TENOCHTITLAN - Chac Och-Ut
Mehr über Tenochtitlan
- Genre:
- Ethno Ambient / Funeral Doom
- Label:
- Metalism / Russland-Import
- Release:
- 27.04.2006
- Och Vitz Ngui P'i Xo-Xot
- Astlan - A Way Made Of Dark Stone
- Can Quitlaz In Huelic Xochimeh
- A Place Where Gods Are Born
- A Toltek Artist
- Jaguar Epoch
- Ha Ki-Um U Poc Av
- Tsompantly
- Four Sides Of Paradise
- Ch'e'nal
Kurze Zeit nach ihrem sehr starken, unglaublich innovativen, aber etwas sperrigen Debüt legen die russischen Mittelamerika-Fans von TENOCHTITLAN ihre zweite Scheibe vor, welche auf den Titel "Chac Och-Ut" hört. Dabei ist sich das Quartett stilistisch weitgehend treu geblieben, hat jedoch in Sachen Eingängigkeit und Nachvollziehbarkeit deutlich zugelegt. So gibt es mittlerweile nicht mehr nach jedem regulären Stück ein ellenlanges Instrumental und auch strukturell sind die Lieder leichter zu verdauen.
Eine weitere Änderung, die mir sehr positiv auffällt, ist, dass LeftHander mit seiner eindrucksvollen dunklen Growlstimme dieses Mal deutlich mehr Passagen singen darf, als noch auf dem Debüt "Epoch Of The Fifth Sun". Dabei agiert er nach wie vor im Zusammenspiel mit Ereshs klarem Gesang und Senmuths bissigen Vocals. Dazu kommt noch, dass sich Eresh inzwischen auch einer echten Flöte bedient, so dass das Soundgewand noch ein bisschen authentischer wirkt als zuletzt. Das führt schon beim von LeftHander auf indianisch gesungenen Opener 'Och Vitz Ngui P'i Xo-Xot' dazu, dass ein ganz besonderes Ambiente entsteht, das ich in dieser Form und Perfektion noch nie gehört habe. Wuchtiges Tribal-Drumming bildet den Hintergrund zu dröhnenden Synthwänden vor denen sich atmosphärische Flötenklänge entfalten. Dazu die dunkle Stimme, die ein packendes Mantra rezitiert. Hier fehlen noch die metallischen Elemente, doch die richtige Stimmung für das Album ist gesetzt. Beim folgenden 'Astlan - A Way Made Of Dark Stone' tritt sparsam die doomig klagende und wuchtige Gitarre Senmuths hinzu, wobei weiterhin die Synths dominieren. Gesanglich trägt LeftHander erneut die Hauptlast der dieses Mal russischen Lyrics, während Eresh mit seiner klaren Stimme ein paar sehr wirkungsvolle Kontrastpunkte setzt. Einen sehr sphärischen, dunklen Funeral-Doom-Song servieren uns die Jungs mit dem erneut von LeftHander, dieses Mal komplett in der uto-aztekischen Nahuatl-Sprache gesungenen 'Can Quitlaz In Huelic Xochimeh'. Der Text basiert auf einem authentischen Gedicht aus Mexico. Beim etwas verspielter ausgerichteten, aber dennoch kompromisslos dunklen 'A Place Where Gods Are Born' erhalten Gitarre und Bass ihren bisher dominantesten Einsatz, während der Gesang hier erstmals zwischen LeftHander und Senmuth aufgeteilt ist, was dem ganzen eine besondere Eigenwilligkeit verleiht. Dafür ist 'A Toltek Artist' fröhlicher. Es lebt von fragilen Arrangements mit Klavier und Flöte, sowie von Ereshs klarem Gesang, wobei auch LeftHander in einigen Momenten fast totaler Stille einige beschwörende Growls aus dem Hintergrund beisteuert, dazu einige bemerkenswerte Gitarrenleads von Senmuth.
Auch in der zweiten Hälfte des Albums offenbaren die Männer aus TENOCHTITLAN keinerlei Schwächen, sondern halten das enorm hohe Niveau problemlos, ohne sich dabei großartig zu wiederholen. Schon 'Jaguar Epoch' hat einen völlig anderen Charakter als die bisherigen Stücke. Am Gesang finden wir alle drei Sänger, die Lyrics sind gemischt aus Russisch und Nahuatl. Das Lied ist sehr technoid und rhythmisch ausgerichtet, so dass streckenweise ein gewisser Industrial/Techno-Drive entsteht, der dann allerdings wieder von einer elegischen Passage mit klagenden Leadgitarren abgelöst wird. Hier schießt einem wieder eine leichte Parallele zu SAMAEL durch den Kopf. Es folgt mit 'Ha Ki-Um U Poc Av' das einzige lange Instrumental der Scheibe, das schön atmosphärische Elemente mit rhythmischen Tribal-Parts und singenden Gitarrenleads verbindet. Ein weiteres Highlight steht dann mit dem harten und gruseligen 'Tsompantly' an, das sich eingehend mit der in diversen indianischen Kulturen üblichen Praxis beschäftigt, die Schädel der Feinde in einem riesigen Regal öffentlich zur Schau zu stellen. TENOCHTITLAN gehen dabei für ihre Verhältnisse extrem schnell und hackend zur Sache, der brutale Gesang stammt von LeftHander und Senmuth. Beim letzten regulären Stück 'Four Sides Of Paradise', bei dem es sich um eine der melodischsten aber auch bizarrsten Kompositionen der Band handelt, sind dann noch einmal alle drei Sänger am Zug, bevor das kurze Outro 'Ch'e'nal' das Album instrumental ausklingen lässt.
Durch den weitestgehenden Verzicht auf lange und sperrige Instrumentalparts dürfte es TENOCHTITLAN mit dem neuen Album etwas leichter Fallen, den Gelegenheitshörer an sich zu binden, als mit "Epoch Of The Fifth Sun". Dabei bleibt sich die Band jedoch absolut treu und entwickelt sich nicht etwa in eine kommerziellere Richtung. Unterm Strich bleibt somit das zweite großartige Album einer sehr innovativen und interessanten Band, die zwar sicher nicht den Mainstream erobern wird, aber ohne weiteres das Zeug dazu hat, eine völlig eigene Nische zu besetzen und somit eine Band von musikhistorischer Relevanz zu werden.
Anspieltipps: Och Vitz Ngui P'i Xo-Xot, Astlan - A Way Made Of Dark Stone, Can Quitlaz In Huelic Xochimeh, Tsompantly
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle