TALES OF MIKE - Landscape Of Sorrow (EP)
Mehr über Tales Of Mike
- Genre:
- Doom/Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Fetzner Death Records
- Release:
- 04.01.2024
- RIP (Landscape Of Sorrow)
- LSD Butterfly
- Under The Pale Moonlight
Einzigartiger und emotionaler Genre-Stilmix in weniger als 15 Minuten.
Von TALES OF MIKE hatte ich vorher noch nie etwas gehört, der Bandname klingt aber erst einmal nicht uninteressant und lässt auf den ersten Blick nicht wirklich vermuten, welches Genre sich hier hinter der Musik verbirgt. Eine kurze Recherche auf der Seite des Plattenlabels beantwortet aber erste offene Fragen: Wir haben es hier nicht mit einer Band im klassischen Sinn zu tun, sondern mit einem Ein-Mann-Projekt und dem ersten musikalischen Lebenszeichen des Musikers Mike Heß, der auf der drei Songs umfassenden EP unter anderem den Tod seines 2010 verstorbenen jüngeren Bruders künstlerisch verarbeitet, der seinerzeit ebenfalls in diversen Bands musikalisch aktiv gewesen ist. Die entsprechend tiefsinnigen und teilweise sehr berührenden Texte für "Landscape Of Sorrow" wurden indes komplett von Mike Heß' Tochter verfasst.
Wer selber schon einmal einen sehr nahestehenden Herzensmenschen verloren hat, weiß natürlich, dass die durch solch einen tragischen Verlust entstanden Narben und Wunden sich nie vollständig schließen lassen. Diesen Prozess dann zwecks eigener Auseinandersetzung mit den damit verbunden Erinnerungen zusätzlich noch in künstlerische Formen zu gießen und aufzuarbeiten und sich hierdurch einer breiten Öffentlichkeit zu offenbaren, mag einem viel, in gewissen Momenten vielleicht sogar zu viel abverlangen, gebührt auf der anderen Seite aber auch allerhöchsten Respekt und Anerkennung.
Was erwartet uns nun aber auf musikalischer Ebene in den folgenden knapp fünfzehn Minuten? Der erste Song 'R.I.P. (Landscape Of Sorrow)' startet mit elegischen, verträumten Gitarrentönen, die an die mittlerweile leider verblichene Truppe MAYFAIR aus Österreich erinnern und verwandelt sich im folgenden Verlauf in einen bezaubernden, aber lupenreinen Epic-Doom-Metal-Song. Riffing, wie man es selbst von so manch gestandener Kapelle aus diesem Segment nicht allzu oft hören darf; dazu dezente, aber wohl dosierte Tempowechsel und bei mir entstehende Gedanken-Flashbacks an SAVIOUR MACHINE, THE 3rd AND THE MORTAL und THE GATHERING zu "Mandylion" -Zeiten lassen mich hier schnell gewahr werden: Das ist Musik, die mich tief bewegt und sich schnurstracks und ohne Umwege Bahn in mein musikalisches Hörerherz bricht. On top dann der perfekt eingesetzte Wechsel in den richtigen Momenten von Growls und cleanen Vocals des argentinischen Gastsängers Gonzalo Civita (HELÉH, TRIBAL) - Chapeau! Dass man aber selbst auf einer kurzweiligen 3-Track-EP überrascht werden kann, beweist dann bereits der zweite Song 'LSD Butterfly', der sich schon nach wenigen Augenblicken als wahrer Nackenbrecher mit schneidenden Stakkatoriffs entpuppt, für die Mike Heß persönlich verantwortlich zeichnet - im Gegensatz zu den Soloparts, für die hier und im dritten und letzten Song der erst 22 Jahre junge und überdurchschnittlich talentierte Gastgitarrist Henrik Schaller gewonnen werden konnte. Trotz der auch hier wieder verwendeten Wechsel von Extrem- und Klargesang von Civita, der wirklich über eine erstaunlich weite gesangliche Range verfügt, könnte man hier und da kurzzeitig vermuten, es mit einem HELSTAR-Song aus der Spätphase der Band zu tun haben. Auch im abschließenden dritten Song 'Under The Pale Moonlight' bleibt es rasant und speedlastig. Das trägt mitunter schon progressiv angehauchte Züge von Black Thrash, die uns hier um die Ohren gehauen werden. Und auch hier wird das Tempo im richtigen Moment wieder gedrosselt. Timing heißt hier das große Zauberwort.
Bei der hier vorliegenden hohen musikalischen Qualität verwundert es schon ein wenig, warum Mike Heß erst jetzt musikalische Spuren zu hinterlassen beginnt. Spuren, die nach einem solch starken Ausrufezeichen in Form dieser fantastischen und facettenreichen EP geradezu danach schreien, weitere musikalische Pfade zu betreten. Und so wünsche hoffentlich nicht nur ich mir, dass in naher Zukunft auch auf Albumformat weitere Glanztaten dieser Art auf uns zukommen mögen. Bis dahin kann man das recht kurzweilige, aber grandiose Erstlingswerk für acht Euronen plus Versandkosten entweder über bandcamp oder die Homepage der Plattenfirma erstehen.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Stephan Lenze