TYR - By The Light Of The Northern Star
Mehr über Tyr
- Genre:
- Viking Metal / Epic Metal / Folk Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Napalm Records / SPV
- Release:
- 29.05.2009
- Hold the Heathen Hammer High
- Tróndur í Gøtu
- Into the Storm
- Northern Gate
- Turið Torkilsdóttir
- By the Sword in My Hand
- Ride
- Hear the Heathen Call
- By the Light of the Northern Star
Die Jungs von den Färöer Inseln knüpfen mit einem mächtigen Fünftling an ihre Großtat "Eric The Red" an.
Vorweg sei gesagt, dass ich diese Band von den Färöer Inseln von Anfang an mit großem Interesse verfolgt habe und deshalb an ein neues Album der Jungs auch mit einer entsprechenden Erwartungshaltung herangehe. Die wurde zwar noch nie wirklich enttäuscht, aber bei den letzten beiden Alben auch nicht zu hundert Prozent erfüllt. Obwohl die Färinger stets alle ihre Markenzeichen bewahrt haben, ließen "Ragnarök" und "Land" doch den Aha-Effekt ein wenig vermissen, der das Debüt und das grandiose "Eric The Red" zu völlig einzigartigen Perlen des unkonventionellen Metals traditioneller Machart gemacht hatten. Die lag wohl nicht zuletzt an einer sehr ambitionierten und progressiven Ausrichtung in Sachen Songwriting, welche dazu führte, dass ein gewisser Mangel an eingängigen Hymnen vorherrschte.
Die kurze Zeit, nach welcher nun schon wieder ein neues TÝR-Album vorliegt, ließ mich zunächst ein wenig skeptisch werden, ob die Band überhastet agiert, doch diese Befürchtung erweist sich nun, nach etlichen Durchläufen, als unbegründet. "By The Light Of The Northern Star" merzt für meinen Geschmack sogar die kleine Schwäche seiner beiden Vorgänger aus und konzentriert sich wieder mehr auf prägnante Songs, ohne dabei auf den musikalischen Anspruch zu verzichten, den die vier Nordmeer-Insulaner seit Anbeginn an sich selbst hatten.
So ist der großartige und vorwiegend sehr schnell gehaltene Opener 'Hold The Heathen Hammer High' ein ganz klares Statement, dass Heri auch heute noch in der Lage ist, große Hymnen zu schreiben. Die gute alte TÝR-Tradition, nordische Traditionals im eigenen Stil neu zu arrangieren, wird selbstverständlich auch auf "By The Light Of The Northern Star" fortgesetzt. Und zwar erstmalig mit dem an zweiter Stelle stehenden "Tróndur Í Gøtu", das lose auf einer färingischen Ballade namens 'Geyti Áslaksson' basiert, mit einer entsprechenden überlieferten Melodie und einem ebensolchen Text. Es steht insoweit also durchaus in der Tradition von Stücken wie 'Stýrisvølurin' oder 'Regin Smiður'. Es fällt jedoch auf, dass die Folk-Elemente sich wirklich auf den Text und die Melodieführung beschränken, während das Instrumentarium und der kompositorische Aufbau des Stückes sehr metallisch und vor allem immens heavy ausgefallen sind. Das werte ich einfach mal als klares und wichtiges Statement TÝRs, dass es sich hier in allererster Linie um eine Heavy-Metal-Band handelt, die auf keinen Fall in einen Topf mit aktuellen, gnadenlos gehypten Humppa-Dudel-Bands geworfen werden darf.
Das unterstreicht auch das sehr gefühlvoll gesungene und instrumental recht episch ausgerichtete 'Into The Storm' sehr deutlich. Das gedrosselte Tempo bringt dezent die vom Debüt bekannte doomige Note wieder ins Spiel und die Gesangsmelodien knüpfen an die großen Momente von "Eric The Red" an. 'Northern Gate' geht in eine ähnliche Richtung, allerdings in deutlich angezogenem Tempo. Mit 'Turið Torkilsdóttir' ist wieder ein folkloristischeres Stück an der Reihe, das von mächtigen a-cappella-Chören eingeleitet wird, sich aber letztlich zu einem sehr melodischen und schnellen Metal-Stück entwickelt. Im Mittelstück wird es von einem königlichen Solo gekrönt und endet schließlich wieder a cappella. Ganz großes Ohrenkino!
Mit 'By The Sword In My Hand' folgt ein Song, der nun definitiv die Frage aufwirft, warum TÝR ständig in der Pagan-Folk-Szene auf Tour geschickt und beworben werden. Das Stück ist nämlich Epic Metal in Reinkultur, traditionell metallisch und erhaben, mit großartigem Gesang und einem hymnischen Refrain, zu dem sich die Faust quasi von selbst in die Luft reckt. Jammerschade, dass die Band durch die Art der Vermarktung in der Szene, in welcher sie die meisten Leute begeistern sollte, kaum ein Gehör findet, da diese Szenegänger oft mit massiven Vorurteilen gegen Pagan Metal behaftet sind.
Die einzige, wirklich etwas fröhlicher geratene Nummer, hört auf den Namen 'Ride' und verbindet traditionelle irische und färingische Melodien. Dabei sorgt das keltische Element für die positive Beschwingtheit und das germanische Element für die noch vorhandene Härte und den doch irgendwie mitschwingenden melancholischen Unterton. 'Hear The Heathen Call' bietet dann melodischen Speed Metal ohne Kitschfaktor, der auch Freunde früher BLIND GUARDIAN CDs ansprechen dürfte, ohne dabei aus dem týrschen musikalischen Rahmen zu fallen.
Die reguläre Version des Albums endet im geschickt mit vielen Tempowechseln spielenden Titelstück. Dabei werden erneut norwegische und färingische Melodien in einen hymnischen Metalsong eingewebt, ohne dass deren Präsenz sich aufdrängen würde. Auch hier machen der einzigartige Gesang und die tolle Leadgitarren-Arbeit nochmal eindrucksvoll klar, was für eine Ausnahmeband TÝR in der heutigen Metalszene ist.
Nach alledem ein Fazit zu ziehen, fällt mir relativ leicht: "By The Light Of The Northern Star" ist für mich hinter "Eric The Red" und gleichauf mit "How Far To Asgard" die beste TÝR-Scheibe, die ich jedem ans Herz legen möchte, der auf epischen, melodischen und handwerklich toll gemachten Heavy Metal mit viel Seele und einer ausgeprägten Ader für nordische Motive steht. Fans sollten sich auf jeden Fall den limitierten Digipack sichern. Er enthält zwar nur zwei kurze und nicht unbedingt zwingende Instrumentale als Bonus, diese runden das Album jedoch schön ab. Eines davon ist die von Petur Alberg komponierte Nationalhymne der Färöer Inseln, das andere ein norwegisches Folkstück.
Verbleiben möchte ich gerne mit der Aufforderung an Napalm Records, ihre Schützlinge endlich mal mit einer populären Band aus dem traditionell-epischen Metal-Sektor auf Tour zu schicken. Dann könnten die Färinger endlich auf breiterer Basis die Zielgruppe erreichen, die meines Erachtens am besten zu ihnen passt. Dabei muss der nach wie vor boomende Pagan-Sektor ja nicht vernachlässigt werden, doch auf einem Bein steht es sich schlecht, vor allem wenn der Trend mit dem Heidenmetall mal den Bach runter ist.
Anspieltipps: Hold The Heathen Hammer High, Into The Storm, Turið Torkilsdóttir, By The Sword In My Hand, By The Light Of THe Northern Star
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle