U2 - Songs Of Surrender
Mehr über U2
- Genre:
- Rock
- Label:
- Island / Interscope
- Release:
- 17.03.2023
- One
- Where The Streets Have No Name
- Stories For Boys
- 11 O'Clock Tick Tock
- Out Of Control
- Beautiful Day
- Bad
- Every Breaking Wave
- Walk On (Ukraine)
- Pride (In The Name Of Love)
- Who's Gonna Ride Your Wild Horses
- Get Out Of Your Own Way
- Stuck In A Moment You Can't Get Out Of
- Red Hill Mining Town
- Ordinary Love
- Sometimes You Can't Make It On Your Own
- Invisible
- Dirty Day
- The Miracle (Of Joe Ramone)
- City Of Blinding Lights
- Vertigo
- I Still Haven't Found What I'm Looking For
- Electrical Storm
- The Fly
- If God Will Send His Angels
- Desire
- Until The End Of The World
- Song For Someone
- All I Want Is You
- Peace On Earth
- With Or Without You
- Stay (Faraway, So Close!)
- Sunday Bloody Sunday
- Lights Of Home
- Cedarwood Road
- I Will Follow
- Two Hearts Beat As One
- Miracle Drug
- The Little Things Give You Away
- 40
Karriereschau im reduzierten Unplugged-Gewand.
Es gibt wohl kaum ein Album, über das sich Redakteure aktuell weltweit so gerne den Mund zerreißen wie über das "neue" U2-Album "Songs Of Surrender". Zeilen wie "sinnlos bloody sinnlos" werden da bemüht und im Allgemeinen ist das Presse-Echo doch reichlich schlecht. Witzigerweise hat gerade bei mir als Fan der Band, der zugegebenermaßen die letzten Alben auch immer weniger gemocht hat als das Frühwerk, diese ausufernde Kritik dazu geführt, dass ich mich mit "Songs Of Surrender" eingehender befassen wollte, obwohl ich die Scheibe nach Ankündigung eigentlich bereits als verzichtbar abgetan hatte. Komisch, wie unser Gehirn manchmal funktioniert, oder?
Doch fangen wir vorne an: "Songs Of Surrender" ist mitnichten ein neues Alben der irischen Rock-Titanen, sondern eine Sammlung von Neuinterpretationen vergangener Hits und teilweise auch Deepcuts. Sämtliche Songs werden dabei für die Platte komplett auseinandergenommen und primär von akustischen Gitarren, Piano, Synthezisern und sehr dezenter Percussion getragen wieder neu zusammengesetzt. Oftmals bleiben dabei nur der Text und die grundlegende Melodie übrig, an denen man sich als Hörer oder Hörerin festhalten und den jeweiligen Song erkennen kann. Praktisch ist "Songs Of Surrender" U2s Version einens "MTV Unplugged"-Konzerts, nur eben erweitert um die Möglichkeiten einer kontrollierten Studio-Umgebung. Für mich als alten Fan der MTV-Reihe also eigentlich ein gefundenes Fressen, hätte ich persönlich doch eine Neuinterpretation im rockigen Kontext eher überflüssig gefunden. Immerhin sind die Originalversionen von Klassikern wie 'Sunday Bloody Sunday' oder 'One' sowieso unantastabar.
Aber ist das quasi Akustikalbum nun wirklich so schlecht, wie es von anderen Kritikern bewertet wird? In meinen Ohren keinesfalls, denn ich fand den Ritt durch die insgesamt satten 40 (!) Songs, die in der Deluxe-Edition geboten werden, über weite Strecken spannend und überraschend unterhaltsam. Der Einstand ist dabei allerdings eher holprig, denn die neue Interpretation des Klassikers 'One' ist mit reichlich Pathos überladen und 'Where The Streets Have No Name' verliert auf "Songs Of Surrender" jegliche Magie, die das Markenzeichen der Originalversion ist und mir bis heute eine dicke Gänsehaut verpasst. Nein, es ist erst das primär auf akustische Gitarre und Gesang reduzierte 'Out Of Control', bei dem das Rezept des quasi Akustikalbums aufgeht. Dann aber auch so richtig, denn in dieser Version ist der Klassiker eine umheimlich eindringliche Ballade, die unter die Haut geht. Generell sind es oftmals die ursprünglich eher rockigen Songs, die im neuen Gewand eine gute Figur machen. 'Beautiful Day' etwa wird vom Gute-Laune-Rocker zu einem eindringlichen Appell an die Schönheit des Seins und 'Vertigo' verliert trotz reduzierter Instrumentierung seinen Drive nicht und überzeugt sogar mit wunderschönem Cello-Einsatz.
'Stuck In A Moment You Can't Get Out Of' oder das jüngere 'Song For Someone' sind da schon deutlich naheliegendere Kandidaten für dieses reduzierte Soundgewand und funktionieren wenig überraschend auch in der Neufassung gut. Die ganz großen Höhepunkte markieren für mich aber 'Bad' und 'Until The End Of The World', die beide durchaus an den Qualitäten der Originale kratzen. Und ja, auch 'Sunday Bloody Sunday' macht als akustischer politischer Appell immer noch eine sehr gute Figur, was man hingegen von anderen Klassikern wie 'Desire' oder 'I Still Haven't Found What I'm Looking For' nicht behaupten kann, die zu seelenlosen Karrikaturen ihrer selbst entstellt werden. Und auch das mit Pathos überladene 'Walk On', dem sogar noch ein moderner Bezug zum Ukrainekrieg aufgezwungen wird, ist eher peinlich als berührend.
Der Rotstift hätte auf "Songs Of Surrender" also durchaus gut getan, denn mit einer Trackliste von 10 - 15 Songs hätte das hier eine runde und gelungene Angelegenheit werden können. So muss ich dann schlussendlich doch den Kritikern darin Recht geben, dass der "neue" U2-Langdreher definitiv seine Längen hat. Hat man aber die Geduld, sich die Rosinen rauszupicken, dann verbergen sich im schier unüberwindbaren Berg von Songs aber auch einige echte Diamanten, deren Entdeckung sich nun einmal auch lohnt.
Werde ich nun "Songs Of Surrender" sofort ordern? Nein, definitiv nicht, dazu ist auch mir die Qualität nicht durchgehend hoch genug. So schlecht wie es aktuell gemacht wird, ist dieses Experiment der Iren aber eben auch nicht und wegen der durchaus zahlreich vorhandenen Highlights wird die Scheibe ihren Weg in meine U2-Sammlung finden, auch wenn ich dazu auf die etwas gnädigeren Preise mit mehr Abstand zur Veröffentlichung warten werde.
- Redakteur:
- Tobias Dahs