 'Nebelgestalt', man könnte es aber durchaus auch auf das nun erschienene und langerwartete neue Album von SYCRONOMICA beziehen. "Sycroscope" heißt es, das neueste Werk der deutschen Hoffnung im Symphonic
Black Metal und um es vorweg zu nehmen: Es geizt nicht mit Höhepunkten. Ja, fast scheint es so, als wäre die Quantität der drei Jahre zwischen "Gate" und "Sycroscope" von der SYCRO-Maschinerie direkt in Qualität umgewandelt worden, denn das neueste Album ist majestätisch, dunkel und... groß.
Perfekt eingestimmt durch das mysteriöse Artwork von Drummer Michael Bayer, auf dem drei schwarze, Gänsehaut erregende Nebelgestalten vor einer epischen Kulisse ihren Beschwörungstanz vor grünem Feuer aufführen, bei dem der kleine Mensch allenfalls eine untergeordnete, ja, ängstlich beobachtende Rolle einnimmt, erwartet den Hörer beim Intro 'Preludium III' eine Überraschung: SYCRONOMICA konnten für ihr neuestes Output einen waschechten Tenor gewinnen. Dessen erhabener Gesang leitet direkt in den ersten Kracher des Albums über: 'Kaleidoscope'. Dieser Song ist mit einer derart eindrücklichen und vor allem eingängigen Songstruktur gesegnet, dass wir hier nicht nur die Geburt einer neuen Bandhymne miterleben, sondern dass damit ein infernalischer Sturm aus dem Süden der Republik aufzieht, der die gesamte Szene des melodischen Black Metals überziehen wird. Spätestens mit dem Duett zwischen den teuflischen Screams von Oliver und dem getragenen, herzzereissenden Gesang des Tenors wurde der Welt ein Stück Musikgeschichte geschenkt.
SYCRONOMICA verbuchen neben den komplexen Melodiearrangements eine druckvolle Rhythmusarbeit, welche aus dem energiegeladenen Drumming Michael Bayers in Verbindung mit teils recht rockigen Riffs in bestem Highspeed-Black'n'Roll-Manier entsteht. Dabei vergisst man aber genauso wenig die Wurzeln, wie das recht klassische Black-Metal-Inferno 'Realm Of Dust And Ashes' beweist, noch verliert man sich in endlosen Blast-Symphonien. Nein, vielmehr lebt das Album von ruhigen Passagen, hintergründigen Schattenspielen, subtilen Momenten, die sich wie auf Spinnenbeinen ihren Weg ins Ohr suchen und sich dort festbeißen – nur um dann mit noch böseren Hassbatzen zu glänzen und den Hörer auf einen Weg ohne Wiederkehr in Richtung Hölle zu schicken.
Ihr seht, ich bin begeistert – und das kommt nicht von ungefähr: Vom eigentlich recht starken, aber ziemlich in musikalischen Klischees und Plattitüden der von DIMMU BORGIR losgetretenen und kommerziell ausgerichteten Black-Metal-Szene fußenden "Gates" zu "Sycroscope" hat die Band eine derart erfreuliche Wandlung durchgemacht, die mich schlicht mitreißt. Natürlich bleiben damit SYCRONOMICA trotzdem ihrer Bandgeschichte treu. Aber das ist auch gut so. Und ja, nach wie vor erhält sich die Band ihren Status als die DIMMU BORGIR Deutschlands. Aber das ist keineswegs negativ, denn seien wir doch mal ehrlich: Der Black Metal unserer Tage ist nicht nur schon lange bereit für Progression, vielmehr können wir auf zwanzig Jahre Musikgeschichte dieses schwarzen Genres zurückblicken, die von Neuerungen und Innovation nur so strotzen. Und SYCRONOMICA emanzipieren sich von ihren Vorbildern und tun genau das, was ich mir grundsätzlich von Bands wünsche: Sie sind mutig und probieren etwas aus und erheben sich dadurch selbst zu einer festen und ernstzunehmenden Größe.
Wenn sie damit eines der besten melodischen Black-Metal-Alben seit MISTELTEINs "Rape In Rapture" abliefern, ist es umso trauriger, wenn sich dann immer wieder Listen in den "wichtigen" Printmagazinen unserer Tage finden, wo (musikalisch) minderbemittelte Redakteure meinen, völlig aus der Luft gegriffene Aufstellungen der wichtigsten Black-Metal-Alben aufstellen zu müssen. Sie klammern einen Großteil des modernen Black Metals schlicht aus, und das zeigt doch, wo die Szene zur Zeit steckt: Im Sumpf ihrer eigenen, verqueren Kult-Logik. Und all jenen, für die diese Liste Gott ist, wird auch der "Sycroscope" zu modern, zu kommerziell, ach, zu poppig sein. Doch diesen Ewiggestrigen strecken SYCRONOMICA durch ihr tolles Album den gestreckten Zeigefinger ins Gesicht und schicken sie mit einem traurigen Blick und voller Mitleid auf das 'Geleit ins Moor'.
Fazit: Für alle anderen, die ihre Scheuklappen in die Müllverbrennungsanlage geworfen haben und Lust auf komplexen, melodischen, dramatischen, romantischen und schlicht epischen, modernen Black Metal haben, für alle anderen, bei denen Bands wie DIMMU BORGIR, MISTELTEIN oder BORKNAGAR freudige Gänsehaut erzeugen - für die ist dieses Album schlicht und ergreifend ein Muss! Ich persönlich wünsche SYCRONOMICA, dass sie mit diesem Album durchstarten, denn die Weichen sind gestellt und die Jungfrauen liegen auf ihren Altären bereit.
Anspieltipps: Kaleidoscope, Realm Of Dust And Ashes, Nebelgestalt, Geleit ins Moor
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer