UNREAL TERROR - The New Chapter
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2017
Mehr über Unreal Terror
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Jolly Roger / Cargo
- Release:
- 06.10.2017
- Ordinary King
- Time Bomb
- All This TIme
- Fall
- The Thread
- One More Chance
- Trickles Of Time
- It's The Shadow
- Lost Cause
- Western Skies
Die Achtziger leben noch!
Ich bin sicher nicht der einzige, der UNREAL TERROR nicht kennt, aber die Band hat Mitte der Achtziger eine EP und ein Album mit dem Titel "Hard Incursion" veröffentlicht, das allerdings aufgrund der Herkunft der Buben bei uns eher wenig Aufsehen erregte. Ich hatte das Album der Italiener nämlich bisher noch nie gesehen. Das war 1986, 1989 löste sich die Band auf, nun springen wir mal in das Jahr 2017, denn da erscheint mit "The New Chapter" der Nachfolger, den man auch legitim als solchen bezeichnen darf, da drei der vier originalen Musiker der ersten EP noch mit von der Partie sind.
Ich habe nun mehrfach die EP und das Debütalbum gehört und ich bin sicher, dass ich vor dreißig Jahren völlig begeistert gewesen wäre, wenn UNREAL TERROR eben nicht im italienischen Underground verschollen gewesen wären. Die rohe, noch leicht punkige EP ist ein Kleinod für Liebhaber des US Metals, auch wenn dieser nicht aus den USA kommt, die komplexere Debütscheibe hat einen durchaus progressiven Einschlag, sodass ich sie stilistisch mit der ersten FATES WARNING-Scheibe vergleichen möchte. Bleibt die Frage: Können sie es noch?
Zuerst einmal ist der Sound der Band reifer geworden. Das darf man nach der langen Zeit erwarten, die jugendliche Punk-Attitüde kann man nicht über mehrere Dekaden konservieren. Trotzdem ist es sicher ungewöhnlich, mit einem langsamen, progressiven Power-Metal-Song zu eröffnen, der früher ein typischer Kandidat für das Ende einer Vinylseite gewesen wäre. Aber 'Ordinary King' entpuppt sich nach einigen Durchgängen als effektiver Ohrwurm, der auf den Punkt komponiert wurde. Das größte Achtziger-Feeling verströmt Sänger Luciano Palermi, der beim ersten Hören zwischen gewöhnungsbedürftig und eigenwillig schwankt, was sich auf dem folgenden 'Time Bomb' noch verstärkt. Aber das Ding ist ein echter Hit! Hier wirft UNREAL TERROR allerdings den Prog weitgehend über Bord und geht sehr direkt zu Werke, bis auf einen kleinen Ausflug im Mittelteil. Ja, tatsächlich, ich würde auch jetzt noch Ansätze der frühen FATES WARNING als Vergleich heranziehen. Aber sicher könnten auch Dutzende anderer Bands der US-Szene der Achtziger als Vergleich herhalten, in jedem Fall versprüht "The New Chapter" ein nostalgisches Gefühl, ohne antiquiert zu wirken.
In einer Zeit, in der Fans der seligen Hochzeit des Underground-Metal immer obskurere Wiederveröffentlichungen kaufen müssen, um ihrer Leidenschaft zu frönen, sind die Italiener ein gutes Zeichen: Das geht auch heute noch, denn sie kriegen die Balance hin zwischen erfrischender, nicht immer am Reißbrett durchkonstruierter Musik, die sich weigert, einfach weggeordnet zu werden, und eine gelungenen, aber nicht perfekten Ausführung, mit der sie sich sicher nicht in die Hitparaden, aber wahrscheinlich in die Herzen besagter Fans spielen können. Ich brauchte ein paar Durchgänge, aber was nicht als Liebe auf den ersten Blick beginnt, hält möglicherweise länger.
Wer mal reinhören will, kann das mal beim Videoclip zu 'Time Bomb' tun.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Frank Jaeger