THOT - Delta
Mehr über Thot
- Genre:
- Post Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Pelagic Records
- Release:
- 10.05.2024
- Euphrate
- Céphéide
- Sleep Oddity
- Bateleur
- The Last Solstice
- Hüzün
- Blind Streets
- Supercluster
- Morning Waltz
- Estuaire
DAS nennt man episch!
Dass dieses Kollektiv schon eine ganze Weile am Start ist und bisher unbemerkt seine Kreise gezogen hat, ist schon reichlich eigenartig. Als ehemaliger Grenzgänger hatte ich die belgische Szene eigentlich immer besonders im Auge, doch THOT ist mir nun zum ersten Mal begegnet - und dann gleich mit solch einem ergreifenden Release.
Die Band hat sich im letzten Jahrzehnt in einem steten Fluss weiterentwickelt, mit unterschiedlichsten Ausrichtungen der progressiven Rockmusik experimentiert und sich letztlich auch mutig dafür entschieden, die französische Muttersprache in den eigenen Songs zu etablieren. Und zugegeben: die meist sehr akzentuierte Performance, gerade zu Beginn des neuen, mittlerweile vierten Langspielers, ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig, weil der Gesang speziell in den ersten beiden Stücken recht dominant ist und der maskuline Part sich arg bemüht, seine Darbietung möglichst kunstvoll klingen zu lassen. Doch das darf er auch, denn gerade der Gesang ist auf "Delta" ein echter Genuss, insbesondere in den noch folgenden Tracks. Nachdem sich die Band nämlich in einer Melange aus Post Rock, dezenten Industrial-Gitarren, sphärischem Progressive Metal und einer gesalzene Prise Art Rock eingegroovt hat, folgt mit 'Sleep Oddity' eines der schönsten Vokal-Ereignisse, die ich in den letzten Monaten wahrgenommen habe. Gastsängerin Lenka Dusilová greift hier mit minimalem Reibeisen und einer schlichtweg erregenden Intonation nach den Sternen und erinnert bisweilen an die etwas außergewöhnlicheren Teilstrecken auf Tori Amos' "American Doll Posse"-Album - diese Ballade gehört definitiv als Single veröffentlicht.
Aber in der Gesamtbetrachtung ist bis hierhin eigentlich noch nicht viel geschehen, denn THOT steigert sich nachfolgend in einen kreativen Rausch, bringt lebendigen Post Rock ('Bateleur') in Einklang mit fast schon melancholischem, einfach zeitlosem Indie-Sound ('Blind Streets') und generiert mit dem überlangen 'Hüzün' das persönliche Magnum Opus, an dem sich die Band in Zukunft selbst wird messen lassen müssen. Nicht nur der geniale Wechselgesang, sondern auch die sphärische Aufbereitung ist wahrhaftig einmalig und bringt die Band nachhaltig in Position. Das muss man einfach erlebt haben!
Bei den ganzen Superlativen, die mich jüngst in Sachen progressiver Sounds gepackt haben, stellt man sich schon manchmal die Frage, ob man jedes Mal so euphorisch sein kann. Doch "Delta" belehrt mich hier eines Besseren, zeigt mir, dass die Szene vielleicht aufregender denn je ist und in steter Regelmäßigkeit Alben ausspuckt, an denen kein Weg vorbei geht. THOT hat ein solches Meisterwerk geschaffen, dabei einen noch nicht gereizten Nerv getroffen und etwas wirklich Neuartiges, Erfrischendes konstruiert, dessen vielfältige Emotionen einen ganz tief treffen. Ich gehe sicherlich nicht zu weit, wenn ich mit absoluter Sicherheit jetzt schon sagen kann, dass diese Platte in den fernen Jahreslisten auf jeden Fall einen der oberen Ränge belegen muss. MUSS!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Björn Backes