VARG - Guten Tag
Mehr über Varg
- Genre:
- Wolf Metal
- ∅-Note:
- 5.00
- Label:
- Noiseart Records / Edel
- Release:
- 05.10.2012
- Willkommen
- Guten Tag
- Frei wie der Wind
- Was nicht darf
- Blut und Feuer
- Angriff
- Horizont
- A Thousand Eyes
- Wieder mal verloren
- Gedanke und Erinnerung
- Leben
- Anti
- Apokalypse
Der Wolf wird zum Schoßhund
VARG sind zurück. Die Wölfe aus Coburg legen ihr nun mehr viertes Full-Length-Album vor, das sehr klangvoll "Guten Tag" betitelt ist, was unweigerlich an die erste Single der deutschen Indie-Band WIR SIND HELDEN erinnert. Allerdings hat das Rudel außer den deutschen Texten nichts mit den Softrockern gemeinsam. Freki und Co servieren auf ihrem neuen Album eine Mixtur aus Folk Metal und Deutschrock. Auch wenn es die Band bestimmt nicht gerne hört, muss man gerade bei den Texten sehr an Bands wie FREIWILD oder die KRAWALLBRÜDER denken. Besonders die Lyrics des Titeltracks lassen Ähnlichkeiten mit dem Big-Brother-Titelsong von Staffel zwei 'Zeig mir dein Gesicht' erkennen. Ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, lassen wir mal dahingestellt.
Aber auch andere Fremdeinflüsse zeigen sich immer wieder. Ein wenig RAMMSTEIN und MEGAHERZ tauchen am Anfang von 'Was nicht darf’ auf bevor man zum üblichen VARG-Knüppel-Groove zurückfindet. Dieser Sound lässt die Wurzeln einer Band durchblicken, die mit "Wolfszeit" mal ein amtliches Pagan-Metal-Kunstwerk abgeliefert hat, aber den eigenen Klang doch sehr massentauglich verwässert hat. Zugunsten gefälliger Melo-Death-Riffs und Groove-Metal-Attacken wurde der Sound dem anderer erfolgreicher Heiden-Metaller angeglichen.
Bester Beweis dafür ist der einzige englischsprachige Titel 'A Thousand Eyes', der nicht nur durch die Dudelsack-Untermalung stark nach ELUVEITIE klingt. Noch extremer ist 'Wieder mal verloren', das quasi ein IN-EXTREMO-Cover sein könnte. Beat, Songstruktur und die platten Mitgröl-Verse sind zu 100% Mittelalter-Rock. Zugegeben das ist catchy wie die Hölle und hat ein gewaltiges Ohrwurm-Potenzial, aber auf der anderen Seite stößt es jahrelange Fans vor den Kopf und hat die Fähigkeit schon nach mehreren Durchgängen gewaltig zu nerven.
Glücklicherweise bleiben diese beiden erwähnten Lieder die einzigen Dudel-Ausflüge. Allerdings hilft dies dem Album gegen Ende auch nicht viel, denn entweder wandelt man auf ausgetretenen Melodic-Viking-Metal-Pfaden oder versucht krampfhaft die Brachialität des NDHs in den eigenen Sound zu integrieren. Die größte Frechheit im Bereich Songtexte ist aber 'Anti', denn dieses Lied ist ein weiteres Statement gegen pissige Fans, die sich von der Band angewendet haben, und Linksradikale, die der Band zwanghaft braunes Gedankengut unterstellen möchten. Aber wer will das noch hören? War denn nicht mit 'Alter Feind' auf dem Zweitling "Blutaar" schon alles dazu gesagt? Vielleicht ist das auch einfach nur ein weiteres Indiz dafür, dass die Band inhaltlich und musikalisch nicht genau weiß, wo es hingehen soll. Der Rauswerfer 'Apokalypse' deutet jedenfalls eine Richtung an, die zwar immer noch beweist, dass die Band für einen brachialen und extremen Stil stehen will, aber inzwischen vergessen zu haben scheint, wie man wirklich räudige Musik spielt.
Je nachdem ob einem der ursprüngliche oder aktuelle Stil der Band besser gefällt, fällt das Gesamturteil unterschiedlich aus. Produktionstechnisch und spielerisch gibt es nichts zu meckern und auch das Songwriting ist eingängig genug, um erst einmal im Ohr zu bleiben. Aber reicht das? In Anbetracht der Geschichte der Gruppe ist eine Tendenz in Richtung Massentauglichkeit nicht zu leugnen. Mit "Guten Tag" erreicht man eher die Fans von IN EXTREMO, MEGAHERZ und FREIWILD als die Leute, die VARG ganz zu Anfang der Diskographie mochten. Es ist sicherlich nicht einfach Ohrwürmer zu schreiben, aber der Nachteil dabei ist schlichtweg, dass sich dadurch der Wolf selbst die Zähne zieht und von seiner Gefährlichkeit einbüßt. Man darf VARG zwar das Recht auf Weiterentwicklung nicht verbieten, aber nicht ein Song von "Guten Tag" hat einen ähnlichen Punch oder Energie-Level die "Wolfzeit"-Hits 'Heldentod', 'Donareiche' oder der damalige Titeltrack. Es ist schade, dass VARG nicht mehr die Band ist, die einst in der Pagan-Metal-Szene für frischen Wind gesorgt hat, sondern sich klangtechnisch lieber den leicht verdaulichen Szene-Genossen angebiedert hat. Denn eine weitere zahme Heiden-Horde braucht die Welt definitiv nicht.
- Note:
- 5.00
- Redakteur:
- Adrian Wagner