TRANSATLANTIC - Kaleidoscope
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2014
Mehr über Transatlantic
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Insideoutmusic (Universal)
- Release:
- 24.01.2014
- Into The Blue
- Shine
- Black As The Sky
- Beyond The Sun
- Kaleidoscope
Der Niedergang des alten Zeppelins
Anstatt die Veröffentlichungen aufzuzählen, an denen Mike Portnoy in den letzten drei Jahren beteiligt war, sollte man wohl dazu übergehen, seine Abstinenz zu erwähnen. Denn zurzeit kann sich der notorisch gestresste Drummer um all seine Projekte kümmern. Ähnlich scheint es auch Kompagnon Neal Morse zu gehen, in dessen Heimstudio kürzlich eine neue TRANSATLANTIC-Platte geschrieben und aufgenommen wurde. Nach dem letzten Album "The Whirlwind" haben sich Fans zurecht darüber gestritten, ob die Qualität der Supergroup dazu reicht, der Sparte neue Impulse zu verleihen. "Kaleidoscope" tritt also an, die bislang stets vorhandene Magie des Vierers wieder in die Wohnzimmer der Progger zu transportieren.
Mit dieser Erwartungshaltung bin ich an die fünf neuen Songs herangegangen und um das Fazit für eilige Leser vorwegzunehmen: Ich wurde bitter enttäuscht. 'Into The Blue' markiert mit 25 Minuten eine für TRANSATLANTIC nicht ungewöhnliche Spiellänge und schließt sozusagen nahtlos an die vergangene Diskografie an. Oder vielleicht sogar überlappend? Hat man die ersten drei Alben der Band schon öfter gehört, wähnt man sich zwar sofort in der Komfortzone, aber fühlt sich ebenso schnell gelangweilt. Akkordwechsel, Grooves und Gesangslinien klingen wie (schlechtere) Versionen alter Hits. Sogar die Kernkompetenz der Truppe - also lange Songs kurzweilig zu spielen - ist scheinbar verschollen. Mike Portnoy entlockt seinem Drumkit schon mehr als ein Jahrzehnt lang keine neuen Finessen mehr, Neal Morse tut das, was er immer tut und drückt den Nummern seinen unverkennbaren Stempel auf und auch Roine Stolt und Pete Trewavas bemühen sich mehr denn je um die Nachlassverwaltung.
Mit 'Bridge Across Forever' und 'We All Need Some Light' trägt man Gewiss die Last des großen Hits mit sich herum, aber Neal Morse hat unter anderem für seine alte Band SPOCK'S BEARD so viele großartige Akustik-Balladen geschrieben, dass sein Füllhorn an Gänsehaut-Momenten unerschöpflich zu sein schien. 'Shine' ist dann leider der Beweis, dass dem eben doch nicht so ist. Uninspiriert und nach Schema-F quält sich das interkontinentale Zeppelin durch biedere Hausmannskost, die mitnichten auf dem sonst üblichen Niveau spielt.
Der größte Lichtblick im kontrastarmen "Kaleidoscope" ist die beinahe kurz gehaltene Nummer 'Black As The Sky', die zwar ebenso wie die anderen Songs in bereits kartografierten Gewässern schippert, aber immerhin ordentlich Energie versprüht und die Tristesse des Bekannten für einige Augenblicke in den Schwitzkasten nimmt. Für den netten Ausflug in die Morse'schen Synthiesound-Katakomben gibt es Sympathiepunkte, die dieses Album aber auch dringend nötig hat.
'Beyond The Sun' gesellt sich wiederum in die Kategorie der ruhigen Songs und weiß durchaus zu gefallen. Dezente QUEEN-Anleihen und schöne Voicings von Roine Stolt hört man ja immer gerne, darüber hinaus hat dieser vorletzte Track aber wenig zu bieten.
Das große Finale kommt wie immer zum Schluss. 31 Minuten lang prügelt uns der Titelsong zum vermeintlichen Höhepunkt das Prog-Alphabet um die Ohren, dass es nur so knallt. Ist "Kaleidoscope" der Erstkontakt zur Band, wird man reichlich verzückt dreinblicken. Für Fans und Kenner aber ist die halbe Stunde verschenkte Zeit. Generischer kann man die Musik TRANSATLANTICs nicht spielen. Die Art und Weise, wie die Themen vorgestellt, durchexerziert und verschoben werden, ähnelt nicht nur der bekannten Herangehensweise, nein sie gleicht ihr bis aufs letzte Haar.
In einem Blindtest hätte ich das "Kaleidoscope" wohlmöglich als bislang unveröffentlichte B-Seite eines NEAL MORSE-Soloalbums identifiziert und mich über ein paar zusätzliche Minuten mit einigen meiner Lieblingsmusiker gefreut. Als vollwertiges Album der Band fühle ich mich regelrecht veräppelt und gelangweilt. Dass diese vier Musiker so uninspiriert und standardisiert vorgehen würden, hätte ich ihnen unter diesem Banner niemals zugetraut. Der letzte Platz im durchaus Prog-affinen Soundcheck und die Meinungen der geschätzten Kollegen sprechen folglich Bände, selbst wenn man meine früher Fanboy-artige Verehrung und den hier hervortretenden Verdruss als wenig aussagekräftig ansieht.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Nils Macher