TAAKE - Et Hav Av Avstand
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/23
Mehr über Taake
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Dark Essence / Karisma / Soulfood
- Release:
- 01.09.2023
- Denne Forblaaste Ruin Av En Bro
- Utarmede Gruver
- Gid Sprakk Vi
- Et Uhyre Av En Kniv
Bei aller Unaufdringlichkeit stets spürbare Klasse mit viel Tiefgang.
Sechs karge Jahre, so lange wie nie zuvor, hat es gedauert, bis wir das achte Studioalbum von TAAKE in Händen halten durften. Veröffentlichte Vordenker Hoest seine bisherigen sieben Langspielplatten stets im stoischen Rhythmus von drei Jahren, so ließ er sich dieses Mal doppelt so lange Zeit, wobei nicht verheimlicht werden soll, dass exakt inmitten dieser albenlosen Phase eine Trilogie von Split-EPs erschienen war, die letztlich auch zur Compilation "Avvik" zusammengefasst wurde. So wurde dem TAAKE-Fan diese Dürrephase natürlich erträglicher und die Vorfreude auf das Albumcomeback auch umso größer.
Nun ist es soweit, Hoest legt uns mit "Et Hav Av Avstand" sein Achtwerk vor. Ein Album, das wie immer den Protagonisten in ikonisch-grotesker Pose auf dem Artwork präsentiert, von HELHEIMs H'grimnir wunderbar inszeniert, eindrucksvoll in die Ferne schweifend, gleichwohl völlig verschlossen über eben jenes Meer des Abstands blickend. Nicht weniger bemerkenswert ist die Musik schon unter formellen Gesichtspunkten, denn auf dem neuen Werk finden sich insgesamt nur vier Stücke mit einer Gesamtspielzeit von einer knappen Dreiviertelstunde, also gut über zehn Minuten im Schnitt pro Song. Schon daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass sich Hoest ein gutes Stück weit von den oft doch eher rock'n'rolligen, eingängigeren Klängen der letzten drei Alben entfernt haben könnte, was sich auch direkt bestätigt.
Schon der Opener, diese verwitterte Ruine einer Brücke, ein stattlicher Zwölfminüter von einem Song, über die grimmig der Westwind hinweg braust, durch den Hoest seine hoffnungslose, weltabgekehrte Botschaft haucht, flüstert, schreit und rezitiert, beeindruckt. Er nutzt die gesamte Bandbreite seines Gesangsspektrums, was die episch angelegte Nummer ebenso abwechslungsreich gestaltet wie packend. Das Hauptriff ist getragen und offenbart eine doomige Heaviness mit Anflügen von CELTIC FROST, doch erfährt das Stück durch wunderbare, flotte, melodische Leadgitarren und sehr markante, teils gegenläufige, stets jedoch punktgenau akzentuierte Basslicks eine spielerische Tiefe, die im Feld des traditionellen Black Metals durchaus ihresgleichen sucht und nur selten findet.
Bedient das Klangbild der Scheibe, oberflächlich betrachtet, alle Klischees der zweiten Black-Metal-Welle und damit auch die Bedürfnisse der Fans derselben, so lohnt sich ein genaues Hinhören fraglos, denn trotz der flirrenden Gitarren, trotz der halligen, höhenlastigen Produktion, ist hier alles völlig transparent, dynamisch und differenziert in Szene gesetzt. Gerade der Bass spielt eine tragende Rolle, das Drumkit ist lebendig arrangiert und weder zu dominant noch zu hintergründig eingesetzt, die Lautstärkeverhältnisse aller Parts sind ausgewogen, und wenn am Ende des Stücks ein herrliches Gitarrensolo und eine agonische Coda hinzutreten, dann kann man meines Erachtens nur staunen und den Hut vor dem herbstlichen Alleinunterhalter ziehen.
Was für ein Einstieg, nach der vieljährigen Diaspora, und der direkte Nachschlag über die bis zur Neige erschöpften Minen der Seele besingt in nicht minder eindringlicher Weise die Elegie der Selbstausbeutung, hochmelodisch und doch karg und schroff, verspielt doch gleichsam reduziert und mantrisch. Ein wunderbares, eindringliches, zugleich bedrückendes und erhabenes Stück. Der folgendes Sechsminüter 'Gid Sprakk Vi' ist dann das mit Abstand kürzeste Stück der Scheibe und hierbei am ehesten urklassische TAAKE-Kost, hackendes Uptempo mit gelegentlichen dezenten Ausbrüchen nach oben und doomigen Verschleppungen nach unten, doch straight durchgezogen, ohne nennenswerte progressive Momente: Es wird basischer TAAKE-Sound vom Fass geboten, mit all seinen Vorzügen, und ein ziemlich guter Anheizer für das Finale.
Für 'Et Uhyre Av En Kniv' müssen wir uns fast einen Viertelstunde Zeit nehmen, und diese dreizehn Minuten haben es in sich. Der Einstieg verbindet eine geisterhafte, flirrende Gitarrensphäre vor einem trotz der blastenden Drums sehr getragenen, doomigen Grundtempo, bevor sich das ganze kurzfristig um 180° dreht und der Herzschlag des Songs viel schneller und hackender wird, dafür die Leadgitarrenmelodie mächtig im Tempo reduziert und dann nach und nach das Stück fast bis zur Generalpause heruntergefahren wird. Nur der Bass und eine stoische Snaredrum lassen erkennen, dass die Pumpe noch am Schlagen ist. Dann nimmt die Sache langsam und stetig wieder an Fahrt auf, bevor sie dann im Mittelstück regelrecht explodiert.
Dieser Song und letztlich das ganze Album zeigen einmal mehr rundum eindrucksvoll, wieviel Liebe zum Detail und wieviel progressiver Spirit in Hoests Musik steckt, auch wenn er uns das nicht aufdringlich oder prätentiös unter die Nase reiben muss, weil die Klasse und der Tiefgang stets spürbar sind. "Et Hav Av Avstand" kann man mit Herz und Seele hören, sich dabei wunderbar fallen lassen und schlicht die Stimmung in sich aufsaugen und sich von ihr an unwirtliche Gestade des Seelenwinters tragen lassen. Man kann es aber auch hochkonzentriert mit dem Hirn hören und darin ganz viele tolle Stilelemente, unverhoffte Twists und spielerische, kompositorische und klangtechnische Finessen entdecken. Für mich daher die beste TAAKE der letzten zehn Jahre und ziemlich klar mein Album des Monats September 2023.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle