VALBORG - Nekrodepression
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2012
Mehr über Valborg
- Genre:
- Progressive Metal / Death Metal / Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Zeitgeister Music
- Release:
- 02.11.2012
- Sakrale Vernichtung
- Ich fresse die Sommernacht
- Zyklop
- Tempelberg
- Kloster
- Kugelblitz
- Under The Cross
- Massaker in St. Urstein
- Springtime Woman
- Taufe
- In Ekklesia
- Opfer
Für Anhänger schwerer und doch fesselnder Düster-Metal-Klänge.
Ein Zyklopenskellet mit aufgerissenem Maul und Maschinenpistole in der Hand starrt uns vom grau-braun gehaltenen Cover entgegen, auf welchem das karge, kalte Logo der Band VALBORG prangt. Die Scheibe eingelegt, lassen uns erst einmal ein paar krasse Rückkoppelungen die Ohren klingeln, und dann nimmt die Band fahrt auf. Dunkel, wuchtig, zunächst im doomigen, marternden Rhythmus steigen die drei Bonner in ihr viertes reguläres Studioalbum "Nekrodepression" ein.
Der Titel des Openers 'Sakrale Vernichtung' verspricht nicht zu viel. Grimmig, desillusioniert und abweisend stampft die Band stoisch durch ihre dunkle Weise. Die Einflüsse sind präsent, jedoch schwer beim Namen zu nennen. Die Eckpunkte sehe ich wie schon auf den früheren Scheiben beim ungeschliffenen, stark angeschwärzten Doom, beim langsamen und zähen Death Metal und beim metallischen Sludge. Gerade wenn ein an Zähigkeit und finsterer Zugkraft kaum zu überbietendes Stück wie 'Ich fresse die alte Sommernacht' aus den Boxen erklingt, denkt man ein Stück weit an eine Synthese aus jüngeren CELTIC FROST und NEUROSIS.
Doch auch dieser Vergleich wird der Band kaum gerecht. Denn während die genannten Kollegen die erzeugte Atmosphäre gerne ausufernd in erdrückenden, mantrischen Longtracks wirken lassen, setzen die Jungs von VALBORG fast ausnahmslos auf kurze Stücke. Lediglich drei Stücke überschreiten die Vier-Minuten-Marke. Die Kürze der Stücke hilft dem Hörer meiner Ansicht nach ungemein, sich zurecht zu finden und von der Schwärze und Negativität nicht übermannt zu werden, bevor er die Kompositionen als Songs wahrnehmen und aufnehmen kann.
Doch bevor der Eindruck entsteht, dass VALBORG nur zum Ziel habe, den Hörer zu erdrücken und zu martern, sei Entwarnung gegeben. Wie schon die drei Vorgängeralben besteht auch "Nekrodepression" nicht nur aus finsterer Schwere und Dissonanz, sondern es kann auch mit Riffs und Hooklines glänzen, die sich tief im Hirn verankern. Dafür ist das großartige 'Tempelberg' ein gutes Beispiel, lässt es die Gitarre doch sehr schöne Melodien führen und so mit fein gezupften Leads und einem tonnenschweren, aber doch sehr eingängigen Hauptriff punkten. Auch der hier relativ klare Gesang ist sehr gelungen umgesetzt. Bei 'Kloster' wird das Tempo etwas angezogen, und es kommt sogar ein wenig rockiger Schwung mit gruftigem Sprechgesang auf die Scheibe, den man so gar nicht erwartet hätte. Einen kitschfreieren Gothic-Anflug, könnte man das fast nennen, der mich ein bisschen an NEFILIM oder gewisse Momente der letzten TORMENTOR-Scheibe erinnert.
Inmitten des Albums bildet dann das kurze aber sehr gelungene Instrumental 'Kugelblitz' einen Hort der Wärme und Geborgenheit, bevor uns 'Under The Cross' nach der gemächlichen Art von CROWBAR und PRO-PAIN einen Sludgecore-Brocken um die Ohren haut, der sich von und zu schreibt, und sogar noch einen Part mit BATHORY-lastiger Epik verpasst bekommen hat. Eine gewagte Mischung, die allerdings ebenso gut funktioniert wie das zum Leitmotiv des Albums erkorene 'Massaker in St. Urstein' mit der 'Suche nach dem Grab in mir', das irgendwie als VALBORGs dissonante Antwort auf 'Orgasmatron' durchgehen könnte.
Wenn wir uns langsam dem Ende des Albums nähern, dann fällt zunächst 'Springtime Woman' auf, dessen verhältnismäßig melodische Ausrichtung bei Gitarren und Gesang relativ nahe an traditionelle Doomklänge führt. Das Quasi-Titelstück 'Taufe' ist dann ein richtig fieser Brecher, der mit ambienten Hintergründen, wuchtigem Schlagwerk und der intensivsten Gesangsdarbietung der Scheibe bei aller Simplizität gewaltige Akzente setzt. Dem folgt mit 'In Ekklesia' eine ansatzweise orchestral-bombastisch wirkende Annäherung an Mittneunziger-Black-Gothic-Experimente wie bei SAMAEL oder NIGHTFALL, allerdings ohne deren sterile Momente oder auf Massenwirkung setzende Aspekte. Außerdem ist dieses Stück mit sechs Minuten Spielzeit auch das mit Abstand ausuferndste des Albums, das in das sphärische und wunderschöne instrumentale Outro 'Opfer' übergeht und so die Scheibe beschließt. Wer danach noch nicht abschaltet, der stößt ganz am Ende noch auf einen Hidden Track in Form einer musikalischen Verneigung VALBORGs vor Diedrich Hünten, Frontmann der wahrlich obskuren Bonner Untergrund-Band OBSCURE FUCKUP. Diedrich nahm sich im Herbst 1991 das Leben und war zusammen mit seiner Band ein großer Einfluss für die VALBORG-Musiker, der insbesondere auf diesem Album auch seinen Niederschlag findet.
Somit können wir zum Fazit schreiten, und das geht dahin, dass die Band mit "Nekrodepression" einmal mehr ein schlüssiges Gesamtwerk geschaffen hat, das in bester Zeitgeister-Manier musikalisch, optisch und lyrisch stimmig umgesetzt wurde. Obwohl die Stimmung weiterhin schroff und unnahbar scheint, und obwohl auch der künstlerische Ausdruck insgesamt schwer verdaulich bleibt, schafft es die Band dieses Mal sehr überzeugend dafür zu sorgen, durch kurze und prägnante Kompositionen sowie durch unscheinbare aber doch wirkungsvolle Hooks echte Widerhaken auszubilden, die der Band Charakter, Profil und vor allem Wiedererkennungswert bescheren. Daher ist "Nekrodepression" für Anhänger schwerer, unbarmherziger und doch fesselnder Düster-Metal-Klänge ein gefundenes Fressen.
Mehr zu diesem Album:
Soundcheck 12/2012
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle