SYLVAN - Presets
Mehr über Sylvan
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- ProgRock/Point
- Release:
- 19.02.2007
- One Step Beyond
- Signed Away
- For One Day
- Former Life
- On The Verge Of Tears
- When The Leaves Fall Down
- Words From Another Day
- Cold Suns
- Hypnotized
- Heal
- Transitory Times
- Presets
Das Problem von "Presets" ist sein überragender Vorgänger. SYLVAN haben mit "Posthumous Silence" ein emotional tief berührendes und musikalisch hochwertiges Konzept-Album vorgelegt, dass es nur äußerst knapp nicht an die Spitze meiner persönlichen Jahrescharts 2006 schaffte. Lediglich als Danke schön an die Fans gedacht, entpuppte sich das fünfte Studio-Werk der Hamburger als ihr bisher größter Erfolg - was eigentlich der Auftrag von "Presets" gewesen wäre. Auf diesem zweiten der beiden gleichzeitig entstandenen, dabei vom Ansatz her denkbar unterschiedlichen "P"-Alben wollen SYLVAN sich mit kürzeren und eingängigeren Stücken einen größeren Kreis von Rockfans erschließen. Natürlich bleiben dennoch die bewährten Stilmittel - allen voran Marco Glühmanns herausragende Stimme - erhalten, erreichen drei der zwölf Songs prog-kompatible Spielzeiten. Trotzdem fällt es vorab schwer, den Vergleich mit "Posthumous Silence" völlig unter den Teppich zu kehren.
Zum Glück macht 'One Step Beyond' den Einstieg denkbar leicht, hat die zunächst gemächlich basslastig-groovende Sieben-Minuten-Nummer doch einen dieser explosionsartigen Hammer-Refrains, bei dem man seine imaginären Flügel ausbreiten und sich von Marcos Gesang davontragen lassen möchte. Bereits bei diesem Über-Song macht sich eine sich durch das komplette Album ziehende, angenehm poppige Leichtigkeit breit, ohne dabei jedoch den gewohnten Tiefgang vermissen zu lassen. Doch auch der auf "Posthumous Silence" positiv notierte Effekt, die Texte stets mit den passenden Stimmungen zu unterlegen, wird auf "Presets" konsequent umgesetzt. Erzählte das optimistische 'One Step Beyond' soeben noch von einer frisch entbrannten Liebe, wird in dem leisen, melancholischen 'Signed Away' der Verlust einer eben solchen gefühlvoll intoniert. 'For One Day' ist ein kurzes schnelles Stück mit rockig-mitreißendem Rhythmus und einer hübschen Cello-Passage. Vom hoffnungslosen Ende einer langjährigen Beziehung kündet das von bedächtigen Piano-Parts geprägte, im Refrain dramatisch anschwellende und ebenfalls die Sieben-Minuten-Grenze knackende 'Former Life'. Eher schlicht, aber mit einem wundervoll bildhaften Text versehen ist das folgende 'On The Verge Of Tears', in dem man die nahende Tränenflut förmlich spüren kann. Der ungewöhnlichste Track dürfte das von elektronischen Beats begleitete 'When The Leaves Fall Down' sein - mysteriös, düster und verstörend erzählt es von einer Situation, wo man buchstäblich vor dem Nichts steht. Das nur vom Klavier interpretierte 'Words From Another Day' ist vermutlich als Zwischenstück zu verstehen, ist "Presets" doch in eine A- und B-Seite aufgegliedert.
Den zweiten Teil leitet das dezent jazzige 'Cold Suns' ein, dessen Refrain auf mich ähnlich "beflügelnd" wirkt wie der des Openers. Mit 'Hypnotized' folgt der zweite, extrem tanzbare potentielle Hit mit einem ungewöhnlich positiven, aber gut zum treibenden Beat passenden Text. 'Heal' ist ein perfekter Chill-Out-Song im lässigen Fingerschnips-Rhythmus. Beim entrückten 'Transitory Times' - einem der entzückendsten Liebeslieder, das ich seit langem gehört habe - bekommt das Schlagzeug eine tragende Rolle. Der knapp dreizehnminütige Titeltrack schließlich fährt nochmals volles Geschütz auf und erschafft von dem von Klarinetten-Tönen untermalten Intro über den vertrackten Zwischenteil, den hymnischen Chorus, den unerwartet harten Frickelpart, die düsteren Überleitung bis hin zum von Gastsängern begleiteten Finale einen tollen Spannungsbogen.
Unabhängig davon, dass "Presets" kein Konzeptalbum ist, kann man sich dennoch wahlweise in seinen Texten verlieren oder von seiner wundervollen Musik begeistern lassen. Ein "kommerzielles" Werk im negativen Sinne ist es ganz bestimmt nicht, sondern - wie nicht anders von SYLVAN zu erwarten - sowohl in den kurzen als auch den langen Songs ganz große Kunst!
Anspieltipps: One Step Beyond, For One Day, Cold Suns, Transitory Times, Presets
- Redakteur:
- Elke Huber