VESTIGE - Janis
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/24
Mehr über Vestige
- Genre:
- Post-Metal / Progressive-Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Season Of Mist
- Release:
- 06.09.2024
- Différent
- Deviens la Nuit
- Démence de l'Âme
- Océan
- Automne Part 1
- Automne Part 2
- Appel de l'Âme
- Corrosion
- Stigmates du Temps
- Envol de l'Âme
- Avant la Fin
Absolut überzeugendes Post-Metal-Debüt.
Beginnen wir doch einfach mit einem aktuellen Hype-Thema: Frankreich und der Metal. Viel braucht dazu derzeit nicht gesagt zu werden, nachdem GOJIRA mit einer atemberaubenden Performace die Olympischen Spiele 2024 in Paris eröffnet hat und im Munde der ganzen Welt als Beispiel für die große Qualität des französischen Metals genannt wird. Für die Metal-Szene ist dies natürlich keine Überraschung gewesen, da GOJIRA schon lange zu den Größen des modernen Metal gehört. So ist es also mal Zeit etwas tiefer in die französische Szene zu schauen und dort lässt sich mit VESTIGE ein spannender Newcomer finden.
Die vierköpfige Band besteht aus Bandleader Théodore Rondeau (Gesang und Gitarre), Pierre-André Krauzer (Bass), Quentin Regnault (Schlagzeug) und Thomas Petit (Gitarre), die sich vor einiger Zeit und vor allem in einer schwierigen Phase von Théodore Rondeau trafen. Ziel der Band sollte daher vor allem die eigene Therapie sein. Das erste Ergebnis dieser Pflege der eigenen Psyche legt VESTIGE mit "Janis" vor.
Von Beginn an wird deutlich, dass die Gruppe viel Wert auf Raum und Entfaltung legt. Nach dem Intro zeigt dies direkt 'Deviens La Nuit' und auch auf gesamter Albumlänge wird sich dies nicht mehr ändern. Die Tracks haben alle Luft zum Atmen, die Gitarren klingen sehr breit und bilden wahre Klangwände. Der genannte Song kann exemplarisch für die gesamte Platte stehen, auf 5:29 Minuten komprimiert er alles, was die Scheibe ausmacht. Ruhige und atmosphärische Gitarrenmelodien treffen auf härtere Post-Metal-Passagen, die teilweise Anlehnung im Groove Metal finden. Growls werden atmosphärisch eingesetzt, doch spätestens im Refrain dominiert der Klargesang.
Es ist schöner eingängiger Post-Metal mit einem progressiven Touch, ohne jedoch zu abgedreht zu wirken. Schon beim ersten Hören kann man sich problemlos in die Musik von VESTIGE hineinversetzen. Trotzdem präsentiert das Quartett einen deutlich heftigeren und düsteren Sound als es beispielsweise die französischen Genre-Kollegen von THERAPHOSA auf ihrer diesjährigen Platte "Inferno" getan haben. Dabei bleiben die Franzosen ihrem Sound mal mehr und mal weniger auf den gesamten 57 Minuten treu. Während 'Démence De l'Âme' verträumt daherkommt und der Shoegaze leicht grüßt, sind Lieder wie 'Océan' oder 'Corrosion' echte Metal-Stampfer und düster-groovige Brecher.
'Automne Part 2', in dem Neige von Alcest ein Feature gibt, versucht erfolgreich, alle Gegensätze zu vereinen. Ein absolut spannender Song, der einen in seinen Bann zieht. Wer möchte kann schließlich in 'Automne Part 1' oder 'Envol De l'Âme' sogar etwas Post-Hardcore der belgischen Kolleginnen und Kollegen von BRUTUS erkennen, deren Formel der Vermischung von instrumentaler melancholischer Melodieführung bis zum plötzlichen emotionalen gesanglichen Ausbruch hier Anleihen findet.
Schwachpunkte gibt es auf dem Longplayer kaum, bei mehrmaligem Hören lässt sich vielleicht hinten raus ein kleiner Abfall der Spannungskurve feststellen. Es kommt ein leichtes Gefühl der Redundanz der Ideen auf. Aber das ist zu verschmerzen. VESTIGE bedeutet ins Deutsche übersetzt eigentlich Überbleibsel oder Rest. Davon kann auf "JANIS" jedoch keine Rede sein. Die Band legt ein faszinierendes Debüt vor und das macht sie direkt zu einem der spannendsten Newcomer im Bereich des modernen Post-Metals.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Dominik Feldmann