TYR - Ragnarok
Mehr über Tyr
- Genre:
- Viking Metal
- Label:
- Napalm Records/SPV
- Release:
- 22.09.2006
- The Beginning
- The Hammer Of Thor
- Envy
- Brothers Bane
- The Burning
- The Ride To Hel
- Torsteins Kvaedi
- Grimur A Midalnesi
- Wings Of Time
- The Rage Of The Skullgaffer
- The Hunt
- Victory
- Lord Of Lies
- Gjallarhornid
- Ragnarok
- The End
Endlich haben die sympathischen Wikinger von TYR ein neues Album mit einem vernünftigen Label im Rücken aufnehmen können. Während die ersten beiden Werke über Kleinstvertriebe nur regional erhältlich waren und für Metaller außerhalb der Faröer Inseln nur über einschlägige Mailorder-Vertriebe bezogen werden konnten, erscheint "Ragnarok" nun bei Napalm Records, die das Quartett in diesem Jahr dann auch gleich zweimal auf Tour durch Deutschland schicken werden. Und zwar einmal mit den APOKALYPTISCHEN REITERN und später noch einmal mit AMON AMARTH. Ich ahne, dass der Name TYR bald auf vielen Trinkhörnern eingraviert sein wird. Und welche andere Band – außer vielleicht noch DOOMSWORD – hätte es mehr verdient?
Aber hat sie es wirklich verdient oder verteile ich hier voreilige Lorbeeren? Ist das neue Werk vielleicht gar nicht so innovativ und anders, so mitreißend und faszinierend wie die beiden exquisiten Vorgänger "How Far To Asgaard“ und "Eric The Red"?
Gespannt betrachte ich das Tracklisting: Sechzehn Songtitel prangen mir da entgegen. Unterteilt in acht Kapitel. Ich wittere ein Konzeptalbum. Hm, ob das gut ist? Hatten TYR in der Vergangenheit doch eher auf lange, fast schon epische Kompositionen gebaut, deutet die Anzahl der Titel dieses Mal auf kurze Tracks hin. Dies waren zumindest meine Vermutungen bevor ich das Werk gehört hatte.
Während ich mit meiner Konzept-Vermutung noch nicht so ganz sicher bin – ein Interview in Bälde wird Gewissheit bringen – ist die zweite Vermutung völliger Unsinn. Diverse Songs dienen lediglich als kurze, instrumentale Intermezzi, so dass ausreichend Spielzeit für etliche Epen verbleibt, die der Qualität von heiß geliebten Favoriten der Marke 'The Edge' in nichts nachstehen. Bevor ich aber auf ein paar Highlights im Speziellen eingehe, will ich allen, die von TYR bisher noch gar nichts gehört haben, einen groben Überblick über die Marschrichtung der vier Wikinger geben. Wer bei dieser Bezeichnung an Kapellen wie AMON AMARTH oder FINNTROLL denkt, liegt bei dem Quartett von den Faröer Inseln leicht daneben. TYR lassen zwar verstärkt folkloristische Einflüsse in ihre Kompositionen mit einfließen, sind aber sowohl weit davon entfernt schunkelhafte Bierlaune aufkommen zu lassen, wie auch davon, mit gewaltig bollernden Schlachthymnen den Hörer mitzureißen. Vielmehr bewegen sich die Nummern eher im doomigen Power-Metal-Bereich, wenn auch gelegentlich gewaltig die Doublebass bearbeitet wird. Hinzu kommt die klare, aber sehr kraftvolle Stimme von Gitarrist Heri Joensen, die erhaben aus den Boxen dröhnt und gern von mehrstimmigen Chören machtvoll unterstützt wird. Wenn die Skandinavier dann auch noch in ihrer Landessprache singen, klingt es, als ob Odin's Heerscharen ein Orchester bilden würden. Gewaltig.
Es ist schwer auf einzelne Titel einzugehen, wenn man auf einem Album - ob des durchgängig hohen Standards – kaum Highlights ausmachen kann. Ich kann aber sagen, dass mir auch heuer die atmosphärischen Nummern am besten gefallen. So verzaubert 'Brothers Bane' trotz einer relativ normalen Lauflänge von fünf Minuten mit einem Aufbau, der unwillkürlich fasziniert. Ein kurzer Longtrack so zusagen. Ihr versteht nicht, was ich vermitteln will? Dann hört es euch an! Ebenso begeistert das hymnenhafte 'Winds Of Time' mit einer Dramatik, die den Hörer unweigerlich in seinen Bann zieht. Neben der spannenden Tatsache, dass TYR hier mit verschiedenen Sprachen jonglieren, steigert sich diese Nummer nach anfänglicher Behäbigkeit zu einem monstermäßigen Headbanger. Gerade bei diesem Track kann man auch sehr gut feststellen, dass TYR einen sehr eigenständigen Klang erschaffen haben. Alles klingt sehr wuchtig und dynamisch, fast schon orchestral. Und das ist nicht nur bei den stampfenden Midtempo-Nummern der Fall. Auch flottes Material der Marke 'The Ride To Hel' kracht mit majestätischer Urgewalt aus den Boxen.
Dass die sympathischen Jungs ohne jegliches Kommerz-Kalkül an ihre Alben heran gehen, beweist die Auswahl des fünfminütigen – grandiosen – Instrumentals 'The Beginning' als Opener. Ein nicht nachvollziehbarer Gedankensprung? Vielleicht. Aber ebenso ein weiterer Kaufgrund für dieses herrliche Album.
Wer immer noch nicht von der Qualität der Band überzeugt ist und es vielleicht gern etwas schneller mag, wird mit 'The Hammer Of Thor' oder ' The Hunt' ebenfalls bestens versorgt. Schwerterklappern und Morgensternschwingen der allerersten Kajüte ist in diesen Angriffszeremonien angesagt. Und wer beim feucht-fröhlichen 'Torsteins Kvaedi' nicht voller Inbrunst seine Kehle heiser scheuert, ist entweder taubstumm oder nicht Metal. Basta.
Bleibt mir nur zu sagen, dass die Erstauflage mit einigem, mir nicht bekanntem Bonusmaterial ausgeliefert werden wird. Schaut euch die Truppe auf den beiden Tourneen an – und buht Hämatom von der Bühne, wenn sie, wie in Hamburg geschehen, 'The Wild Rover' verhunzen.
Bessere Untermalung zum nächsten progressiven Met-Besäufnis wird es in diesem Jahr nicht mehr geben.
Anspieltipps: Brothers Bane; The Ride To Hel; Torsteins Kvaedi; The Hunt; Winds Of Time; Lord Of Lies, Ragnarok
- Redakteur:
- Holger Andrae