TYRANT (JAPAN) - Grimoires
Mehr über Tyrant (Japan)
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Worldchaos Production / Twilight
- Release:
- 30.06.2005
- Initiation
- Devil's Pact
- Fallen Angel Of Plague
- Bell, Book And Candle
- Rebellion Part I
- Riding The Breeze
- Rebellion Part II
- Thy Night Queen, Hecate
- Woe, Ruin And Death
- Babylon, The Great
- Prophecy Of Lucifer
- Rebirth Of Old Serpent
- Only The Moon Knows (Digipack-Bonus)
Von ein paar alten Helden abgesehen, ist die japanische Black-Metal-Szene eigentlich eher überschaubar, zumindest was Bands angeht, die international einen nennenswerten Stellenwert genießen. Vor allem das weite Feld des modernen, melodisch-orchestralen Schwarzmetalls scheint für Außenstehende relativ unbestellt zu sein. Dabei bewegt sich auch im Land der aufgehenden Sonne ein bisschen was in diesem Bereich, und die vier Herren plus Keyboarderin von TYRANT dürften durchaus die Speerspitze dieser Bewegung darstellen. "Grimoires" ist erst das dritte Album der bereits 1994 gegründeten Formation, und auch dieses Werk hat eine recht lange Entstehungsgeschichte. Der Zeitaufwand hat sich allerdings gelohnt, da man dem Drittlingswerk zu jeder Zeit anmerkt, dass es mit sehr viel Liebe zum Detail komponiert und ausgeführt wurde. Die vielschichtigen Arrangements sind zudem klanglich ausgezeichnet in Szene gesetzt, so dass zumindest der erste Eindruck hervorragend ist.
Alle Stücke des Albums sind durchzogen von orchestralen Sounds, wobei vor allem Streichersynths, Klavier und Spinettklänge dominieren. Zwischendurch sorgen schöne Einschübe dafür, dass die Kompositionen wertvolle Varianten erhalten, die verhindern, dass sich gepflegte Eintönigkeit auf hohem Niveau breit macht. Letzteres kann man allen beteiligten Instrumentalisten bedenkenlos attestieren. Besonders Gitarrist Z3 ist sehr versiert und verleiht der Leadgitarre für Black-Metal-Verhältnisse ungeheueres Gewicht, ohne sich dabei zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Gehen wir das Album der Reihe nach durch, werden wir von einem kurzen sphärischen Intro in die richtige Stimmung gebracht und begegnen in Gestalt des Openers 'Devil's Pact' einem abwechslungsreichen, düsteren Schwarzkunstwerk mit spürbaren neoklassischen Zügen. Dazu kommen dezente Hörspielelemente, gesprochene Passagen, Oboenklänge und einige melodische Klaviermotive mit ebenfalls klassischer Schlagseite sowie ein schön schräges Gitarrenlead kurz vor Schluss. Bei 'Fallen Angel Of Plague' arbeiten die Japaner mit vielen Tempo- und Stimmungswechseln, Keisukes Gesang zeigt Parallelen zu Stian Thoresen, wobei er über das ganze Album gesehen aber etwas abwechslungsärmer und weniger ausdrucksvoll klingt als der Norweger. Aufgrund der Aussprache sind die Texte manchmal ein wenig schwer nachzuvollziehen, was aber wenig ausmacht, weil Keisuke dafür im Mittelstück 'Walk Alone Under The Full Moon' streckenweise mit einem Ausdruck ankommt, der an Quorthons meisterliches Gekreische auf "Blood Fire Death" erinnert und so ein wenig Sentimentalität aufkommen lässt. Das iberisch anmutende Akustikgitarrensolo in 'Bell, Book And Candle' lässt ebenso aufhorchen wie Toshiyas starkes Schlagzeugspiel und die enorm dynamische Grundstruktur des ersten Akts von 'Rebellion', der im fünften Hauptstück gar Anklänge an den Funeral Doom zu bieten hat. Das rein instrumental dargebotene Zwischenstück 'Riding The Breeze' kündigt in sehr dramatischer Weise den zweiten Aufzug von 'Rebellion' an, der musikalisch mit Anklängen an klassischen Heavy Metal garniert ist. Die vielseitigste Gesangsdarbietung bekommen wir bei 'Thy Night Queen, Hecate', während 'Babylon, The Great' durch das sehr dramatische Break vor dem zweiten Hauptstück und einen Einschub glänzt, welcher auch einem Horrorhörspiel entstammen könnte. Das große Finale von "Grimoires" bilden die beiden knapp zehnminütigen Epen 'Prophecies Of Lucifer' und 'Rebirth Of Old Serpent', die ebenfalls recht spannend gestaltet sind, aber mit kürzerer Spielzeit vielleicht noch mehr hätten fesseln können. Mir persönlich hätte es etwas weniger neoklassischer Einfluss auch getan, aber da es dafür ja auch viele Liebhaber gibt, möchte ich das nicht als Kritikpunkt gewertet wissen.
Mit der Zeit entsteht hier und da zwar der Eindruck, dass die durchweg mehrgliedrigen und komplexen Kompositionen immer demselben Schema folgen oder sich im Aufbau zumindest stark ähneln, und so wirkliche Überraschungen selten sind, dafür bekommen wir musikalisch und produktionstechnisch sehr hochwertige Kost, die noch dazu von einem optisch sehr ansprechenden und aufwendigen Booklet illustriert wird, das die okkultistischen Texte enthält, die sich meist mit Zahlenmystik und Dämonologie befassen. Dazu ist das Beiheft sehr stilvoll bebildert. Für Käufer des limitierten Digipacks wartet das ohnehin schon knapp siebzigminütige "Grimoires" sogar noch mit einem exklusiven Bonustrack auf. So bleibt unterm Strich ein durchweg überzeugendes Album, das zwar nicht wirklich innovativ oder wegweisend ist, aber in jedem Fall auch hohen Ansprüchen genügt und Fans von DIMMU BORGIR und EMPEROR durchaus gut reinlaufen sollte.
Anspieltipps: Bell Book And Candle, Rebellion Part I, Thy Night Queen Hecate, Babylon The Great
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle