TURBOSTAAT - Alter Zorn
Mehr über Turbostaat
- Genre:
- Punk Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- PIAS
- Release:
- 17.01.2025
- Affenstrasse
- Subraum
- Scheissauge
- Alter Zorn
- Nachtschimmel
- Isolationen
- Winograd
- 33 Tage
- Otto muss fallen!
- Den Annern sin Uhl
- Mutlu
- Jedermannsend
25 Jahre und immer noch zornig.
Nach ein paar durchaus fordernden Jahren im TUBROSTAAT-Camp, die von fieser Krankheit, Konzertausfällen, Auflösungsgedanken und "Gesamtscheiße" geprägt waren, hat sich mein liebstes Punk-Getüm im vergangenen Jahr an den Riemen gerissen und entschieden, dass das noch nicht alles gewesen sein kann. Dabei hat die Band aus Nordfriesland in den letzten 25 Jahren ja viele Aufs und Abs erlebt, viele Orte gesehen und bespielt und hätte damit allen Grund, das Jubiläum eher ruhig anzugehen. Aber das wäre ja kein Punk. Stattdessen gab es den kompletten Katalog in Vinyl-Neuauflagen und zu jedem Album ein gesondertes Konzert an besonderen Lokalitäten.
Und bei der Rückbesinnung kam wohl auch der alte Zorn wieder hoch. Bebildert mit einem alten Foto von Stammproduzent und Quasi-Bandmitglied Moses Schneider, irgendwann in seinen End-Zwanzigern entstanden, ist "Alter Zorn" Rückbesinnung und Ausblick zugleich. Denn TURBOSTAAT war ja schon immer zornig und wütend, aber Album Nummer 8 ist (mal wieder) etwas anders als die anderen Alben. Wo mit "Uthlande" zuvor auf das trostlose und vernebelte Wattenmeer geblickt wurde, geht es auf dem neuen Dreher deutlich urbaner zu. Daran musste ich mich zunächst gewöhnen, ist es doch vor allem immer diese norddeutsche Melancholie in den eigensinnigen Songs gewesen, die mich so gefangen genommen hat. Gut, auch in Norddeutschland gibt es Großstädte, aber es ist einfach ein Unterschied, ob Jan Windmeier "Husum, verdammt!" über das Meer bellt oder über Städte und Straßen und Heroin singt.
Die zweite kleine Hürde für mich war dann die Produktion. Die Songs sind zornig getextet, die Band tobt sich an allen Instrumenten durchaus aus, aber so richtig transportiert sich das Unterfangen nicht durch die Lautsprecher. Ich habe nur einen Stream vorliegen und keine CD, die ich über eine richtige Anlage laufen lassen kann und dieser klingt leider etwas weichgewaschen. Bei diesem Titel und der Geschichte hinter diesem Album hätte ich mir doch etwas mehr Biss erwartet. Lautere und schneidendere Gitarren, mehr Akzentuierung auf dem Schlagzeug, oder so. Ich bin kein Fachmensch, der dafür die richtigen Worte kennt.
Seit einigen Durchläufen bin ich aber nun voll angekommen im achten Album und entdecke beinahe ausschließlich fantastische Stücke. Denn es ist ja alles noch da. Da sind grandios entrückte und doch so klare Texte voller Politik, Weisheiten, Abgrundsblicke - und ja - Zorn eben wie sie nur ein Marten Ebsen verfassen kann. Ich meine, wie großartig ist allein dieser Auszug: "Nur ein Schiss im Meer, doch er schwimmt dir hinterher"? Da ist immer noch eine gehörige Portion Melancholie und Trostlosigkeit in Songs wie dem unaufhaltsamen 'Jedermannsend' oder dem albtraumhaften und wunderschönen 'Isolationen'. Und da sind wüste Abrissbirnen wie der Titelsong, 'Otto muss fallen!' oder 'Nachtschimmel', die ich unbedingt live erleben möchte.
Trotz ein paar eher subjektiven Abzügen in der B-Note ist "Alter Zorn" also ein echt starkes Jubiläums-Album einer unnachahmlichen Band geworden, die gerne immer so weiter machen darf. Denn solche Musik brauche ich und brauchen wir, gerade jetzt noch mehr. Es wäre einsam hier, ohne euch!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Marius Luehring