THORNE, STEVE - Part Two: Emotional Creatures
Mehr über Thorne, Steve
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Inside Out Music/SPV
- Release:
- 30.03.2007
- Toxicana Apocalypso
- Wayward
- Crossfire
- Roundabout
- Hounded
- All The Wisemen
- Gread Ordeal
- 6 a. m. (Your Time)
- Solace
- The White Dove Song
- Sandheads
Wer ist eigentlich dieser STEVE THORNE? Von seiner Stamm-Formation THE SALAMANDER PROJECT gibt es im weltweiten Web keinerlei Spuren, außer dem vagen Hinweis, dass sie irgendwann mal als Support von JADIS in Großbritannien unterwegs waren. Vor zwei Jahren begann er mit "Emotional Creatures, Part One" eine Karriere als Solokünstler.
Sänger, Songwriter und Multiinstrumentalist? Das ist er ganz sicher. Auch im nun vorliegenden zweiten Teil der "Emotional Creatures"-Serie zeichnet sich der Brite, der sämtliche Stücke komponiert und arrangiert hat, u. a. für Gesang, Gitarre und Keyboards verantwortlich. Für den Rest gewann er erneut die Unterstützung von etlichen, bereits auf dem Erstling vertretenen Prog-Größen: Nick D'Virgilio (SPOCK'S BEARD), Tony Levin (KING CRIMSON, PETER GABRIEL), Geoff Downes (ASIA) und Martin Orford (IQ, JADIS). Neu dabei sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) John Mitchell (KINO, THE URBANE), Dave Meros (SPOCK's BEARD), Pete Trewavas (MARILLION) und Gavin Harrison (PORCUPINE TREE, BLACKFIELD). Alle Beteiligten erledigen ihren Part zweifellos souverän.
Aber trotz der personellen Verstärkung ist Teil 2 nicht ganz so stark geworden wie sein Vorgänger. Das mag unter anderem daran liegen, dass hier nur selten und wenn, dann sehr verhalten gerockt wird. 'Wayward', das nach Aussage seines Schöpfers "das rüde Erwachen eines Großstadt-Gammlers in der Realität" thematisiert, gehört zu den treibenderen Werken und verbindet auf der Basis von "Phaser-Gitarren-Arpeggios" (die Musiker unter unseren Lesern wissen hoffentlich, was das ist) rau intonierte Strophen mit einem Balsam-Refrain. Und das zunächst regelrecht einlullende 'Hounded' gleicht im hinteren Drittel einer Verfolgungsjagd - kein Wunder, behandelt es doch das Thema "Stalking".
Doch haben sich auch ein paar nicht unbedingt überflüssige, aber weniger unter die Haut gehende Songs auf die Platte verirrt. Von den drei Instrumental-Stücken ist nur das erste, 'Toxicana Apocalypso', dank seiner beschwingten Keyboard-Soli und D'Virgilios exzellenter Schlagzeugarbeit recht kurzweilig. Auf den später folgenden Doppelpack, bestehend aus dem planlosen '6 a. m. (Your Time)' und dem nur aus Soundeffekten bestehenden 'Solace' hätte ich jedoch gut verzichten können. Dem sphärisch-trägen 'Roundabout' fehlt es trotz mysteriösem Bongo-Trommeln etwas an Pep, auch wenn es vermutlich beabsichtigt ist, dass der Titel (auf deutsch "Karussell"), was die musikalische Umsetzung betrifft, extrem in die Irre führt. Und auch das bereits 1993 entstandene 'The White Dove Song' vermag mich trotz oder gerade wegen seiner opulenten (echten!) Orchester-Arrangements nicht wirklich zu begeistern, wirkt fast wie ein Fremdkörper inmitten der sonst eher still intonierten restlichen Songs.
Last, but not least: Wie steht es um STEVE THORNEs Qualitäten als Lyriker? Sicher sind die Texte des Zweitlings, die sich erneut ganz allgemein betrachtet mit dem "Menschen als gefühlsbestimmtes Wesen" befassen, tiefgründig, berühren mich aber nicht immer so sehr wie im ersten Teil. Am stärksten ist diesbezüglich die Anti-Kriegs-Ballade 'Crossfire', deren verträumte, von Akustik-Gitarre und Piano geprägte und nur im Mittelteil kurzzeitig etwas härtere Melodie im krassen Gegensatz zum gesungenen Wort steht. Das folkloristisch angehauchte 'All The Wisemen' mit der großartigen Zeile "All the wisemen say the universe is oval like an egg" (Was will Steve uns damit nur sagen?) gehört nicht nur textlich - es geht um Industrialisierung und die damit verbundene Zerstörung unserer Umwelt -, sondern wegen seiner gefühlvollen vocal-lines auch musikalisch zu den Höhepunkten der Scheibe. Die darauf folgende Akustik-Ballade mit Mandolinen-Part 'Great Ordeal' (Zitat: "We're living in a Dickens book") hat tatsächlich etwas Märchenhaftes, wenn auch Tragisches (Kommentar von Thorne: "Die Beobachtung eines verarmten Paares, das seine Not durch Hoffnung und tapferes Pläneschmieden bewältigt."). Das finale 'Sandheads' wird nochmals, aber dieses Mal stimmiger vom Orchester begleitet und könnte nicht nur inhaltlich - es endet mit der gleichen Spieluhrmelodie, mit der Teil 1 eins begann - als eine Art Zusammenfassung sämtlicher Texte beider Alben betrachtet werden:
"If I've touched upon things that made you think I was a lout
Emotional Creatures, my river runs deep in times of drought
Well it's just my way of telling you what I think it's all about
If you've got the courage to whisper, why not shout it out?"
"Emotional Creatures Part 2" ist ein leises, aber vielschichtiges Album, dessen wahre Schönheit sich wie auch im ersten Teil erst vor dem Hintergrund der erneut liebevollen oder ironischen bis zynischen Texte erschließt. Doch die eine oder andere Länge schmälert den Genuss, gerade im Vergleich zum nahezu ausfallsfreien Vorgänger, ein wenig. Das detailverliebt illustrierte Booklet ist allerdings wieder erste Sahne!
Anspieltipps: Wayward, Crossfire, Hounded, All The Wisemen, Sandheads
- Redakteur:
- Elke Huber