VINTAGE CARAVAN, THE - Voyage
Mehr über Vintage Caravan, The
- Genre:
- Hard Rock / Psychedelic Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 10.01.2014
- Craving
- Let Me Be
- Do You Remember
- Expand Your Mind
- M.A.R.S.W.A.T.T.
- Cocaine Sally
- Winterland
- Midnight Meditation
- The Kings Voyage
Iceland rocks the Seventies - mit Protagonisten, die damals noch nicht einmal geboren waren.
Die Musiker hinter THE VINTAGE CARAVAN haben noch keine 20 Lenze auf dem Buckel und schrauben trotzdem bereits seit sieben Jahren unter diesem Banner psychedelisch angehauchten Hard Rock klassischer Prägung zusammen. Wir reden demnach als musikalische Referenz von den Siebzigern, also zwei Jahrzehnte, bevor die Protagonisten auf dem Erdenrund erschienen.
Das hätte durchaus in die Hose gehen können, vor allem, wenn die Vorbilder (LED ZEPPELIN, CREAM und wie sie alle heißen) zu offensichtlich wären, doch in dieser Hinsicht kann Entwarnung gegeben werden. Die kraftvoll-krachigen Nummern, die dank druckvoller Produktion auch im Gewand des psychedelischen Retro-Rocks schön räudig und groovig daherkommen, überzeugen durchweg. Selbst wenn man die Tatsache beiseite lässt, dass es sich hier um unbedarfte Jungspunde handelt, gelangt man schnell zu der Erkenntnis, dass sich Songs wie 'Craving', 'Expand Your Mind' und 'M.A.R.S.W.A.T.T.' hervorragend eignen, um eine Konzerthalle oder einen Musikkeller zum Brodeln zu bringen. Und kurz vor dem Finale packen die Isländer auf ihrem Rundling Numero zwo noch einen richtig mitreißenden Groove-Kracher aus. 'Midnight Meditation' ist bereits jetzt ein echter Anwärter auf die Endauswahl für den Titel des "Songs des Jahres" (ja, wir reden von 2014). Auch hier gelingt es, mit recht einfachen Mitteln - im Grunde besteht die Nummer nur aus der Wiederholung von einem simplen Hammerriff und einem kurzen Refrain - etwas Großartiges zu zaubern.
Überhaupt ist das Album ziemlich durchstrukturiert; am Ende kommt dann zwar noch eine zwölfminütige, ausladend-verschwurbelte Psychedelic-Nummer, ansonsten findet man aber überwiegend kompakte Rocker auf "Voyage". Da darf man keine überraschende Wendung im Albumkontext oder ein besonderes stilistisches Experiment erwarten. Lediglich die beiden Baladen 'Do You Remember' und 'Winterland' (der erste Teil, danach kriegt man noch die Kurve) fallen da etwas raus und diese beiden triefen doch unüberhörbar. Zweiteres fällt zwar nicht ganz so schlimm aus, generell wurde der Schnulzenknopf aber zu stark gedrückt.
Im Großen und Ganzen kann die Truppe in punkto Songwriting aber fast durchgängig überzeugen. Doch obwohl dieses Zweitwerk also kaum Wünsche offen lässt, ist bei THE VINTAGE CARAVAN sicherlich noch Potenzial vorhanden, im Hinblick auf die eine oder andere unkonventionelle Idee oder stilistische Spielerei, die solch ein Album zusätzlich aufwerten könnte. Aber die Gradlinigkeit und Frische des Rundlings überdecken auch die eine oder andere weniger gelungene Geschichte, zum Beispiel das alberne "yeah yeah yeahyeahyeah" zum Ende des Openers 'Craving', bei dem das nervige Live-Mitsingspielchen quasi bereits vorprogrammiert ist. Es zeigt sich immer wieder, dass überzeugendes Songwriting sich insbesondere in diesem Genre vor allem in packenden "Primärriffs" manifestiert, was hier glücklicherweise absolut der Fall ist. Die Songs sind vor allem deshalb mit einer großen Portion Eingängigkeit ausgestattet - "Voyage" benötigt keine lange Eingewöhnungszeit. Das recht simple, aber umso wirkungsvollere Riffing in Verbindung mit den griffigen Melodien und dem famosen Gesang sorgt für Prägnanz im Klangbild und einen gewissen Coolness-Faktor. Vielleicht ist das gerade ein Vorteil von jugendlicher Unbekümmertheit - auf jeden Fall ist dies das Pfund, mit dem "Voyage" wuchern kann: Es wird einfach geradeaus losgerockt, ohne dass die Gefahr bestünde, die Stücke würden vor ausgeklügelter Songstrukturen ihrer Identität beraubt. Herausgekommen ist dabei eine homogene Platte, die sich sofort eingräbt ins Hirn und dank der packenden Songs auch bei Dauerrotation kaum etwas vom Reiz des Ersthörens einbüßt.
Auch wenn nicht jede Rezension einer Scheibe dieses Genres zwingend mit den scheinbar obligatorischen Drogenmetaphern daherkommen muss - schaut man sich das Cover an, fällt einem wirklich kaum etwas anderes dazu ein. Das ist psychedelisch im Quadrat und definitiv ein echter Blickfang. Fantastische Bildkunst oder abgrundtief hässlich - das kann man dabei kaum mit Gewissheit sagen. Das "Eisbären-Motiv" ist allerdings nicht das Originalcover, denn nachdem die Band von Nuclear Blast unter Vertrag genommen wurde, bringt man dieses Album (ursprünglich Ende 2012 aufgenommen und nur in Island verbreitet) nun berechtigterweise und runderneuert noch einmal unters Volk. Zur Promo-Offensive gehören auch zwei sehenswerte Videoclips zu den Songs 'Expand Your Mind' und 'Midnight Meditation', und wie es sich gehört, ist solch eine als aufstrebender Newcomer positionierte Band auch bereits für Wacken bestätigt.
Fazit: Solange man kein Album mit bahnbrechend neuen Ansätzen erwartet, kann man mit "Voyage" sicherlich viel Spaß haben. Das Highlight 'Midnight Meditation' wurde zu weit hinten versteckt und die beiden Balladen fallen ein wenig ab, doch ansonsten hat THE VINTAGE CARAVAN hier schon vieles richtig gemacht. Etliche Nummern fräsen sich sofort ins Hirn, und auch wenn Retro-Rock derzeit die Plattenregale und Downloadportale geradezu überflutet, gehört diese Scheibe zu den Ergüssen, die aus der Masse herausstechen und denen man gern häufiger sein Ohr leiht.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer