TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA - Beethoven´s Last Night
Mehr über Trans-Siberian Orchestra
- Genre:
- Rock-Musical
- Label:
- Wilde Child Records
- Release:
- 22.04.2002
- Overture
- Midnight
- Fate
- What Good This Deafness
- Mephisopheles
- What Is Eternal
- The Moment
- Vienna
- Mozart / Figaro
- The Dreams Of Candlelight
- Requiem (The Fifth)
- I´ll Keep Your Secrets
- The Dark
- Für Elise
- After The Fall
- A Last Illusion
- This Is Who You Are
- Beethoven
- Mephistopheles´ Return
- Misery
- Who Is This Child
- A Final Dream
Nachdem im letzten Jahr kurz vor Weihnachten die beiden ersten Alben ("Christmas Eve And Other Stories", "The Christmas Attic") des TRANS-SIBERIAN ORCHESTRAs endlich auch offiziell in Deutschland erschienen sind, wird nun auch das dritte Album, "Beethoven´s Last Night", hier veröffentlicht. Diese Platte wurde in den USA bereits im Jahre 2000 auf die Öffentlichkeit losgelassen und war hierzulande bisher nur über den Import-Weg zu bekommen (daher ist auch schon seit längerer Zeit eine CD-Kritik zu "Beethoven´s Last Night" in unserem Archiv vorhanden).
Das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA kann als Side-Project der Bombast Metal-Band SAVATAGE angesehen werden (auch wenn das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA in den USA erfolgreicher ist als die Hauptband), denn hinter dem TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA steckt das SAVATAGE-Kreativ-Duo Paul O´Neill und Jon Oliva, das hier durch Robert Kinkel zum Songwriter-Trio ergänzt wird. Aber auch die meisten übrigen SAVATAGE-Musiker (Al Pitrelli, Chris Caffery, Johnny Lee Middleton) sowie Ex-SAVATAGE-Sänger Zak Stevens haben bei "Beethoven´s Last Night" mitgewirkt. Da Paul O´Neill bekanntermaßen ein außerordentlicher Perfektionist ist, wurden sämtliche Lead-Vocals (insgesamt neun) mit hervorragenden und mehr oder weniger bekannten Leuten besetzt - neben Jon Oliva als Mephistopheles und Zak Stevens als eine Muse unter anderem Patti Russo (MEAT LOAF) als Theresa und Jody Ashworth als Beethoven. Auf Seite der Instrumentalisten wurde die erweiterte SAVATAGE-Band ergänzt durch ein Streichorchester; und auch ein Chor durfte natürlich nicht fehlen.
Inhaltlich geht es dieses Mal - wie der Album-Titel schon vermuten lässt - nicht um eine Weihnachtsgeschichte. Hier wird von jener kalten Herbstnacht erzählt, in der in Wien ein Jahrhundertsturm tobt und Ludwig van Beethoven in einem kargen Zimmer an seinem Flügel sitzt, um seine zehnte Symphonie zu vollenden (vgl. auch das recht ansprechende Cover-Artwork von Edgar Jerins). In dieser letzten Nacht Beethovens kommt Mephistopheles, also der Teufel höchstpersönlich, um die Seele des Komponisten zu holen. Nach langem Hin und Her zwischen den beiden macht Mephistopheles das Angebot, dass Beethoven seine Seele zurückbekommt, wenn er ihm dafür die zehnte Symphonie überlässt...
Die Story stammt unverkennbar von Paul O´Neill, der es wie kaum ein anderer schafft, historische Fakten mit fiktiven Ideen zu kombinieren, um daraus eine glaubwürdige Geschichte zu machen. Die Story an sich ist schon lohnenswert!
Den musikalischen Einstieg bildet die "Overture", in der die wichtigsten Themen bereits aufgegriffen werden. Auch die nächsten Stücke dienen noch der Einführung - während "Midnight" und "Fate" gewissen Geistern, allen voran Fate und Twist, gewidmet ist, taucht in "What Good This Deafness" die Hauptfigur der Geschichte, Beethoven, zum ersten Mal auf. Für alle drei Songs gilt, dass das Klavier, dem auch sonst die größte Bedeutung beigemessen wird, hervorragend auf die übrige Band abgestimmt ist. Und schon jetzt ist unüberhörbar, dass hier die SAVATAGE-Songwriter ihre Finger im Spiel haben - wobei jedoch mit härteren Riffs weitaus sparsamer umgegangen wird. Auch bei "Mephistopheles" - nicht nur aufgrund der erstklassigen Gesangsleistung von Jon Oliva einer der Höhepunkte des Albums - steht das Piano im Vordergrund, und durch das Zusammenspiel von Klavier und Gesang werden hier schöne Spannungsbögen aufgebaut. Der Song klingt mit einem längeren Klavierteil aus, bei dem vor allem die "Mondscheinsonate" zitiert wird. Auch "What Is Eternal" besticht mit einer tollen Melodieführung (im Instrumentalteil klingt u.a. die neunte Symphonie an) und erzeugt dadurch eine Gänsehaut, wie ich sie seit dem letztjährigen Bang Your Head!!!-Festival bei "Believe" nicht mehr hatte - dafür sorgt auch nicht zuletzt Jody Ashworth in der Rolle des Beethoven. "The Moment" ist anschließend sehr ruhig gehalten und kommt fast ausschließlich mit Klavier und Gesang aus (nur im Mittelteil werden ein paar Streicher eingesetzt). Bei "Vienna" geht es dann wieder etwas schwungvoller zu Werke, und auch die gesamte Band ist wieder gefordert. Mit "Mozart / Figaro" ist ein reines Instrumentalstück am Start, das - wie nicht anders zu erwarten - verschiedene Mozart-Themen aufgreift, insbesondere aus "Figaro´s Hochzeit". Bei "The Dreams Of Candlelight" kommt dann zum ersten Mal Patti Russo - sie dürfte am ehesten dadurch bekannt sein, dass sie zu MEAT LOAFs "I´d Do Anything For Love" die weiblichen Vocals beisteuerte - als Theresa, Beethovens große Liebe, zum Einsatz. Dieser Song ist eine erstklassige Rockballade, die hauptsächlich vom Klavier getragen wird, aber die Band auch immer wieder kraftvoll in Aktion zeigt. Mit "Requiem (The Fifth)" folgt erneut ein Instrumentalstück - nur an einer Stelle kommt der Chor kurz zum Einsatz -, das die weltberühmte Akkordfolge aus der fünften Symphonie zum Thema hat (wenn das nicht Heavy Metal ist?!? ;-)). "I´ll Keep Your Secrets" wird erneut von Patti Russo gesungen und wechselt immer wieder zwischen langsameren, pianolastigen Parts und kräftigeren Bandpassagen hin und her. Das anschließende "The Dark" ist entsprechend dem Songtitel recht düster gehalten, und auch den Gitarren wird hier verhältnismäßig viel Raum gelassen. Als Sänger einer der Musen, die in diesem Song zu Beethoven sprechen, tritt Ex-SAVATAGE-Sänger Zak Stevens in Erscheinung. Mit dem allseits bekannten "Für Elise" folgt ein kurzes Zwischenstück, ehe es mit "After The Fall", dem dritten Russo-Song, weitergeht, der erneut als stellenweise recht power-geladene Rock-Ballade durchgeht. "A Last Illusion" ist im Großen und Ganzen erneut ein Instrumentalstück - erst gegen Ende tauchen einige Chöre auf -, das anfangs ziemlich abgedreht wirkt (Rimsky-Korsakov lässt grüßen), aber im weiteren Verlauf immer wieder die "Ode an die Freude" zum Thema hat. Ein weiterer Höhepunkt des Albums folgt dann mit "This Is Who You Are", das teilweise recht druckvoll daherkommt und auch problemlos als SAVATAGE-Ballade (zu "Streets"-Zeiten) gelten könnte. Jody Ashworth zeigt sich auch hier in bestechender Form, ebenso wie bei "Mephistopheles´ Return", das durch ein weiteres großartiges Instrumentalstück, "Beethoven", eingeleitet wird. "Mephistopheles´ Return" bietet neben dem kräftigen Gesang aber auch sonst sämtliche TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA-Trademarks auf, wie zum Beispiel die eindrucksvollen, fast schon dramatischen Melodien oder auch die mehrstimmigen Chöre, die sich optimal in das Gesamtbild des Songs einfügen. Bei seinem zweiten Auftritt als Mephistopheles kann Jon Oliva anschließend in "Misery" seine diabolische Art ausleben - besser hätte man diese Rolle sicherlich nicht besetzen können. "Who Is This Child" ist dann erneut eine sehr energiegeladene Power-Ballade, bevor das Album mit dem sehr ruhigen und gefühlvollen "A Final Dream" beschlossen wird.
Mit "Beethoven´s Last Night" haben Paul O´Neill & Co. ein wahres Meisterwerk geschaffen, das wohl in einem Atemzug mit SAVATAGEs "Streets" genannt werden muss. Dementsprechend können Fans dieser Band bedenkenlos zugreifen, und wem die ersten beiden TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA-Alben gefallen haben, der hat gar keine andere Wahl als sich auch diese Platte zuzulegen. Aber auch Leute, die (rockigeren) Musicals der Marke "Phantom der Oper" oder "Tanz der Vampire" etwas abgewinnen können, werden von "Beethoven´s Last Night" sicherlich nicht enttäuscht sein. Und allen anderen sei gesagt: Wer qualitativ hochwertige Musik zu schätzen weiß - auch wenn es sich wie hier nicht unbedingt um Heavy Metal handelt -, der sollte diese CD auf jeden Fall mal probehören. Und wer sich "Beethoven´s Last Night" entgehen lässt, der hat eben Pech gehabt. ;-)
Anspieltipps: Dieses Album ist ein Gesamtkunstwerk!!! ;-)
- Redakteur:
- Martin Schaich