VERHEERER - Urgewalt
Mehr über Verheerer
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Vendetta Records
- Release:
- 05.04.2025
- Intro
- Urgewalt
- Hail Mary
- Grabenwurm
- Totenvolk
- Lungs
- Stahlgrab
- Arsonist
- Kriegstreiber
Du stehst auf Zerstörung und Verwüstung?
Die deutschen Black Metaler VERHEERER faszinieren mich seit der ersten Veröffentlichung vor mittlerweile zehn Jahren. "Urgewalt" ist jetzt, nach sechs Jahren Pause, das dritte Studioalbum. Lang, lang ist's her, aber ich freue mich sehr, dass die Buben aus dem fernen Flensburg zurück sind. Und das neue Album, so viel sei schon mal verraten, ist gewaltig, ja geradezu urgewaltig.
Die Band beschäftigt sich thematisch mit dem ersten Weltkrieg. Da kommen doch Gedanken an KANONENFIEBER auf, oder? Aber anders als die Bamberger setzen die Nordlichter dabei weniger auf kommerzielle Mainstream-Melodien, sondern auf Zerstörung und Verwüstung. "Urgewalt" ist ein brutales Album geworden, und das, obwohl die Produktion erstaunlich transparent, klar und modern ausfällt. Denn die Wucht der Soundwälle überrollt einen wie ein Panzer. Ich denke mehrmals an die Atmosphäre des letzten BOLT THROWER-Albums, auch wenn das Klangbild ein gänzlich anderes ist. Die dissonanten Leadgitarren entreißen aus jeglicher Fröhlichkeit und sorgen dafür, dass Weltkriegsbeschäftigung hier in keinster Weise zum popmusikalischen Partyfest mutieren kann. Eher denke ich an die Tristesse, die mich überfällt, wenn ich ASPHYX oder HAIL OF BULLETS höre. Der Gesang ist für Black-Metal-Verhältnisse eher untypisch. Keifende Screams von nordischen Fjorden sucht man hier vergebens. Eher handelt es sich um einen leidenden Sprechgesang, der mit viel Wucht ins Mikrofon gerufen wird. Das teils fast schon monoton wirkende Schlagzeugspiel tut sein übrigens, um atmosphärisch die Brücke zum Death Doom zu, äh, schlagen. Doch auch saftige Knüppelabfahrten finden sich in den Songs versteckt - teils nur Sekunden nach stampfenden Passagen. Das sorgt nicht für Chaos, sondern wirkt trotzdem wohl konstruiert und komponiert. Hier sind Könner am Werk, die nach jahrelanger Abwesenheit weiter gereift wirken.
Jetzt hat der Walzer als Referenzbands bisher quasi nur Death Metal genannt. Aber ist das stimmig? Nicht so wirklich. Denn wenn man "Urgewalt" hört, dann wird man viel an die Polen von MGLA denken müssen - aber auf halber Geschwindigkeit. Auch CULTES DES GHOULES - ohne den okkulten Firlefanz - schielen mal um die Ecke, ebenso wie die Österreicher ABIGOR, die allein aufgrund des Abwechslungsreichtums als Referenz dienen sollten.
"Urgewalt" ist ein Monolith geworden - und das ist keine Anspielung auf den starken Vorgänger. Dieses Album ist roh und gleichzeitig soundtechnisch stark geschliffen, ohne je kommerziell zu wirken. Es ist hart und wild, aber nur selten schnell, sondern zerstört meist durch seine walzenden Strukturen, brutal wie ein Bolzenwerfer. Ich kann mir die Verwüstung einer Konzerthalle vorstellen - aber leider ebenso die Verwüstung französischer und belgischer Schlachtfelder, durch deutsche und allierte Truppen. Wer hittauglichen Black Metal sucht, der sollte sich woanders umsehen. Wer hingegen die Destruktivität des realen Kriegs sucht, der wird hier leider fündig werden. Denn "Urgewalt" vertont Leid. Ich bin gefesselt und entmutigt. Ein spannendes Album.
Anspieltipps: Grabenwurm, Lungs.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Jonathan Walzer