TIAMAT - Prey
Mehr über Tiamat
- Genre:
- Gothic Metal
- Label:
- Century Media
- Release:
- 27.10.2003
- Cain
- Ten Thousand Tentacles
- Wings Of Heaven
- Love In Chains
- Divided
- Carry Your Cross And I'll Carry Mine
- Triple Cross
- Light In Extension
- Prey
- The Garden Of Heathen
- Clovenhoof
- Nihil
- The Pentagram
Natürlich haben TIAMAT stilistisch im Gegensatz zu ihren Frühwerken einen ziemlich starken Wandel vollzogen, gerade, wenn ich da an Alben wie z.B. den Zweitling "The Astral Sleep" (1991) denke. Da ist das Quartett um Mastermind Johan Edlund schon eine ganze Ecke ruhiger und atmosphärischer geworden. Aber irgendwie kann ich die Leute nicht ganz verstehen, die sich darüber aufregen, denn eines ist auch klar - TIAMAT machen auch anno 2003 noch fantastische und fesselnde Musik. Und wenn eine Band Stagnation vermeidet und trotzdem weiterhin Alben auf hohem Niveau fabriziert, dann ist das doch aller Ehren wert. Und es hat sich ja nicht alles verändert, denn auch "Prey" trieft geradezu vor Melancholie und hat viele packende Melodien zu offenbaren. Allerdings gilt das mit der vermiedenen Stagnation für die jüngere Bandgeschichte sowieso längst nicht mehr uneingeschränkt, denn im Vergleich mit den beiden letzten Alben "Judas Christ" (2002) und "Skeleton Skeletron" (1999) hat man das TIAMATsche Erfolgsrezept doch zu großen Teilen beibehalten.
Hypnotische und teilweise regelrecht doomige Melodien gibt's en masse und hinzu kommt natürlich der beinahe beschwörende Gesang von Johan Edlund. Beides fügt sich zu einer so dichten und eingängigen Düsterheit zusammen, wie sie wohl nur TIAMAT in dieser Art hinbekommen. Außerdem hat "Prey" einen sehr warmen und natürlichen Sound und klingt nicht so kalt und distanziert wie so viele Alben des Düstergenres.
Auch wenn sich die Band sicherlich nicht selbst kopiert, würde ich die Scheibe schon als typisch TIAMAT bezeichnen. Vielleicht hätte man zwischen den "Prey"-Songs selbst noch ein wenig mehr variieren können, denn diese ähneln einander doch relativ stark, wodurch die Platte doch etwas leicht Monotones bekommt. Dennoch haben die Schweden erneut faszinierende Ohrwürmer auf CD gebannt, deren Melodie man einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Solche Highlights sind z.B. das erotisch anmutende 'Carry Your Cross And I'll Carry Mine' und das peppige 'Light In Extension'. Auch der Singlehit 'Cain', das atmosphärisch-verträumte 'Divided' und das gitarrenlastige 'Clovenhoof' reihen sich in die mittlerweile ziemlich lange Liste großartiger Stücke aus der Feder von Edlund & Co. ein.
Neben den starken Songs gibt es zwar auch etwas Durchschnitt (gemessen am TIAMAT-Niveau wohlgemerkt), aber einen Totalausfall sucht man vergebens. Allerdings macht man wie schon auf der letzten Scheibe den Fehler, das Album mit sehr langsamen und getragenen, aber leider auch recht simplen Balladen ('Nihil', 'The Pentagram') ausklingen zu lassen, was nach einiger Zeit einen leichten Gähn-Effekt nach sich zieht.
Bei den beiden Songs 'Divided' und 'Carry Your Cross And I'll Carry Mine' singt Johan Edlund mit einer weiblichen Stimme im Duett, wobei er bei letzterem Stück dieser ganz klar das Zepter in die Hand gibt und sich mit seinen Vocals dezent im Hintergrund aufhält. Massentaugliche und fast poppige Kompositionen im Stile von 'Vote For Love' vom Vorgängeralbum "Judas Christ" gibt es auch auf "Prey" wieder, es sei hier vor allem auf 'Cain' (nicht überraschend die erste Singleauskopplung) verwiesen.
Es steht allerdings auch außer Frage - einfach mal schnörkellos losgerockt wird kaum noch, die atmosphärischen und traurigen Momente sind stets präsent und dominieren die Scheibe klar. So klingt der Beginn von dem Song 'Prey' fast 1:1 nach dem Titeltrack von "A Deeper Kind Of Slumber"(1997), dem ruhigsten, aber auch experimentellsten TIAMAT-Album aller Zeiten. Auch "Prey" würde ich als ziemlich verträumte Scheibe bezeichnen, von experimentellem Charakter ist sie aber meilenweit entfernt.
Deshalb werden TIAMAT mit dieser Scheibe sicherlich niemanden wirklich überraschen, der die letzten beiden Alben "Skeleton Skeletron" und "Judas Christ" kennt. Das gilt einerseits natürlich für die stilistische Ausrichtung der Band, andererseits aber auch für die saustarke, eingängige und zumeist richtig fesselnde Musik der Schweden. Wer das Kapitel TIAMAT nicht nach "Wildhoney" (1994) für sich abgehakt hat, für den dürfte "Prey" auf alle Fälle lohnenswert sein. Sehr empfehlenswert!
Anspieltipps: Cain, Divided, Carry Your Cross And I'll Carry Mine, Light In Extension
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer