UNLEASH THE ARCHERS - Phantoma
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/24
Mehr über Unleash The Archers
- Genre:
- Heavy/Power Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 10.05.2024
- Human Era
- Ph4/NT0mA
- Buried In Code
- The Collective
- Green & Glass
- Gods In Decay
- Give It Up Or Give It All
- Ghosts In The Mists
- Seeking Vengeance
- Blood Empress
Sanctus stercore! Die Bogenschützen haben sich selbst in standardisierte Melodic Metal-Ketten gelegt! Warum nur?
"Da steh' ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!" - Nicht gerade üblich die Besprechung einer Metal-Platte mit einem Zitat von Meister Goethe zu beginnen. Aber seltsame Momente erfordern seltsame Maßnahmen. Selten habe ich eine Platte so gerne lieben wollen, selten habe ich es so lange auf verschiedene Arten und Weisen versucht. Selten bin ich so kläglich gescheitert wie im Falle von UNLEASH THE ARCHERS und "Phantoma". Vom Beginn ihrer Karriere an umgab die kanadische Power Metal-Truppe mit der stimmgewaltigen Frontfrau Brittney Slayes eine gewisse Magie, irgendetwas Geheimnisvolles und Mystisches. Dabei habe ich erst relativ spät die Frühwerke der Band für mich entdeckt, auch und gerade durch die Tipps einiger User in unserem Forum. Inzwischen gehört eine Scheibe wie "Demons Of The Astrowaste" (2009) für mich zum Kanon des Power Metals im 21. Jahrhundert (auch wenn ich bei dem Titel immer an "Bernd, das Astrobrot" denken muss). Die entfesselten Bogenschützen veredelten ihren kraftvollen und staubbefreiten Epic Power Metal mit sehr treffsicher eingestreuten, bitterbösen Death Metal-Eruptionen. Auf diese Weise entstanden eine mitreißenden Dynamik und grandios eigenwillige kompositorische Spannungsbögen, die mein metallisches Herz im Sturm eroberten.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich dann ich die weitere Entwicklung von UNLEASH THE ARCHERS verfolgt, die mit einem Rundschleifen so mancher Ecke, einem Zurückdrängen des Bösen, und einem Teilverlust der Einzigartigkeit einherging. Allerdings bewahrte sich die Band auf einem viel beachteten Album wie "Apex" (2017) noch ihre fesselnde Intensität und Durchschlagskraft und konnte sowohl mit facettenreichem Songwriting als auch mit punktgenauen Arrangements voll überzeugen. Nun stand also "Phantoma" vor der Tür, eine vom Dauerbrennerthema künstliche Intelligenz inspirierte Konzeptscheibe wurde uns angekündigt. Die erste Promo-Single hat mich nicht gerade aus den Latschen gehauen, aber oft werden ja vorab eher die eingängigeren, einfacher gestrickten Songs präsentiert, dachte ich mir. Die Vorfreude war jedenfalls ungebrochen, doch dann kam, was wohl kommen musste. Ich gönnte mir einen ersten Durchlauf von "Phantoma, und einen zweiten, einen dritten - und irgendwie passierte... nichts! Die alten Trademarks waren kaum noch zu erkennen; stattdessen gab es mal eine HAMMERFALL-Hommage hier, mal ein bisschen DRAGONFORCE da, dann ziemlich viel Geplätscher dazwischen und außer einer tollen Stimme wenig wirklich Mitreißendes. Was war da nur los? Hatten die Götter der Kreativität diese einst großartige Band verlassen? Schielte man gar insgeheim auf das BEYOND THE BLACK-Publikum? Ich war irritiert und ratlos.
Auch heute, einige Zeit später, hat sich nicht allzu viel geändert an meiner Einschätzung. Ich habe mich inzwischen etwas näher mit der Konzeptstory beschäftigt, viele schöne, locker-flockige Melodien und einige dramaturgisch wertvolle SONATA ARCTICA-Momente entdeckt. Aber trotzdem ist da keine Liebe entstanden zwischen "Phantoma" und mir. Ich höre gerade in der Mitte des Albums viel zu viel Melodic Metal-Normalität und viel zu wenig Inspiration und Mut. Wäre ich mit weniger oder keinen Erwartung an die Platte herangegangen, müsste ich jetzt auch nicht so sehr mit dem Gefühl der Enttäuschung kämpfen. Denn etwas objektiver betrachtet ist "Phantoma" alles andere als schlecht. Aber ich habe mir eben von UNLEASH THE ARCHERS deutlich mehr erhofft, nämlich die Eigenwilligkeit, die musikalische Explosivität und das Charisma der guten alten Tage. Es gibt genau ein Lied auf dem Album, das mich in ansatzweise ähnlicher Weise anspricht und fasziniert wie einst Killersongs der Marke 'Realm Of Tomorrow', und das heißt 'Buried In Code'. Wirklich schade... Trotzdem sollten alle Melodic (Power) Metal-Fans ruhig mal ein Ohr riskieren und "Phantoma" eine Chance geben. Vielleicht entdeckt ihr ja mehr als ich Verbohrter, Rückwärtsgewandter. Das würde mich sogar aufrichtig freuen!
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan