ULYSSES SIREN - Above The Ashes
Mehr über Ulysses Siren
- Genre:
- Bay Area Thrash
- Label:
- Relentless Records
- Terrorist Attack
- The Reich
- Lake Of Fire
- Leviathan
- Above The Ashes
- The Resurrection
- No Trace Of Shame
Ihr wollt gern mal in den musikalischen Wahnsinn getrieben werden? Ihr schädelt euch auch heute noch wild geworden die Matte zu "Bonded By Blood" von der Rübe? Ihr lauft Luftgitarre spielend zu "Breaking The Silence" durch euer Wohnzimmer? Ihr sucht immer noch nach adäquatem Futter für euer unbändiges Verlangen nach ähnlich intensivem Futter?
Gut, hier habt ihr es! "Above The Ashes" setzt genau dort an, wo EXODUS, trotz aller Qualität, nach ihrem epochalen Wunderwerk aufgehört haben. Und Titel wie 'Terrorist Attack', 'Lake Of Fire' oder 'The Reich' halten, was sie versprechen.
Aber genug der blumigen Vorrede, ihr wollt Fakten, nichts als Fakten, denn ihr seid Metaller, die akribischen Detailsammler, die eine CD erst richtig genießen können, wenn ihnen sämtliche Hintergrundinformationen zur Band, Aufnahmesession, Texten und Artwork vorliegen. ULYSSES SIREN wurden im Jahre 1983 in San Francisco von Gitarrist Steve Pickering und Sänger Manuel Lopez gegründet. Nach einigen Besetzungswechseln spielte man mit J.R Clegg an der zweiten Klampfe, Steve Heuser hinterm Schlagzeug und Joe Jimenez am Bass ein Demo ein, welches wie eine Bombe im Untergrund einschlug. Weitere Austauschaktionen folgten, indem man Jon Torres an die vier Saiten zitierte. Diesen Veteranen kennt der Eingeweihte natürlich von LAAZ ROCKIT, SLOUGH FEG, ANGEL WITCH und auch HEATHEN. Wie so vielen andere grandiose Kapellen dieser Zeit, lösten sich ULYSSES SIREN nach einem zweiten Demo leider Ende der 80er auf. JR Clegg tauchte später unter anderem noch bei den famosen MY VICTIM auf, deren Demos ich zu den besten Tapes zähle, die jemals eingespielt wurden und sammelte mit deren Sänger Torre Carstensen unter dem Namen BAD PRESS weitere Erfahrungen. Wem nun auch der Name dieses Sängers bekannt vorkommen sollte, dem sei gesagt, dass eben jener auf der WARNING SF Scheibe "Aftermath" vor drei Jahren zu bewundern war. Und wer spielte da doch gleich Gitarre? Jon Torres. Die Welt ist klein.
Wenden wir uns aber endlich(!) konkret dem vorliegenden Wunderwerk zu. Die vertretenen Aufnahmen stammen aus den Jahren 1985 und 1987 und sollten deshalb nicht mit den modernen Produktionsmaßstäben gemessen werden. Selbst wenn man dies tun würde, würden alle sieben Thrash-Perlen den Zeitgeist bestehen, denn was zählt, ist doch immer noch die kompositorische Klasse, oder? Wirkliche Granaten brauchen nämlich keine extrem dynamische Produktion als Rückenwind, um den geneigten Hörer energischer Gitarrenklänge zu erfreuen. Die wahre Power kommt doch wohl aus der Musik selbst. Und Power ist auch genau das richtige Zauberwort, welches das hier zu hörende Klangerlebnis am besten umschreibt. Angefangen beim kongenialen Riffing der drei beteiligten Axtschwinger, über das knackige Basspumpen bis hin zum herrlich hektischen Drumming, rattert auf "Above The Ashes" ein frisch geölter ICE über den Hörer hinweg und macht ihn erst mal platt. Darüber agiert Manny Lopez in bester Paule-Manier mit aggressivem Schrei-Gesinge. Passt natürlich zu sanften Textergüssen der Marke "Raging Metal rips open their flesh, blood spills from their bodies til nothing is left" wie die berühmte Faust aufs Auge. Der gute Mann scheint sich während der Aufnahmen in einen wahren Rausch gesungen zu haben, denn alle Texte werden derart authentisch wiedergegeben, dass man gelegentlich etwas Angst bekommt. Spätestens, wenn er zu seinen ganz spitzen Schreien ansetzt, sollten kalte Umschläge – wahlweise auch Getränke – gereicht werden.
Spüre ich da etwa ungläubige Blicke am Monitor? Dann solle er doch bitte einmal den knusprigen Titelsong in die heimische Anlage legen und mir erzählen, dass er beim Genuss eben jener Klänge zur Abkühlung keine Metalschorle benötigt. Eben.
Den totalen Overkill bereitet mir allerdings immer das eröffnende 'Terrorist Attack', welches mich auch nach unendlicher Dauerbenutzung immer noch ins selige Metal-Koma verfrachtet. Dieser Song ist so erregend, fies und böse, dass man sich zwingend fragt, wer denn nun den Slogan "Good friendly violent fun" erfunden hat. Und das Allerbeste an der ganzen Chose ist der Fakt, dass ULYSSES SIREN bei aller Hektik und Kraft niemals sinnlos klingen. Alle Kompositionen sind wohl durchdacht und erinnern in ihren Strukturen manchmal an ganz alte MEGADETH-Sachen ('The Reich').
Einziges Manko der grandiosen Scheibe ist ihre Kürze. Man darf nur hoffen, dass die Truppe, die aktuell wieder aktiv ist, demnächst neues Futter nachreichen wird. Auf alle Fälle wird sie im Juli die Scheune des HOA-Festivals in einen Thrash-With-Class-Tempel verwandeln, in dem der Schreiber dieser Zeilen sicherlich ein paar ausgerenkte Halsmuskel lassen wird. Das wird ein Fest!
Anspieltipps: Terrorist Attack, The Reich, Lake Of Fire, Leviathan, Above The Ashes, The Resurrection, No Trace Of Shame
- Redakteur:
- Holger Andrae