VARIOUS ARTISTS - KOLLAPSE & GRAVA
Mehr über Various Artists
- Genre:
- Noise / Postcore / Sludge
- Label:
- Vinyltroll Records
- Release:
- 06.06.2025
- Side A - Invokation
- Side A - Haematomets Filosofi - KOLLAPSE
- Side A - Haematomets Filosofi - GRAVA
- Side A - Knael
- Side B - Omen
- Side B - Red Furnace - GRAVA
- Side B - Red Furnace - KOLLAPSE
- Side B - Knell
Misanthropische Fusion, oder: Die etwas andere Split-EP.
Die beiden dänischen Extrem-Metal-Formationen KOLLAPSE und GRAVA verbindet laut eigenem Bekunden eine lange Freundschaft. Mit ihrem Projekt, eine gemeinsame Split-EP zu produzieren, begann ein Prozess, an dessen Ende beide Bands ihre unterschiedlichen Klangwelten fusionierten und sogar beschlossen, nach der EP-Veröffentlichungen mehre Auftritte zu absolvieren, bei denen sie gemeinsam in voller Besetzung auf der Bühne stehen sollen. Auf "Kollapse & Grava" stellt nun jede Band einen neuen Song vor und interpretiert das jeweils andere Stück der Kollegen. Ein durchaus reizvoller Ansatz. KOLLAPSE steht dabei vor allem für Hardcore-orientierten Noise Rock, während GRAVA in der Tradition klassischer Sludge-Formationen Marke NEUROSIS und CULT OF LUNA unterwegs ist.
Während die vier kurzen atmosphärischen Stücke, die Intro und Outro der jeweiligen Plattenseite darstellen, keiner näheren Erwähnung wert sind, ist der Vergleich der zwei mal zwei Songvarianten selbstverständlich lohnenswert. Da steht einmal mit 'Hæmatomets Filosofi' in der KOLLAPSE-Interpretation ein erbarmungsloses, blutrohes Stück mit dissonanten Gitarrensägen und jazzig-freien Rhythmusvariationen. Das Grauen des brutalen Einstiegs weicht zwischendurch einer subtileren Instrumentalpassage, ehe das misanthropische Geschrei zurückkehrt und die Songstrukturen auszufransen beginnen. Ein Albtraum, eine Horrorvision, die durch die Hammerschläge des Schlussteils zumindest noch einen ansatzweise metallisch-geordneten Abschluss findet. Das verstörende Artwork findet in dieser Schreckensnummer jedenfalls eine passende klangliche Umsetzung. Die GRAVA-Variante von 'Hæmatomets Filosofi' irritiert deutlich weniger, strahlt Doom-Nachdenklichkeit aus und vermag mit ihren eher konventionellen Sludge-Riffs durchaus mitzureißen, fällt aber mit knapp vier Minuten zu kompakt aus, um einen größeren Spannungsbogen aufzubauen. Das dissonante Moment von KOLLAPSE ist aber auch dem befreundeten Trio eigen.
Auf der B-Seite befindet sich 'Red Furnace', zunächst in der GRAVA-Interpretation: Hier tritt tieftrauriger Wüsten-Sludge auf den Plan, der zum Zeitlupen-Headbangen animiert und mich stark an die belgische Formation ELEANORA erinnert. Dominant selbstverständlich die trocken metzelnde Stahlsaiterfraktion. Bei abermals dreieinhalb Minuten Spieldauer ist erneut etwas wenig Gelegenheit, um die Hörerschaft so richtig für sich einnehmen zu können. Die KOLLAPSE-Bearbeitung von 'Red Furnace' nimmt sich wie schon für 'Haematomets Filosofi' gut sieben Minuten Zeit. Zunächst wird mit polyrhythmischen Schlägen auf das Publikum eingedroschen, ehe mit sphärischen Sounds eine postapokalyptische Welt aufgespannt wird. Abgesehen von lyrischen Versatzstücken verbindet die Geschwister-Songs übrigens nichts, jedenfalls kein erkennbares musikalisches Motiv. Aber dies nur als Anmerkung nebenbei. Die Postapokalypse wird zwischendurch auch mit hypnotischem Klargesang begleitet, und in diesem ausufernden Mittelteil findet die "Kollapse & Grava"-Kollaboration zu ihrem unerwarteten, weil berührend-atmosphärischen Höhepunkt. Eine Sludge-Noise-Hochzeit darf aber natürlich nicht gänzlich friedlich verklingen, folglich werden im letzten Drittel die Daumenschrauben nochmal angezogen, und KOLLAPSE beendet das Unterfangen mit boshaft vorgezogenen Riff-Keulen.
Eine Bewertung dieser einzigartigen Kollaboration fällt schwer, wobei zumindest konstatiert werden kann, dass KOLLAPSE den spannderen, anspruchsvolleren Ansatz fährt. Bei GRAVA könnte man durch längere Laufzeiten der Songs deutlich mehr Tiefenwirkung entfalten. In der Summe ist "Kollapse & Grava" jedenfalls ein verstörendes, aber auch faszinierend-brutales Stück extremer Musik, das im Underground verdiente Aufmerksamkeit erfahren sollte. Die Herangehensweise der wechselseitigen Interpretation der jeweiligen Songs darf gerne Schule machen und erhöht die Faszination einer Split-EP deutlich; spannend dürften zudem die gemeinsamen Auftritte von KOLLAPSE und GRAVA werden. Extrem-Metal-Freunden sei die Zusammenarbeit der sechs Dänen jedenfalls nahegelegt. Ich für meinen Teil muss vor weiterem Hörgenuss jedoch das Auftauchen dieses abstoßenden Cover-Artworks unterbinden...
- Redakteur:
- Timon Krause