TEAM SCHEISSE - 20 Jahre Drehorgel
Mehr über Team Scheisse
- Genre:
- Deutschpunk
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- SoulForce Records
- Release:
- 07.03.2025
- Lok
- Alle meine Hobbies
- Altbauwohnung
- Kaffee die Tage
- Raufasertapete
- Cop Killer von Body Count
- Pluto
- Raucherpausenvibes
- Spuckstein
- Mittelfinger
- Beige
- Der Wirtschaft
- Ikeamensch
- Erwachsenencosplay
- Wo ich bin ist die Party (die Party bin ich) (ich bin die Party)
Buona Sera, Zwangsveganisierung! TEAM SCHEISSE zur Lage der Nation. Roh, rotzig, oldschool!
Die Bremer Stadtmusikanten von TEAM SCHEISSE bitten aufs Neue zum Pogo Dance und hauen uns in diesem Zusammenhang gleich mal ihr viertes Studioalbum (und drittes Major-Album) "20 Jahre Drehorgel" um die Ohren. Musikalische Änderungen, neue Einflüsse, Gastsängergedöns, bessere Produktions- und Aufnahmebedingungen und all der Quatsch? Fehlanzeige. Zum Glück. Das Promogeplapper im Pressetext meint dazu: "Nach ihrem letzten Album 042124192799 hat die Band tief in die Trickkiste gegriffen und etwas getan, was sich die wenigsten trauen: alles so lassen wie es ist. Alles nochmal genauso machen. Wut bleibt Wut, geil bleibt geil. Inhaltlich wird sich mit Mietpreisdeckelung, Podcastperversionen, Deutschland, Deutschland und Deutschland auseinandergesetzt. Im Prinzip monothematisch, jetzt wo wir drüber nachdenken. Ein Konzeptalbum, wenn man so will." Eigentlich alles gesagt. Review durch, Deckel druff, gute Reise und ab dafür! Danke schön, bitte schön.
Ja gut, äh, alles klar. Ein paar Worte in eigener Sache sollen es dann doch noch gerne sein von meiner Seite. Einen verdammten Scheissriesenbock macht die neue Platte nämlich mal wieder. Mit Betonung auf "Platte" ganz nebenbei bemerkt, denn auch mit dem neuen Langdreher bleibt die Truppe ihren Verkaufsprinzipien treu: Only Vinyl, no other Shit!
Zeitlich absolut passend zur Bundestagswahl nebst Nebenkriegsschauplätzen etc. pp und all dem kaputten Irrsinn, der gegenwärtig so auf uns alle einprasselt, kommt die Band mit Texten um die Ecke, die treffsicherer den ganzen Zirkus da draußen nicht besser auf den Punkt bringen könnten. Nichts im Leben ist so entsetzlich und trostlos, als dass man nicht auch darüber lachen könnte bzw. müsste. Und so erzählen die wieder einmal komplett grandiosen Lyrics, irgendwo angesiedelt zwischen dem anarchischen Dadaismus eines Jens Rachut (u.a. DACKELBLUT, ANGESCHISSEN, KOMMANDO SONNE-NMILCH, OMA HANS) und der Situationskomik eines Heinz Strunk, von allerhand abstrusen und irrwitzigen Geschichten und situativen Polaroid-Momenten aus den menschlichen Umlaufbahnen dieser Republik. Und wenn die eigenen Wortschöpfungen einmal nicht ausreichen, greift man wie auf vergangenen Veröffentlichungen einfach auf Originalzitate und Sprachsamples von bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten zurück ('Altbauwohnung', 'Raufasertapete', 'Pluto' und 'Der Wirtschaft'), denn auch hier gilt natürlich: Nichts ist besser und schlagender als das Original. Musikalisch ist das, wie gehabt, alles wieder grundehrlicher Schrammelrotz-Punk vom Allerfeinsten mit simpelsten, aber endgeilsten Akkordfolgen, die sich hier wieder ohne Umschweife und auch ohne die Zufuhr von billigem Dosenbier im Nu auf der musikalischen Hirnfestplatte festsetzen und von dieser bis auf Weiteres auch nicht mehr weichen möchten. Mission Albumhör-Dauerschleife successfully completed!
Mal schwingt ein wenig NEUBAUTEN-Feeling mit ('Pluto'), mal durchkreuzen Ska-Vibes den Song ('Raucherpausenvibes'), ein andermal kommen dezent Hardcore-Elemente ('Spuckstein') und Hip Hop/Rap-Einsprengsel ('Erwachsenencosplay') zum Vorschein. Klar, dass zwischendurch dann auch in bester Zwei- bis Dreiakkord-Manier, überwiegend bestens gelaunt und schön assig, munter vor sich hingeschrubbt wird ('Lok' mit herrlich schrägem Gitarrensolo, 'Beige' und 'Ikeamensch'). Kurzum: Die Scheibe tritt Arsch, und zwar gewaltig, Genossinnen und Genossen der subversiven Krawallmusik! Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Sänger Timo Warkus hier wie gehabt immer mal wieder schön geschmeidig und sicher am Zielton vorbei kläfft und die Klampfen gelegentlich einfach mal schön ungestimmt an die Verstärker angeschlossen wurden. Gehört aber bekanntlich alles dazu zum "Konzept" TEAM SCHEISSE! Und auch wenn die Band mittlerweile in recht schneller Geschwindigkeit mittelgroße Hallen ausverkauft und auch mal bei Jan Böhmermanns Show auftaucht, um den ohnehin schon großen Bekanntheitsfaktor nochmals zu potenzieren: In Sachen Deutschpunk (mit lässiger, sarkastischer DIY-Entertainment-Note) führt auch nach wie vor überhaupt kein Weg an den Nordlichtern vorbei! Ausverkauf/Mainstream hin oder her.
Also, die Temperaturen steigen, Balkon und Parks rufen. Gelegenheit also, das Teil schön laut aufzudrehen und, beseelt durch Musik und Text, beim legeren Promenieren durch die Gegend zwischendurch mal humorlos an den Türen der umliegenden 'Altbauwohnung'(en) zu hämmern. "Ich glaub', das ist ein guter Plan / Ich kack' in jedes Souterrain / Ich hoff', die Mieten sinken dann." Ist doch durchaus mal einen Versuch wert, wenn sonst schon keine andere Lösung in Sicht ist. Richtig richtig geile Pladde, Digga!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Stephan Lenze