UNLOVED - Killersongs
Mehr über Unloved
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 14.02.2006
- Your Greed
- Heading Nod
- Pandóra
- Come Posing
- Drifting Away
Sie schwebt. Über den ruhigen Rockklängen von UNLOVED scheint die Stimme von Shya zu thronen, im Sinne einer jungen und wunderbaren Königin. Die Sängerin der Leipziger Band zeigt auf deren neuer Mini-EP "Killersongs", dass sie seit der 2004er CD "My Way To Run" noch besser gelernt hat, ihr Organ in fast schon engelsgleicher Art erklingen zu lassen. Gleichzeitig trauen sich die anderen Musiker mehr und mehr in noch experimentelleren Gefilden zu spielen. Heraus kommt ein Klang, der irgendwo zwischen BJÖRK, GARBAGE und aktuellen THE GATHERING eine eigene Nische besetzt um von dort aus die Hörer zu bezaubern.
So nennen die Musiker ihren Sound "Brombeer-Rock" - wohl in dem Wissen, dass sie mit ihrer Kreativität derzeit dabei sind, wunderschön-individuelle Tonkunst zu kreieren, der in keine Schublade so recht passen möchte. Lange abgeschlossen ist das Kapitel, als die Band von 1999 bis 2004 kaum vom Fleck kam und nicht so recht wusste, wofür das musikalische Ungeliebtsein stehen sollte. Ein eindrucksvolles Beispiel der stringenten Entwicklung hin zu neuen Ufern ist beispielsweise 'Come Posing' von der neuen EP. Es ist ein langsam, abwartend beginnendes Stück, dass sich immer weiter steigert, mit seinen zwischendurch sehr druckvollen Gitarren fast schon in Metal-Gefilden spielt - und dann plötzlich wieder in totale Ruhe absinkt, um hernach doch wieder dynamisch zu erblühen. UNLOVED klingen in solchen Sequenzen nicht wie eine beliebige Aneinanderreihung von Tönen, alles fließt wohlüberlegt und organisch, trotz des progressiven Anspruchs bleiben die Lieder zugänglich. Auch elektronische Vibes und Trip-Hop-Anleihen gehören zu den "Killersongs", selbst funkige Klänge wie im abschließenden 'Drifting Away' finden in der UNLOVED'schen Ideendichte ihren Platz. Gerade die ständige musikalische Abwechslung setzt das Sextett damit auf eine ähnliche hohe Stufe wie die holländischen THE GATHERING. Dabei sind die "Killersongs" - obwohl eine Eigenproduktion - erstklassig aufgenommen und abgemischt, für den soundtechnischen Feinschliff sorgte der Leipziger DISILLUSION-Sänger Vurtox in seinem Salvation Studio.
So bleibt eine Band, die sich spätestens mit "Killersongs" etabliert, die spannend und frisch klingt, die gefühlvolle Stimmungen mit dem nötigen Quäntchen Rock versieht um nicht in gotische Kitschklischees zu verfallen. Damit besitzen die sechs Tonkünstler jene Gabe, die vielen anderen Bands mit Frauenstimme fehlt: Musik zu machen, die Freiraum lässt für eigene Gedanken statt mit pseudotraurigen Stimmungen jede andere Gefühlsregung zu verkleistern. "Musik, die aus dem Bauch kommt und ans Herz geht; Songs, die zum Tanzen und gleichfalls zum Träumen einladen; Lieder, vom Leben geschrieben", so erklärt die Band den selbst gewählten - und eingelösten - Anspruch.
Das Streben nach hoher Qualität bezieht sich dabei nicht nur auf die Musik: Das in dunklem Pink gehaltene Cover von "Killersongs" zeigt eine Sanduhr, darin ein Schiff im schweren Seegang, daneben eine Art wütenden Meeresgott, der scheinbar vom abfließenden Wasser nach unten in die zweite Kammer der Uhr gezogen wird. So lässt das Motiv Raum zur Interpretation: Die Zeit als letzte Instanz alles Seins, sogar stärker noch als die Götter? Oder ist es ein bloßer visueller Bezug zu dem Song 'Heading Nod'? Dieses Stück bezaubert mit schwermütig-seemännischen Melodien, zu denen UNLOVED-Dame Shya von der Weite des Meeres zu erzählen scheint, wenn sie gefühlvoll singt: "There'll be no deliverance, there's no use counting backwards to the parting of ways." Es ist dieser Raum für Interpretation und geistige Beschäftigung, der Kunst eben erst zu Kunst macht; und nicht zu Massenware, die gängige Klischees und Meinungen bedient. UNLOVED jedenfalls entziehen sich den gängigen Kategorisierungen und bauen an ihrer eigenen Vision von facettenreicher und anspruchsvoller Musik zwischen Metal, Alternative, Trip-Hop und Elektro-Tönen. Dass die "Killersongs" wohl noch nicht das Ende der musikalischen Arbeit und Entwicklung sind, lässt Sängerin Shya im Booklet bei den Grüßen durchblicken. Sie dankt dort "dem Rest von UNLOVED - für einen gemeinsamen Traum, den wir gemeinsam verwirklichen." Wenn die musikalischenVisionen von UNLOVED weiter so konsequent und herzblutend in erfrischend andere Klänge umgesetzt werden, hat Leipzig bald neben DISILLUSION und DARK SUNS die dritte Überflieger-Band. Die "Killersongs" haben jedenfalls ihren wohl bewusst gewählten Namen dank ihrer außergewöhnlichen Qualität mehr als verdient. Traumhaft schön.
Anspieltipps: Alles
Service: Zur Veröffentlichung der Platte veranstalten UNLOVED am 14. Februar im Leipziger Dark Flower-Club eine Record Release Party. Am 4. März steigt dann in der Leipziger Moritzbastei das erste Konzert zur neuen Scheibe.
- Redakteur:
- Henri Kramer