UNPROCESSED - ... And Everything In Between
Mehr über Unprocessed
- Genre:
- Modern Prog Metal / Djent
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 01.12.2023
- Hell
- Lore
- Thrash
- Blackbone
- Die On The Cross Of The Martyr
- Glass
- Abysm
- I Wish I Wasn't
- Purgatory
Wie eine Kreuzung aus POLYPHIA und BMTH klingen könnte...
Ich bin ehrlich: Trotz bisher zwei veröffentlichter Alben war mir der Name UNPROCESSED bisher nicht geläufig. Beim Namen von Bandkopf und Fronter Manuel Gardner Fernandes klingelt es dagegen sehr wohl, immerhin ist der Wiesbadener seit Jahren auf Social Media extrem aktiv und lässt sich vielleicht als das deutsche Gegenstück zu Gitarrenvirtuose Tim Henson beschreiben. Ähnlich wie der revolutionäre Amerikaner hat sich auch Fernandes der Verschmelzung der verschiedensten Genres verschrieben und beeindruckt auf YouTube und Instragram mit seinen wahnwitzigen Fertigkeiten an der Gitarre. Mit seiner Band UNPROCESSED, in der er gemeinsam mit David Levy (Bass, Synthesizer), Christoph Schultz (Gitarre) und Leon Pfeifer (Schlagzeug) seine musikalische Vision verwirklicht, legt er nun das dritte Album "... And Everything In Between" vor, das uns insgesamt neun frische Songs präsentiert.
Wenig überraschend ist Tim Hensons Band POLYPHIA auch musikalisch ein guter Referenzpunkt, wenn man den Sound des deutschen Quartetts beschreiben möchte. Sobald der Fuß nämlich vom Gaspedal wandert und die Verzerrung der Gitarre zurückgenommen wird, sind die Ähnlichkeiten zu den amerikanischen Prog-Göttern frappierend. Doch keine Sorge, ein lahmer POLYPHIA-Abklatsch ist UNPROCESSED beileibe nicht, denn wo die Amerikaner auf reine Instrumentalmusik setzen, werden auf "... And Everything In Between" auch wuchtige Shouts, Screams und Klargesang serviert. Ebenso ist die metallische DNA der Band immer klar herauszuhören, weshalb gerade in den härteren Momenten auch Kollegen wie BRING ME THE HORIZON oder sogar MESHUGGAH als Referenzpunkte in den Sinn kommen.
Das Problem bei proggigen Acts, bei denen das Verschieben der eigenen Grenzen im Vordergrund steht, ist für mich aber immer, dass gerne zwischen technischen Kabinettstückchen, abgedrehten Taktarten und wilden musikalischen Richtungswechseln das zwingende und kompakte Songwriting auf der Strecke bleibt. Und auch UNPROCESSED kämpft zumindest teilweise mit diesem Problem, wobei der Opener 'Hell' noch als absoluter Volltreffer durchgeht. Mit seinem tollen Refrain, der absolut sprachlos machenden Gitarrenarbeit und unheimlich wuchtigen Breakdowns bringt die Nummer aber auch wirklich alles auf den Punkt, was modernen Prog Metal heuzutage ausmacht. 'Lore' und 'Thrash' gelingt der Balanceakt zwischen Progressivität und Eingängigkeit danach aber nicht so recht, denn beide Tracks verlieren sich zumindest in meinen Ohren oftmals in den bereits erwähnten musikalischen Kabinettstückchen und kommen nie recht zum Punkt.
Ganz anders sieht das bei 'Blackbone' aus, das mit seinen Klargesängen ein absoluter Ohrwurm ist und gemeisam mit den ebenfalls eher seicht angelegten 'Abysm' und 'Glass' als weiterer Anspieltipp genannt werden muss. Etwas kritischer als diese Volltreffer muss ich aber die oftmals doch sehr große stilistische Nähe zu POLYPHIA sehen, denn ohne die explizite Nennung des Gastauftritts von Tim Henson und Scott LePage (ebenfalls Gitarrist bei POLYPHIA), hätte ich nur mit Mühe erraten, dass es sich bei der Koproduktion um den Song 'Die On The Cross Of The Martyr' handelt. Klar, der Stil, den Henson populär gemacht hat, erfreut sich heute in der gesamten Gitarren-Community großer Beliebtheit, doch Manuel ist hier für meinen Geschmack doch oft zu dicht am Orginal dran und veliert damit etwas an Eigenständigkeit.
Gut, dass es hierbei aber nur primär um die ruhigeren und elektronischeren Momente geht, denn durch die harte Metalcore-Kante, die UNPROCESSED ebenfalls über weite Strecken fährt, wird die stilistische Nähe nie zu einem großen Problem. Solltet ihr euch also schon immer einmal gefragt haben, wie es klingen könnte, wenn Tim Henson in eine Band wie BRING ME THE HORIZON einsteigen würde, dann bekommt ihr mit "... And Everything In Between" eine durchaus beeindruckende Antwort.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Tobias Dahs