U.N.K.L.E. - Never Never Land
Mehr über U.N.K.L.E.
- Genre:
- Trip Hop
- Label:
- Island / Universal
- Release:
- 06.10.2003
- Back And Forth
- Eye For An Eye
- In A State
- Safe In Mind
- Something Stronger
- What Are You To Me?
- Panic Attack
- Invasion
- Reign
- Glow
- Inside
Das Intro fasst die Situation zusammen: "Life goes back and forth, back and forth" erklärt die Stimme, bevor ein gesampelter OZZY OSBOURNE eine Gänsehaut erzeugt, indem er den Refrain von 'Changes' intoniert.
"Never Never Land" ist eine schwierige Platte. Schwierig dürfte auch schon die Geburt das Albums an sich gewesen sein: Hatte James Lavelle bei seinem Debüt "Psyence Fiction" neben Partner DJ SHADOW noch Thom Yorke, Richard Ashcroft und Dutzende von weiteren Gasthelfern an Bord, bleibt er hier bis auf ein paar prominente Sänger und eine Band, die seine Sachen umsetzt, weitestgehend allein. Und das wiederum macht "Never Never Land" zu dem Album, mit dem er sich selbst und den Zuhörern beweisen muss, wie gut er wirklich ist. Und er ist verdammt gut.
Die Binsenweisheit, dass man den Song vollkommen auf sich wirken lassen müsse, trifft bei dieser Platte ausnahmsweise komplett zu: 'Eye For An Eye' beispielsweise, die erste Singleauskopplung und ein wahnsinnig intensiver Track, ist ein Geniestreich. Trip Hop, wie man ihn besser kaum machen kann, es sei denn, man heißt TRICKY und bringt sein erstes Album heraus. Akustikgitarren, verträumt-vertrackte Beats und ein Refrain, der sich im Melodiezentrum des Gehirns festsaugt wie ein aus Tönen bestehender Blutegel.
Danach geht die Reise dorthin, wo höchstens die LSD-Konsumenten in den Siebzigern schon gewesen sind: In eine Welt aus akustischen Formen und Farben, die vielseitig, merkwürdig, klaustrophobisch entrückt und märchenhaft zugleich ist. Psychedelische Musik in ihrer schönsten Ausprägung, warme elektronische Beats und Songs von einer fragilen Grazie, wie man sie sonst selten antrifft in diesem von so viel Oberflächlichkeit geprägten musikalischen Universum.
Es sind ganz spezielle musikalische Momente, die "Never Never Land" prägen. Wenn Josh Homme von den QUEENS OF THE STONE AGE auf dem psychotischen Elektro-Bastard 'Safe In Mind' in einer Tonlage singt, die es schwer macht, ihn überhaupt zu erkennen, zum Beispiel. Wenn Ian Brown, früher bei den STONE ROSES, einen Track namens 'The Reign' intoniert, der auf perfekt-bezaubernde Art den Geist des aktuellen Brit-Rock einfängt und ihn mit lässigen englischen Club-Techno-Beats vermischt. Wenn mit 'Glow' am Ende ein fast nur mit Gitarre dargebotener Diamant folgt, der auch ohne Thom Yorke wie ein vergessener RADIOHEAD-Song klingt. Wenn man sich in den Songs verliert wie in einem dunklen und alptraumhaft spacigen Keller, in dem dennoch hier und da warmes Licht durch die Ritzen scheint.
UNKLE waren und sind das Kind von James Lavelle, das wird bei "Never Never Land" eindeutig klar. Das Fehlen von Rhythmusmeister und Ex-UNKLE Mitglied DJ SHADOW macht die Platte dabei nicht schlechter, sondern sorgt im Gegenteil eher dafür, dass die Songs mehr von ihrer Struktur selbst als von allzuviel Beats und Elektronischen Spielereien leben müssen, und dadurch berückender, ruhiger und eben songorientierter werden. Ein ganzes Füllhorn aus Ideen ergießt sich über den Zuhörer, fast zu überladen wirkt dieses mehr an MASSIVE ATTACK denn an SHADOWS' Solo-Sachen orientierte Album mit Melodien, Experimenten und guten Kompositionen.
Neben dem ebenso psychedelischen Solo-Ausflug des CYPRESS HILL-Plattendrehers DJ MUGGS vielleicht die beste Trip-Hop-Platte diesen Jahres.
Anspieltipps: Eye For An Eye; Invasion; Safe In Mind
- Redakteur:
- Sebastian Baumer