SYSTEM DECAY - Gun
Mehr über System Decay
- Genre:
- Melodic Death Metal / Metalcore
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- The Leaders Group
- Release:
- 13.06.2014
- Our Voices
- All I Left Behind
- The Gun
- M Means Nothing
- Distant Future Skies
- Storm The Heavens
- Home
- Burn Away Lies
Tausendmal gehört, endlich wieder gut
Mir ist selbst schleierhaft, wieso ich SYSTEM DECAY und dem von der Band praktizierten klassischen Metalcore plötzlich mehr abgewinnen kann als der Musik jener Flut an Klonen von AT THE GATES, KILLSWITCH ENGAGE, AS I LAY DYING und Konsorten. Die Vorgehensweise der vier Griechen auf ihrem Debütalbum "Gun" gleicht jener der Vorbilder und zahlreichen Nacheiferer oft wie ein Ei dem anderen. Und dennoch gelingt es SYSTEM DECAY, mich erstmals seit Jahren wieder mit traditionellem Melodic Death / Modern Metal zu überzeugen und zu begeistern.
Die Riffs von AT THE GATES, die Gitarrenläufe von IN FLAMES, Grooves und Breakdowns von BLEED FROM WITHIN, PARKWAY DRIVE und... ach was weiß ich denn. Worauf ich hinauswill sollte klar sein: Alleinstellungsmerkmale sind bei den vier Herren aus Athen praktisch Fehlanzeige. Und doch kommt dieser nun schon seit Jahren altbekannte Mix auf "Gun" mit einem Mal wieder erfrischend und mitreißend daher. Der Opener 'Our Voices' drückt gleich dermaßen mächtig alles an die Wand was in den letzten Jahren an vergleichbarem Material geliefert wurde, dass es eine wahre Freude ist. Melodische Gitarren über rollenden Drums, fetten Riffs und wiederkehrend rhythmisch durchbrochenen Versen, dazu wüstes Geschrei sowie hier und da wehmütiger Gesang – nein, neu ist das nicht, weiß aber in diesem Fall endlich wieder zu gefallen. Die acht aktuellen Songs von SYSTEM DECAY stehen für eine sehr effiziente Herangehensweise an eine im Prinzip nur noch wenig aufregende Thematik. Hier sitzen die Breaks, die Gitarrenläufe wissen zu fesseln, und mit Sänger Aris Labos steht der Trumpf der Helenen schließlich am Mikro: Ein solch eindrucksvolles Schreiorgan haben beileibe nicht alle gutturalen Stimmkünstler zu bieten. Die Klargesangspassagen auf "Gun" fallen teilweise zwar etwas unfertig aus, können gegen Ende des Albums aber letztlich doch noch überzeugen: Beim königlichen 'Storm The Heavens' und dem aufwühlenden Abschluss 'Burn Away Lies' bretzeln die Stahlsaiter, wütet das Schlagzeug, verheert Mr. Labos urgewaltig und reißt mit den eingängigen, tragischen Refrains schließlich endgültig alle Bedenken in Stücke. Melodic Death aus Griechenland gewinnt keinen Innovationspreis, darf sich aber im großen Heer der Nachahmer der Göteborg-Schule und des (ehemaligen) Modern Metals durchaus zur Spitze zählen.
Nur was das Soundgewand angeht, sind die Rollen leider vertauscht: Den wenigsten Metalcore-Bands kann man – bei aller Kritik bezüglich musikalischer Einfallslosigkeit – Makel im Klangbild vorwerfen. Ausgerechnet SYSTEM DECAY liefert (zumindest in der mir vorliegenden Version) eine alles andere als optimale Abmischung zwischen Schlagzeug und Gitarren ab; viel Lärm, Bass und Getöse. Es spricht für die Qualität der Songs, dass dieses Manko in meinen Augen respektive Ohren nur zu einer Abwertung im kleinen Rahmen führt.
Innovativen Metalcore können aktuell wohl nur die Kreativköpfe von AUGUST BURNS RED oder SCARS DIVIDE für sich reklamieren. Dennoch: "Gun" ist ein leuchtendes Beispiel in einem trüben Meer an Langeweile und Eintönigkeit. Ich sage nicht dass SYSTEM DECAY das Rad neu erfindet oder die Genreklassiker in den Schatten stellt, doch wer sich an melodisch-modernem Todesstahl sattgehört hat, dem Genre aber nicht prinzipiell ablehnend gegenüber steht, sollte mal bei SYSTEM DECAY ein Ohr riskieren. Im Übrigen steht die Band nun in einer Reihe mit Bands wie PSYCHO CHOKE und SLAVEATGOD, die jeweils auf ihre Art und Weise vorzüglichen modernen Metal aus Griechenland liefern.
Anspieltipps: Storm The Heavens, Burn Away Lies, Our Voices
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause