VALBORG - Romantik
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2015
Mehr über Valborg
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Temple Of Torturous
- Release:
- 15.05.2015
- Vampyr
- Blitz aus Sodom
- Comtesse
- Sulphur Vitriol Angel
- Kryptische Arroganz
- The Haunted Womb
Trotz starker stilistischer Drift das wohl stärkste Album der Bandgeschichte.
Die alte Zeitgeister-Hausmarke VALBORG ist gut drei Jahre nach dem starken Vorgänger mit ihrem inzwischen fünften Studioalbum "Romantik" zurück, das dieses Mal über Temple of Torturous erscheinen wird. Wer das Frühwerk kennt und sich deshalb fragt, ob und wie sich die Band im Vergleich zum bisherigen Schaffen gewandelt hat, der wird von den sechs Stücken mit einer Spielzeit von gut 40 Minuten auf eine durchaus spannende Entdeckungsreise mitgenommen, die einige unerwartete Wendungen nimmt und auch stilistische Überraschungen bereit hält. Wo die Band vor drei Jahren bereits mit sehr prägnanten Hooks arbeitete, sich auf "Nekrodepression" aber dennoch programmatisch sehr schroff, kalt, verstörend und zerstörerisch gab, da setzt "Romantik" völlig andere Akzente. Einerseits wird auf wieder etwas ausladendere, epischere Kompositionen gesetzt, und andererseits auch auf ein Mehr an Klarheit und Anmut. Schon nach dem zu sphärischen Synth-Klängen geflüsterten Einstieg fühle ich mich mit den ersten Akkorden des Openers 'Vampyr' auf sehr positive Weise an TIAMAT zu "Wildhoney"-Zeiten erinnert, oder in der Folge auch an die "October Rust"-Phase von TYPE O NEGATIVE.
Heißt das nun, dass die Härte und Schwere der Band abhanden gekommen ist und sich der lieb gewonnene, progressive Doom/Death gen Gothic verflüchtigt? Nein, das heißt es ganz eindeutig nicht. Trotz der fein gesponnenen, anmutigen Schleier, welche die Band ihren Kompositionen überwirft, kommt der zermalmende, zerstörerische Ansatz immer wieder durch. Oft nur kurz, doch dafür umso wirkungsvoller. So finden sich im Opener auch schwere Riffs und finstere Growls der bewährten Tom-G.-Warrior-Schule, mit welchen die Band ihre Wurzeln ehrt und sich geschickt zwischen ihrem überlieferten Doom/Death und einem neuen, flüssigeren, einschmeichelnderen Ansatz positioniert. Dies bestätigt auch das großartige 'Blitz aus Sodom' dessen Keyboardklänge sich elegisch, ja, fast sakral um warm doomende Monumentalriffs garnen und sich an den lebendigen Herzschlag des Basses schmiegen. Dazu kommt der herrlich verhallte, mystisch, kehlig und doch majestätisch dargebotene Refrain, der diesen Song zur echten Perle des Bandschaffens werden lässt, die sich auch stilistisch nur schwer einordnen lässt und die Band sehr eigenständig präsentiert. Der Beipackzettel sieht Vangelis-Einflüsse, die sich nach meinem Dafürhalten nicht von der Hand weisen lassen, doch auch die Aura der reduzierten Epik gewisser Neofolk-Künstler mag einen Anhaltspunkt liefern, welche Stimmung der Song erzeugt.
Ein weiteres Highlight ist das nekrophile Stück 'Comtess', das erneut in der Art des Keyboard-Einsatzes eine gewisse Hommage an TYPE O NEGATIVE zu beinhalten scheint, sich aber vor allem gesanglich natürlich einige Schippen bösartiger und galliger präsentiert, mir aber gerade deshalb so gut gefällt. Demgegenüber spürt man die Vangelis-Assoziation bei 'Sulphur Vitriol Angel' wieder stärker, durch opulente Synth-Orchestrierungen und Chöre, doch auch hier bricht hin und wieder der Groll durch, so dass Anmut und Verklärung Zorn und Depression die Klinke in die Hand zu geben scheinen, eine Zerrissenheit, die in einem herrlichen Gitarrenlead kulminiert. Die schwerere, härtere Seite der Band wird dann zum Ende hin auch nochmals betont, und zwar mit dem etwas an melodischere, doomige TRIPTYKON-Sachen erinnernden 'Kryptische Arroganz' und dem starken Finale mit 'The Haunted Womb', das mir gesanglich sehr giftigen Schwarzdoom mit Ambient-Space-Sounds zu paaren scheint, die mich ein wenig an NEPTUNE TOWERS erinnern, falls sich noch jemand an dieses Fenriz-Projekt aus den Neunziegern erinnern kann.
Nun, was bleibt zu konkludieren? Auch wenn sich VALBORG mit "Romantik" unheimlich weit vom direkten Vorgänger entfernt, und auch wenn der eine oder andere bisherige Fan ob des Vorstehenden zu viele metalfremde Elemente und zu viel, nun, ja, Romantik eben, wittern mag: Das Album öffnet die Horizonte, es enthält sechs großartige Stücke ohne nennenswerte Qualitätsschwankungen, es bietet eine sehr breite Palette an Emotionen, Stimmungen und Stilistika, und doch wirkt es durch sein getragenes, doomiges Rückgrat, durch das Spiel mit Verklärtheit und Hoffnungslosigkeit, sehr homogen und in sich schlüssig, so dass ich mich an dieser Stelle bereits festlegen möchte: "Romantik" ist für mich das bisherige Highlight einer sehr starken Diskographie.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle