UNRU - Als Tier ist der Mensch Nichts
Mehr über Unru
- Genre:
- Black Metal / Crust
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Supreme Chaos Records
- Release:
- 25.03.2016
- Zerfall & Manifest
- Das Anna-Karenina-Prinzip
- Hedonee
- Totemiker
Eine neue Anleitung zur Selbstzerstörung!
Verstörend und zerstörend - derartige Attribute konnte UNRU bereits auf den bisherigen beiden Split-Releases mit PARAMNESIA und SUN WORSHIP für den eigenen Sound verbuchen. Auf der ersten Full-Length der Truppe aus Bielefeld werden diese Ansätze nun fortgeführt, beginnend beim Artwork bis hin zur eigenwilligen musikalischen Vollendung des destruktiven Grundprinzips. Und das muss man erst einmal schlucken.
Denn schon in den ersten Takten von "Als Tier ist der Mensch Nichts" begegnen dem Hörer radikale Verrohung und bizarres Riffing im Rahmen einer Old-School-Black-Metal-Kampagne. Die Nummer ist nach schleppendem Beginn zwar äußerst zielstrebig umgesetzt, die vielen Details, die man in 'Zerfall & Manifest' verewigt hat, öffnen sich jedoch zunächst noch nicht. Die etwas verzerrte Schärfe in der ruppigen Produktion trifft aber auch die übrigen Nummern des Debüts. 'Das Anna-Karenina-Prinzip' gestaltet sich zwar auch in Überlänge recht fokussiert und stellenweise überraschend temporeich, jedoch verschwimmen viele kleine Anekdoten mit dem schwammigen Klanggemisch, das sich die Band hat zurechtzaubern lassen. Dass in der brachialen Schwarzmetall-Materie nämlich durchaus Raum für viele verspielte Eigenheiten ist, kann man erst bei der intensiveren Auseinandersetzung mit den vier Songs filtern.
Noch schwerer gestalten die Ostwestfalen schließlich den dritten Brocken im Bunde. 'Hédonée' steht mit seinen doomigen Crust-Elementen in krassem Kontrast zu den eher flotteren Black-Metal-Geschossen der Scheibe und markiert den destruktiven Höhepunkt der Scheibe. Die punkige Attitüde in Kombination mit der brachialen Herangehensweise wirkt absolut verstörend und befremdlich, nicht jedoch abstoßend oder über's Ziel hinaus. Und genau an diesem sperrigsten Punkt öffnet sich schließlich das kleine Meisterstück, das die Band mit "Als Tier ist der Mensch Nichts" erschaffen hat: Monumentale Klangfelder, martialische Gitarren, chaotisches Songwriting und dennoch ein Blast, den man in keiner Tempolage verachten mag - das ist UNRU, und das ist der Sound, der aus den bekannten Versatzstücken etwas Innovatives herausschlägt.
Trotzdem wird dieses Werk vielen verschlossen bleiben, weil die gezielte Verrohung die absolute Deformierung von Easy Listening ist. Doch bei UNRU geht es nicht um den Effekt des krassen Ausdrucks, sondern am Ende doch um brutale Tonkunst, die sich jedoch erst erschließen lässt, wenn man "Als Tier ist der Mensch Nichts" auf Dauerschleife stellt. Dann nämlich entdeckt man den Sinn hinter den chaotischen Experimenten, dann öffnen sich Tür und Tor, und dann begreift man, dass hinter diesen Kompositionen mehr Aussagekraft steckt, als das Self-Destruction-Format erahnen lässt. Sicher, das ist rein gar nix für zwischendurch, aber doch ein Album, das unterschiedliche extreme Genusskomponenten zielgerichtet miteinander vereint!
Anspieltipps: Das Anna-Karenina-Prinzip, Hédonée
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes