VIRGIN STEELE - The Passion Of Dionysus
Mehr über Virgin Steele
- Genre:
- Symphonic Metal
- Label:
- Steamhammer / SPV
- Release:
- 30.06.2023
- The Gethsemane Effect
- You'll Never See The Sun Again
- A Song Of Possession
- The Ritual Of Descent
- Spiritual Warfare
- Black Earth & Blood
- The Passion Of Dionysus
- To Bind & Kill A God
- Unio Mystica (The Girl With The Grave Deep Eyes)
- I Will Fear No Man For I Am A God
Ein Album, für das man sich Zeit nehmen muss.
Ich muss zugeben, dass ich kein VIRGIN-STEELE-Hörer der ersten Stunde bin. Ich habe die Band erst in den 90ern kennengelernt und war überrascht, dass ein und dieselbe Gruppe großartige Power-Metal-Werke wie "The Marriage Of Heaven And Hell" und langatmige, überambitionierte Konzeptalben wie "The House Of Atreus" hervorbrachte, die in Vor- und Zwischenspielen, Überleitungen und gesprochenen Texten zerfaserten, so dass jedes Album der Reihe über 20 Tracks enthielt. Und nun steht VIRGIN STEELE mit "The Passion Of Dionysus" vor der Tür, wieder einem Konzeptalbum über eine Figur aus der altgriechischen Sagenwelt.
Zunächst stellte ich erleichtert fest, dass die neue Scheibe nicht auch aus einer Unmenge kleinteiliger Stücke besteht, sondern sich aus zehn Tracks zusammensetzt, von denen nur einer recht kurz ist, während die übrigen eine durchschnittliche Spieldauer haben oder häufiger sogar Long Tracks sind. Aber bald wurde klar, dass die Länge der einzelnen Nummern bei diesem Album überhaupt keine Rolle spielt. "The Passion Of Dionysus" ist kein gewöhnliches Metalalbum mit einer Anzahl Lieder, sondern eine durchgehende Rockoper, die im Zusammenhang zu hören ist. Die Brüche zwischen zwei Nummern sind mitunter geringer als innerhalb einzelner Tracks, denn die Gliederung der Musik scheint nach dramaturgischen und textlichen statt musikalischen Gesichtspunkten erfolgt zu sein.
Auffällig ist der für Metal kleine Anteil der Gitarren; Keyboards, Klavier und Streicherklänge dominieren. Nach einigen Durchläufen stellt man fest, dass auch die Tasteninstrumente mitunter die Rollen klassischer Orchesterinstrumente übernehmen sollen. Man höre sich nur das Klavier in der instrumentalen Schlussphase von 'You'll Never See The Sun Again' an, einem der Höhepunkte der Scheibe. Melodien, Arrangements und Temperament der Musik ändern sich häufig. Es finden sich etliche Verzögerungen und Nebenwege, die für einen Metalsong tödlich wären, aber in einer Oper durchaus ihren Platz haben.
Als Sänger wechselt David DeFeis deutlich und häufig zwischen hoher und tiefer Stimmlage, sehr sanftem und sehr rauhem Gesang, und so manches Mal geht das Singen in sein bekanntes Knurren über, wie man es auch von MANOWARs Eric Adams kennt. Das ist einerseits verständlich, da er verschiedene Rollen singt, aber es verwundert, dass er wiederholt innerhalb einer Textzeile vom hohen Klargesang ins Knurren umschlägt. Nicht selten gewinnt man den Eindruck, dass er überdramatisiert. Ein klares Manko ist der Sound. Natürlich sind die Streicher künstlich generiert, aber offenkundig - zumindest teilweise - auch Bass und Schlagzeug, ebenso wurden auch einige Chöre synthetisch bearbeitet. Das Ergebnis ist phasenweise so übel ausgefallen, wie es einer Band mit 40jähriger Erfahrung nicht passieren darf.
Je nach Hörgewohnheiten und Erwartungshaltung dürfte "The Passion Of Dionysos" sehr unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Mein Eindruck ist bei den gehörten ausgeprägten Stärken und Schwächen zwiespältig, weswegen ich auf eine Punktewertung verzichte. Aber eines sollte klar sein: Man kann die Scheibe nicht wie ein normales Metalalbum beurteilen.
- Redakteur:
- Stefan Kayser