TYR - Battle Ballads
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/24
Mehr über Tyr
- Genre:
- Folk Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Metal Blade Records
- Release:
- 12.04.2024
- Hammered
- Unwandered Ways
- Dragons Never Die
- Row
- Torkils Dotur
- Vaelkomnir Foroyingar
- Hangman
- Axes
- Battle Ballad
- Causa Latronum Normannorum
Dieser Hammer lässt mich zwiegespalten.
Ein neues TÝR-Album ist doch immer wieder ein Grund zur Freude. Seit ich die Band um die beiden färöischen Urgesteine Gunnar Thomsen und Heri Joensen 2008 mit der Veröffentlichung von "Land" für mich entdeckte, bin ich beinharter Fan. Und ich muss sagen, das war damals eine gute Wahl. Denn mit wenigen Ausnahmen ("The Lay of Thrym" ist ein bisschen schwächer als der Durchschnitt) wurde ich von den etwas unregelmäßig veröffentlichten Alben echt verwöhnt. Da sollte Album Nummer Neun in der Reihe doch offene Türen einrennen, oder?
Fünf Jahre nach dem düsteren und opulenten "Hel", das ich immer noch sehr gerne laufen lasse, stehen nun also die "Battle Ballads" vor der Haustür. Ich hatte direkt schon mit dem ersten Kennenlernen zu kämpfen, denn was ist das bitte für ein Albumtitel? Heri bezeichnet den Stil von TÝR ja gerne als Balladen-Metal, womit er sich übrigens nicht auf Liebesschnulzen modernerer Machart bezieht, sondern auf das, was ursprünglicher damit gemeint war. Ja, und Schlachten sind wohl auch immer mal wieder Thema bei den Färingern, wobei doch eindeutig seltener als bei anderen Bands im Folk- oder Wikinger-Metal. Ich verstehe also, vor allem unter Berücksichtigung des Artworks von Gyula Havancsák, was damit gemeint ist und was der Titel ausdrücken soll. Dennoch wirkt das unpassend. Mich erinnert das an ENSIFERUM und die "Victory Songs" und nicht an den tiefgehenden, melancholischen, gefühlvollen Metal, den ich von TÝR erwarte.
Damit sind wir auch schon direkt beim zweiten Thema. Denn nicht nur der erste Eindruck war ein schwieriger, auch das tatsächliche Kennenlernen gestaltete sich als kompliziert. Im Vergleich mit dem Vorgänger, kommt "Battle Ballads" auf eine 28 Minuten kürzere Spielzeit. Nun könnte man sagen, dass 40 Minuten natürlich für ein Album ausreichen. Das mag bei anderen Bands auch stimmen, aber TÝR lebt in meinen Ohren eben von Tiefgang, Melancholie und Gefühl und das braucht Zeit. Ich liebe die ausufernde Hilflosigkeit von "Land", die progressive Herangehensweise von "Eric The Red", den urwüchsigen Doom auf "How Far To Asgaard", die imposante Epik von "Ragnarok" und die metallene Durchschlagkraft von "Valkyrja". Das sind Alben, denen ich aufgrund ihrer Einzigartigkeit in diesen Punkten hoffentlich ewig verbunden bleibe. All das finde ich auf "Battle Ballads" leider nur in Ansätzen.
Stattdessen regieren auf dem ersten Album mit Hans Hammer an der Gitarre, der Attila Vörös nach seinem kurzen Gastspiel ersetzt, kurze prägnante Songs mit Ohrwurm-Hooklines. Daran gibt es ja grundsätzlich nichts auszusetzen. Dass ich das nicht tue, sieht man ja auch an der Note unten. Das ist nur eben das, was mich bei TÝR am wenigsten interessiert. Natürlich sind die Trademarks alle vorhanden, man hört schon sehr deutlich, welche Band hier spielt. Rhythmisch agiert man immer noch gerne leicht vertrackt und die Gitarrenleads und Gesangslinien atmen immer noch Heris geniale Verspieltheit. Nur eben sehr konzentriert.
Dazu wurden die eh schon kompakten Songs vom Dänen Lars Winther mit Orchestrierungen versehen, was für mein Empfinden nicht unbedingt hätte sein müssen. Auch die vielen Choreinsätze und Overdubs der Refrains sind mir zu viel. Das Ergebnis klingt leider ziemlich weichgespült und abgeglättet. Wo sind die Kanten und Ecken, die diese Musik erst richtig interessant macht? Ich vermisse Schärfe und Härte in der Produktion.
Jetzt ist "Battle Ballads" beileibe kein schlechtes Album. Es ist nur eben nicht so gut, wie es bei den beteiligten Musikern hätte sein können und wie ich es mir gewünscht hätte. Wahrscheinlich ist es allerdings schlauer, auf den aktuellen Zeitgeist in der Szene zu vetrauen, wenn man ein Stück vom Kuchen abhaben möchte, als auf irgendwelche Hanseln zu hören, die sich rohe Produktionen und Songs wünschen. Denn als Fan finde ich letzten Endes ja doch meinen Frieden mit dem neuen Album. Wenn man mal außen vor lässt, was aus diesen Songs für Wunderwerke hätten werden können, so ist ein schneller Brecher wie 'Unwandered Ways' doch auch in dieser Form schon großartig. Auch das etwas an mein Herzensalbum "Land" erinnernde 'Row' gefällt mir trotz allem Brimboriums doch sehr. Und dann ist da mit 'Torkils Døtur' ja auch noch ein Stück, das ganz in der TÝR'schen Tradition steht. Der Abschluss mit 'Causa Latronum Normannorum' ist nicht nur fantastischerweise in lateinischer Sprache, sondern auch musikalisch eigentlich echt hübsch. Ja, im Grunde sind die "Battle Ballads" ja doch sehr gut. Wenn sich doch nur im Kopf kein Konjunktiv bildete.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Marius Luehring